Für mich ist es heute selbstverständlich, dass ich fast täglich Frischfisch in den Auslagen der Händler sehe. Neben einheimischen Fisch sind auch exotische Waren vom Thunfisch bis zum Viktoriabarsch dabei. Doch was war zu der Zeit, als es noch keine modernen, großen Fangschiffe gab und keine durchgängigen Kühlketten? Ich bin sicher, dass ich die Antworten darauf hier bei uns in der Seestadt Bremerhaven finden werde. Denn wenn nicht hier, wo dann?
Vom Handwerker zum Fischhändler
Bei meiner Suche stoße ich schnell auf Friedrich Busse – Johann Friedrich Christian Busse genauer gesagt. 1835 in Sibbesse in Niedersachsen geboren und am 31. Dezember 1898 in Geestemünde verstorben.
Im Alter von 14 Jahren begann er mit der Lehre zum Schiffszimmermann und arbeitete als Geselle auf der Tecklenborg-Werft. Die Welt lernte er anschließend auf den Planken stolzer Schiffe kennen als er zur See fuhr. Sesshaft wurde er 1866, als er sich in Geestemünde als Fischhändler ansiedelte. Busse widmete sich nun auch dem Versandhandel und brachte damit auch die Binnenländer auf den Geschmack. Das fand so großen Anklang, dass er bald mehr Fisch verkaufen konnte als er von den Segelschiffen geliefert bekam.

Der erste deutsche Fischdampfer
Er erkannte das Potential und wurde auch noch Reeder. Auf der Wencke-Werft ließ er sich den ersten deutschen Fischdampfer, die „Sagitta“, bauen. Damit legte er den Grundstein für die industrielle Hochseefischerei in Deutschland. Die „Sagitta“ lief am 7. Februar 1885 zu ihrer Jungfernfahrt aus.
Siehe auch hier. Das damals revolutionäre Schiff mit der Länge von 33,14 Metern würde mir heute sicher wie ein Winzling neben den modernen Fischfangschiffen vorkommen.
Der Erfolg gab ihm Recht und so ließ er 1888 seinen zweiten Fischdampfer, die „Präsident Herwig“ bauen. Das Schiff erhielt seinen Namen nach dem Förderer der Hochseefischerei, Walther Herwig.
Der Fischhandel blüht
Fisch war in aller Munde und nun konnte auch ausreichend nach Bremerhaven befördert werden. Der Handel florierte und 1891 begannen die Bauarbeiten für einen neuen Hafen, den 1896 eingeweihten Fischereihafen. Neben einer 442 Meter langen Auktions- und Packhalle wurden auch ein Heuerbüro, ein Seemannsheim, ein Restaurant und ein Fischversandbahnhof errichtet.
Noch heute erinnern die Bauten daran
Die roten Backsteinbauten im Fischereihafen strahlen für mich heute immer noch die Geschichte der Blütezeit der Hochseefischerei aus. Ich kann mir das lebhafte und laute Treiben dort gut vorstellen.

Der Fisch kommt unter den Hammer
Busse veranstaltete am 13. Juni 1888 die erste öffentliche Fischauktion. Das Geschäft lief gut. In dem von ihm betriebenen Netzmacherei, Fischräucherei und Tranfabrik fanden viele Menschen Arbeit. 1911 errichtete Busse außerdem noch ein Eiswerk. Von hier aus wurden die Fischdampfer und Unternehmen mit Eis beliefert. Das Eis wurde aber auch für die Fischauktionen benötigt, die in der Halle stattfand. Das machte erforderlich, dass das Eis mit verbrennungsfreien Fahrzeugen angeliefert wurde. Aus diesem Grund wurden Elektrofahrzeuge angeschafft.
Wer nun solch ein Elektrofahrzeug gern sehen möchte, kann ein Original hinter einer Glasfassade an der Wand hängend sehen. Geht dazu über die Kennedybrücke Richtung Süden. Nachdem ihr die Brücke überquert habt, seht ihr das Fahrzeug gleich rechts im Eckgebäude.
Diese Villa ist den Bremerhavenern ein vertrauter Anblick
1894/95 ließ er sich eine Villa mit Park drum herum bauen. Mein Blick fällt oft auf das Haus, wenn ich die Weserstraße entlang fahre. Allerdings war mir bislang nicht bekannt, dass sie dem Mann gehörte, der so viel für Bremerhaven und den Fischfang getan hat.

Ein Denkmal zur Erinnerung
Diesem umtriebigen Mann wurde ein Denkmal gesetzt, geschaffen vom renommierten Architekten Fritz Höger, der auch das Chile-Haus in Hamburg baute und für seinen expressionistischen Baustil mit Klinker berühmt wurde. Am 24. Oktober 1936 wurde das Denkmal im Beisein von Hermann Göring eingeweiht. Sicher ist der ein oder andere schon oft vorübergelaufen, ohne es direkt wahrzunehmen, denn es ist kein hohes Monument. Es befindet sich am Fuß des östlichen Brückenkopfes an der alten Geestebrücke, dort, wo die Stufen hinter zum Ufer führen. Seit 1978 steht es unter Denkmalschutz. Es zeigt die Hochseefischer bei der Arbeit. Die Inschrift auf der Rückseite lautet: Zäher Fleiss ringt ab der Erde – gigantischer Mut dem Meere – unserem Volk gegen Hunger zur Wehre.
