Als ich zuletzt eine Nacht im Museum verbrachte, hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal in den Genuss komme, das Museum auch am Tage in vollkommener Stille zu erleben. Aber ist es wirklich so still? Und wie bekommt man ein Museum eigentlich ins Internet? Ich nehme euch mit hinter die Kulissen unserer Digital-Angebote und in das leere Museum.
Bereits seit November sind alle Kolleg*innen, bei denen es möglich ist, wieder komplett im Homeoffice. Wo wir zwischenzeitlich abwechselnd oder tageweise in den Büros waren, herrscht jetzt wieder gähnende Leere. Mittlerweile habe ich mich zuhause gut eingependelt: morgens nach dem Aufstehen eine Runde Yoga, ein paar Seiten lesen und erst dann an den Rechner, um nicht direkt aus dem Bett an den Schreibtisch zu fallen. Hin und wieder treibt es mich allerdings doch ins Museum. Als Social Media Managerin brauche ich immer wieder neues und aktuelles Bildmaterial. Aber nicht nur das: Seitdem wir ein zweites Mal unsere Türen schließen mussten, denken wir in neuen digitalen Formaten. Und so kümmere ich mich auch um Video-Content, der wöchentlich auf unserem YouTube- und Facebook-Kanal online geht. In Miniführungen und Experimenten für zuhause bringen wir euch das Deutsche Schifffahrtsmuseum in die heimischen vier Wände. Auch hierfür wechsle ich hin und wieder meine mittlerweile große Auswahl an Jogginghosen gegen eine Jeans oder ein Kleid und fahre in die Havenwelten – an einigen Tagen das Highlight der Woche.
Der Museumshafen nur für mich
Es ist Mittag, als ich mit meinem Rad durch den Museumshafen fahre. Wo normalerweise Kinder spielen und Touristen ein buntes Treiben hinterlassen, herrscht Stille. Der Platz um die STIER ist leer. Es gibt Tage, da genieße ich das. Gerade zum Fotos machen ist das super, niemand läuft mir durchs Bild, aber auf Dauer ist die Stille anstrengend. Ich mache einige Fotos im Außenbereich, bevor ich – mit Maske bekleidet – die Kogge-Halle betrete. Auch hier: Stille. Alles wirkt fast ein wenig so, als würde es in einem Dornröschenschlaf liegen. Selbst auf dem Büroflur ist das Klacken des Bewegungsmelders das einzige Geräusch, das in meine Ohren dringt. Ich packe mein Filmequipment zusammen und wechsle in den Erweiterungsbau.

Auch am südlichen Ende der Havenwelten herrscht Stille. Doch wenn ich ganz genau hinhöre, ist es eine andere Stille. Der große Raum hallt. Das Rauschen der Belüftung füllt die Halle. Entfernt höre ich Hämmern, ein Bohren. Zwar sind viele Mitarbeitenden im Homeoffice, doch der Betrieb vor Ort geht in kleinem Rahmen trotzdem weiter. Neben der Forschung und der Verwaltung ist auch die Werkstatt damit beschäftigt, neue Ausstellungen und die Wiedereröffnung vorzubereiten.
Museum digital
Ich fotografiere die Wanderausstellung KARTEN WISSEN MEER aus verschiedensten Perspektiven. Diese Ausstellung haben wir im November digital eröffnet, statt wie geplant feierlich vor Ort zu begrüßen. Besucher*innen waren bisher nicht an den verschiedenen Stationen. Ich erinnere mich daran, wie viel Arbeit alle Beteiligten hatten und wie sehr wir auf die Eröffnung hingearbeitet haben. Schade! Aber ist es nicht gerade überall so, dass das Beste rausgeholt wird? Und so haben wir bereits eine Online-Führung veranstaltet und drei Kollegen haben digital Schätze aus unserer Sammlung, zwei Exponate, vorgestellt.
Mittlerweile bin ich routiniert in dem, was ich tue. Immer dabei: Smartphone, Kamera, Mikrofon und Maske. Ich mache noch einen letzten Streifzug durch die leeren Räume und bleibe einen Moment länger vor dem Gezeitenrechner stehen. Es ist, als würde er nur darauf warten, vorgeführt zu werden – nicht digital, sondern real vor Publikum.
Lächeln mit den Augen
Wieder in der Kogge-Halle angekommen, wird die Stille durch eine vertraute Stimme, leicht gedämpft, durchbrochen. Meine Kollegin steht vor mir. In ihren Augen sehe ich ein Lächeln. Wir sind verabredet, um ein neues Mitmachangebot zu filmen. In kleinen Experimenten erklären wir digital die Welt. Warum kann ein Schiff schwimmen? Was passiert, wenn ein Unterwasservulkan ausbricht? Wie nimmt man eigentlich eine Bodenprobe?

