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Was ist das? 5 seltsame Dinge am Deich in Bremerhaven

Ein metall-schimmerndes Band im Boden? Ein skurriles B und H auf der Kaje? Ungewöhnliche Linien auf dem Platz? Als Bremerhavenerin stolpere ich gedanklich schon gar […]

Frau lächelt in die Kamera
6. Jan. 2022
6 min read
Bremerhaven 0 km auf einer Metallleiste im Kopfsteinpflaster eingelassen

Ein metall-schimmerndes Band im Boden? Ein skurriles B und H auf der Kaje? Ungewöhnliche Linien auf dem Platz? Als Bremerhavenerin stolpere ich gedanklich schon gar nicht mehr über die seltsam aussehenden Dinge, die bei uns rund um den Weserdeich zu finden sind. Doch auch ich hatte Fragezeichen beim ersten Anblick der ungewöhnlichen Phänomene. Fünf davon möchte ich euch jetzt näher bringen.

Das schimmernde Band im Boden

Einmal quer über die Deichpromenade an der Weser läuft dieses seltsame Metallband (c) Mailin Knoke

3.700 Kilometer bis in den Niger, 14.000 bis in die Antarktis und sogar 15.800 Kilometer bis nach Samoa – wer genau hinschaut, entdeckt auf dem Deich in Nähe des Atlantic Hotel Sail City nicht nur ein schimmerndes Metallband, sondern auch Entfernungsangaben zu anderen Gebieten auf der Welt. Ihnen gemeinsam ist, dass sich der achte Längengrad, den diese Markierung sichtbar macht und auf dem sich auch Bremerhaven befindet, durch diese Länder zieht. Die liegen sowohl in der polaren Zone als auch der subpolaren, in der gemäßigten Zone, der subtropischen Zone aber auch der tropischen.

Ihr merkt schon – das hat mit Klima zu tun. Und so wird der achte Längengrad natürlich auch im Klimahaus Bremerhaven sichtbar gemacht, denn von dort kommt die Idee: Das Band „betritt“ das Haus in den Veranstaltungsräumen auf der oberen Ebene des Foyers und führt die Gäste bis zum sogenannten „Prolog“, dem Ort, an dem die Besucherinnen und Besucher ihre Reise mit Axel Werner in Bremerhaven beginnen. Im Hause selbst ist das Metallband eine Messingschiene, im Außengelände mittlerweile überwiegend Edelstahl.

Der sichtbare Längengrad ist zudem auch im Boden bei den Treppen der H.-H.-Meier-Straße zu sehen. Beziehungsweise leicht zu übersehen. Denn anders als beispielsweise in Boston, wo eine deutliche rote Linie Tourist*innen auf einen Spaziergang durch die Geschichte der Stadt führt, sind wir Bremerhavener*innen bescheidener und haben nur ein schmales Band in den Boden eingelassen. Passt: es ist ja auch ein schmaler Grad.

Link zum Klimahaus Bremerhaven

Der seltsame BH auf der Kaje

Nicht nur im Sonnenuntergang ein Hingucker: das Semaphor an der Weser (c) Jens Hagens

Unweit der weiter unten aufgeführten Ankerkette steht auf der Mole ein wirklich skurriles Gerüst aus Metall. Ich will es mal so beschreiben: In der Mitte ein dicklich werdender Mast mit seltsamen Zeigern, an denen an zwei seitlichen Ausläufern jeweils ein Metallkreis mit weiteren Zeigern hängt, darunter die Buchstaben „B“ (links) und „H“ (rechts). Ungewöhnlich auch der Name: das ist ein Semaphor. Auf verständlich: ein Windstärken- und Windrichtungsanzeiger.

„B“ steht dabei für Borkum, das „H“ für Helgoland. Ihr könnt damit also sehen, welcher Wind auf den beiden für die Segelschifffahrt bedeutsamen Inseln geht und aus welcher Richtung dieser kommt. Denn tatsächlich ist dieses historische Schifffahrtszeichen noch funktionstüchtig, die Winddaten kommen alle zwei Stunden vom Deutschen Wetterdienst. Getriebemotoren sorgen dafür, dass die Zeiger entsprechend aktualisiert werden.

Seit 2005 steht das Semaphor in Bremerhaven; sein ursprünglicher Einsatzort war aber von 1893 bis 1976 am Leuchtturm Hohe Weg. Der steht seit 1865 nur wenige Kilometer die Weser aufwärts an deren Westufer und wurde übrigens vom selber Baumeister erstellt, der Bremerhaven aufbaute: Jacobus van Ronzelen. Wer hätte es gedacht: In diesem seltsamen Gerüst kommen doch tatsächlich Bremerhavens maritimer Kern und seine Stadtgeschichte zusammen.

Link zum Semaphor

Seltsame Linien auf der Kaje

Aus dieser Perspektive sind die seltsamen Linien deutlich als Fische zu erkennen (c) Helmut Gross

13.000 Quadratmeter groß ist der Willy-Brandt-Platz zwischen Zoo am Meer und Weser – viel Raum also für die Bodengestaltung, die beim Spaziergang direkt ins Auge fällt. Und ja, das ist Kunst! Die seltsam anmutenden Linien ergeben rund 20 Meter lange Fische, die sogar ganz offiziell als stilvoll ausgezeichnet wurden: 2015 gab es dafür (und für die übrige Gestaltung des wirklich wunderschönen Platzes) unter anderem den „Green Good Design Award 2015“ des Chicago Athenaeum Museum of Architecture and Design. Das ist so etwas wie der „Oscar“ für Arbeiten in den Disziplinen Architektur, Industrie- und Produktdesign, Grafik, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung.