Statt einer herzlichen Umarmung bleibt es aktuell bei einem norddeutsch freundlichen Nicken. Wir bauen das Setting für unser heutiges Experiment in den Räumen der Museumspädagogik auf: ein großes Becken mit Wasser, Knete und Murmeln sind heute unsere Protagonisten. Stativ aufgestellt, Kamera eingestellt, Kollegin verkabelt. Wir sind fast bereit zur Aufnahmen. Was uns jedoch jedes Mal umtreibt: Aufnahme mit oder ohne Maske? Damit die Zuschauenden, also ihr, das Lächeln unserer Kolleg*innen sehen könnt und auch das akustische Verständnis besser ist, haben wir uns dazu entschieden, in durchlüfteten Räumen mit viel Abstand zu filmen. Dabei trage ich als Videografin eine Maske meine Gegenüber setzt die Maske zum Sprechen jedoch ab. Und dann kann es schon losgehen: Ton läuft, Kamera läuft und ich wusele im Hintergrund mit einer zweiten Kamera für Schnittbilder umher – natürlich immer mit genügend Entfernung.
Der Weg zum fertigen digitalen Produkt
An guten Tagen schaffen wir es so, innerhalb von einer Stunde zwei oder drei Experimente zu filmen. Auch unsere digitalen Führungen sind in der Zeit im Kasten. Was dann kommt, treibt mich wieder in die stillen Räume. Schnitt, Ton- und Farbkorrektur und Titeldesign nehmen noch einmal mindestens genauso viel Zeit ein, bevor die Rohversion eines Videos dann in die erste Korrekturschleife geht. In dieser Zeit kommt mir die Ruhe im Museum und auch im Homeoffice zu Gute. Ich störe niemandem mit dem Ton des Videos und werde selbst in konzentrierten Phasen nicht aus der Fassung gebracht. Im besten Falle kann ein Video dann im nächsten Schritt hochgeladen werden. Manchmal kommt es jedoch auch vor, dass das digitale Angebot nochmal überarbeitet werden muss. Ein Schnittbild anders, einen Versprecher rausschneiden oder eine Pause kürzen: in den meisten Fällen sind die Änderungen schnell gemacht. Damit steht das Video für euch in den Startlöchern.

Jeden dritten Sonntag im Monat veröffentlichen wir so seit Januar ein Video unserer Reihe „Schätze aus unserer Sammlung“. In den üblichen Wochen gibt es samstags entweder eine digitale Führung oder ein kleines Experiment zum zuhause Nachmachen. Was wir ansonsten noch geplant haben? Demnächst gibt es weitere digitale Mitmachangebote in Form von Videos: kleine Bastelanleitungen zum Beispiel.
Digital im Internet und jetzt auch wieder vor Ort
Unsere audiovisuellen Angebote sind jedoch nur ein kleiner Teil unseres insgesamt wachsenden Digital-Angebots: Podcasts, Hörgeschichten, digitaler Kartentisch oder ein Blick in die digitale Version der mittlerweile geschlossenen Ausstellung „KOGGE trifft PLAYMOBIL“. So bringen wir euch das Museum digital nach Hause – sicher und bequem.
Seit diesem Montag dürfen Museen in Bremerhaven wieder öffnen. Ganz vorsichtig, mit Hygienemaßnahmen und Vorabbuchung – online oder per Telefon. Wir laden nun in einem ersten Öffnungsschritt wieder Museumsgäste in der Kogge-Halle und auf dem Hafenschlepper STIER ein. Der Bremerhavener Magistrat hatte die Entscheidung kaum verkündet, da gingen schon die ersten Reservierungsnfragen ein. Bis in den Havenwelten wieder richtig viel los ist, wird zwar noch einige Zeit vergehen – die merkwürdige Stille wird nun aber wohl erstmal ein wenig verebben. Mir wird sie jedoch sicher noch lange in Erinnerung bleiben.
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