Ihr dürft trotzdem auf den Linien herumlaufen, sie nachgehen oder fotografieren. Die dargestellten Fische leben übrigens im Nordseewasser, ihr seht zum Beispiel einen Knurrhahn und einen Schwarm Heringe. Bewundern könnt ihr die Kunst ganz gemütlich von einer der riesigen langen Bänke an der Mauer des Zoos. A dream: einer meiner Lieblingsplätze bei Sonnenschein.

Aber auch der Blick aus der Höhe, von der Aussichtsplattform Sail City zum Beispiel, ist beeindruckend. Dann kann man die Dimensionen besonders gut erkennen. Wenn ihr lebendige Fische vorzieht: Der Zoo am Meer hat ein beeindruckendes Aquarium, in dem euch die Lebewesen der Nordsee näher gebracht werden. Und wer Fisch lieber isst: Im Schaufenster Fischereihafen gibt es dazu eine Menge Möglichkeiten. Fisch ist bei uns eben überall!

Website der Aussichtsplattform Sail City

Weitere Informationen zum Nordseeaquarium im Zoo am Meer

Website des Schaufenster Fischereihafen

Eine verbindende Kette am Weserdeich

Ein Fachwerksockel, eine Metallplatte und ein Ankerpoller gehören zur Kette dazu, die am Deich ins Wasser läuft (c) Tanja Mehl

Unweit der Schleuse Neuer Hafen und direkt am Weserdeich neben dem Schleusengarten läuft von einem typischen Ankerpoller eine Kette ins Weserwasser. Warum das denn, die macht doch keinen Sinn?! Nichts ist daran festgemacht. Ihr könnt die schweren Eisenglieder sogar in die Hand nehmen, um euch selbst davon zu überzeugen. Doch was so technisch daherkommt ist tatsächlich höchst emotional: „Dieses Denkmal erinnert an den Beginn der deutschen Auswandererbewegung nach Amerika im Jahre 1683 und an die bedeutende Rolle, die Bremerhaven für Millionen Europäer bei ihrer Auswanderung von der Alten Welt in die Neue Welt spielte“ steht auf dem Sockel, der die Kette hält.

Genau am 6. Oktober sollen die ersten Menschen sich in ein neues Leben aufgemacht haben. Später, von 1830 bis 1974, sind ihnen über 7,2 Millionen Auswanderer*innen via Bremerhaven gefolgt. Deren Zweifel, Sorgen aber auch Hoffnungen und Lebenswege könnt ihr sehr gut und auf berührende Weise im Deutschen Auswandererhaus nacherleben. Um das Thema „Auswanderung“ zu ergänzen, besucht neben dem preisgekrönten Erlebnismuseum und der Anker-Kette am Weserdeich doch auch noch das „Auswandererdenkmal“ auf dem Willy-Brandt-Platz. Innerhalb von 5 Minuten Laufweg habt ihr so drei wichtige Bausteine des Erinnerns an diese für die Stadtentwicklung Bremerhavens so wichtige Zeit.

Informationen zum Ketten-Denkmal

Website vom Deutschen Auswandererhaus

Hiwer erfahrt ihr mehr über das Auswandererdenkmal

Seltsam: Schiffe auf dem Trockenen?

Diese Grünfläche gleich hinter dem Deich hat eine seltsame Form (c) BEAN

Grünflächen haben wir in Bremerhaven wirklich wunderbar viele – doch diese ist ganz besonders. Sie hat nämlich eine seltsam geschwungene Form, die sich erst erklärt, wenn man weiß, was dort vorher war: ein Dock. Also eine Baustelle für Schiffe. Genauer: das Trockendock des legendären Norddeutschen Lloyd (NDL), das 1871/1872 hier am Neuen Hafen angelegt wurde.

Der war gerade von Jacobus van Ronzelen (ihr erinnert euch: der Hafenbaumeister Bremerhavens und der Erschaffer des Leuchtturms Hohe Weg) zum wiederholten Male erweitert worden und maß jetzt 840 in der Länge. Genug Fläche, um die großen Schnelldampfer der Überseelinie manövrieren zu können. Lag das Schiff erstmal in einem der beiden 150 Meter langen und 18 Meter breiten Bögen des Trockendocks, wurde die Fläche vom Wasser des Neuen Hafens abgeschlossen und das Wasser abgelassen. Dann begann die Reparatur oder das Schiff wurde auf den neuesten Stand gebracht.

Ich habe nicht herausbekommen, bis wann das Trockendock arbeitete – seit Mai 2004 aber ist das Zwillings-Dock eine Grünanlage, über die sich eine hübsche Fußgängerbrücke spannt.

Ihr kennt weitere seltsame Dinge?

Es gibt noch viele weitere seltsame Dinge in Bremerhaven zu entdecken, darüber plane ich schon einen weiteren Blogbeitrag. Aber vielleicht habt ihr eine Frage, kennt und seht etwas, das ihr euch nicht erklären könnt. Damit ist übrigens jetzt nicht die typische Bremerhavener Freundlichkeit gemeint oder das beliebte Schmuddelwetter. Nutzt gern das Kommentarfeld.

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Dörte Behrmann

Ehemalige Pressereferentin Erlebnis Bremerhaven GmbH
Als begeisterte Bremerhavenerin gibt es für mich nichts Schöneres, als „die Presse“ mit spannenden Geschichten von der Seestadt zu überzeugen.

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