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Wanderausstellung „Mensch, Du hast Recht(e)!“

Noch bis zum 20.12.2017 ist die Wanderausstellung „Mensch, du hast Recht(e)!“ bei uns im Historischen Museum Bremerhaven zu sehen. Die Landeszentrale für politische Bildung, Außenstelle […]

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30. Nov. 2017
5 min Lesezeit
Ein Ausstellungssaal mit vielen Objekten.

Noch bis zum 20.12.2017 ist die Wanderausstellung „Mensch, du hast Recht(e)!“ bei uns im Historischen Museum Bremerhaven zu sehen. Die Landeszentrale für politische Bildung, Außenstelle Bremerhaven, hat das Mobile Lernlabor der Bildungsstätte Anne Frank nach Bremerhaven geholt. Vor allem Jugendliche können sich hier auf ungewöhnliche Weise mit dem Thema Menschenrechte beschäftigen. Mobile Stationen laden dazu ein, selbst aktiv zu werden: Klappen bewegen, Schubladen öffnen, Entscheidungen treffen, miteinander diskutieren.

Am Eingangsportal nehme ich mir ein Logbuch, laut Titelblatt „mein persönlicher Kompass durch die Ausstellung“. Beim Blättern in dem ansprechenden, bunten Heft finde ich Hintergrundinformationen zu den vier Aspekten: Menschenrechte, Diskriminierung, Normalität und Demokratie. Doch zunächst werde ich mit zwei Fragen konfrontiert:

„IN WELCHER GESELLSCHAFT MÖCHTEST DU LEBEN?“
„WAS IST DIR WICHTIG IM LEBEN?“

Das Logbuch zur Ausstellung
Das Logbuch weist den Weg durch die Ausstellung und lädt im Nachgang zum Schmökern, Nachdenken und Diskutieren ein.

„Mensch, du kannst sein, wie du bist und sein willst!“: Normalität

Wichtige Werte und Bedürfnisse, wie Liebe, Bildung, Familie oder Freiheit finde ich gleich zu Beginn der Ausstellung im grau gestalteten Bereich zum Schwerpunkt Normalität wieder. Ein Memory verknüpft diese Bedürfnisse mit dazugehörigen Menschenrechten. Einfache Symbole, wie eine Waage für Rechte, erleichtern den Wiederkennungswert. Und ich erfahre, dass zu „Freiheit“ sechs verschiedene Menschenrechte passen.

Weiter geht es mit der Frage „Wer fehlt hier?“ an der nächsten Station. Drei Klappen zeigen leicht verfremdete, bekannte Werbeanzeigen, in denen eine zentrale Person durch einen grauen Schatten ersetzt ist. Ich hebe die Klappe und sehe darunter Menschen, die in typischen Werbeanzeigen fehlen: eine Frau mit Kopftuch, eine Familie mit zwei Vätern sowie einen Mann, der ein Baby füttert. Was wäre, wenn sie Werbung für Brillen, einen Brotaufstrich oder Babybrei machen würden? Und nicht nur weiße Menschen oder Familien mit Vater, Mutter und zwei Kindern? Eine subtile Form von Diskriminierung, die zum Nachdenken anregt.

Die Station „Es gibt immer was zu tun“ weckt zunächst Kindheitserinnerungen, denn hier ist ein Viewmaster – ein Guckkasten mit Stereobildern, die man mit einem Hebel weiterdrehen kann. Ich sehe Fotos, auf denen bekannte Werbesprüche aufgedruckt sind. Doch die Kombination ergibt völlig neue Sinnzusammenhänge: „Wir machen den Weg frei“: Ein Jugendlicher im Rollstuhl wird von Konzertbesuchern hochgehoben. „Wohnst du noch oder lebst du schon?“: Ein Mensch sitzt auf der Straße hinter einer großen Pappe. Mir wird bewusst, wie zynisch manche Werbesprüche eigentlich sind, wie viele Stereotype, wie viel Diskriminierung in zahlreichen Bemerkungen doch steckt.

„Mensch, du bist gleichwertig!“: Diskriminierung

Ein orangefarbener Teppich zeigt mir, dass der nächste Schwerpunkt dran ist. Nun geht es um Diskriminierung. Eine Klangdusche begleitet mich mit Zitaten berühmter Personen zum Thema Rassismus. Mehrere Stationen zeigen, welche Wörter, Bilder oder Berichterstattung in den Medien rassistisch sind. Manche davon sind eindeutig, andere erst auf den zweiten Blick als solche zu erkennen. An der Station „Wie funktioniert Diskriminierung?“ drehe ich verschiedene Rollen, um zu erkennen, welchen Mechanismus eine schlichte Aussage in Gang setzen kann. Beispiel gefällig?

  1. Ich werde von einer Person in abgewetzter Kleidung angesprochen.
  2. Menschen, die abgetragene Kleidung tragen, haben keine Arbeit und sind obdachlos.
  3. Obdachlose können sich nicht waschen und riechen unangenehm, also riecht diese Person unangenehm.

Nachdenklich stimmt auch eine Station, die mit der Frage „Woher kommst du?“ überschrieben ist. Je nachdem, in welchem Zusammenhang und wie diese Frage formuliert ist, kann sie diskriminierend wirken.

Station zum Thema Diskriminierung
Welche Aussagen sind diskriminierend, welche sind o.k.?

„Mensch, du kannst (mit-)bestimmen!“: Demokratie

Grün als Farbe der Hoffnung begleitet mich schließlich beim dritten Schwerpunkt Demokratie, der an mich die Aufforderung „Mensch, du kannst (mit-)bestimmen“ richtet. Ich kann testen, wie man in einer bestimmten Situation zu einer Entscheidung kommt.
An einen Flipper erinnert die Station „Dilemma“: Dort steht „Schon wieder ein Neonazi-Aufmarsch! In unserer Stadt soll jetzt das Demonstrationsrecht abgeschafft werden.“ Jeweils zwei Pro- und zwei Contra-Argumente kann ich mir durchlesen, bevor ich eine Entscheidung treffe und mit einem Magneten eine Kugel nach links oder rechts bewege.

Die Mechanismen der Demokratie werden an der nächsten Station durch ein einfaches Beispiel besonders verständlich. Eine Schulklasse möchte eine Klassenfahrt unternehmen. Manche Schüler/-innen wollen ans Meer, andere in eine Stadt. Was nun? Schieberegler zeigen, dass es drei Möglichkeiten gibt: Mehrheitsentscheid, Kompromiss oder Konsens. London oder Ibiza oder als Kompromiss nach Barcelona? Ich habe die Wahl, das aus meiner Sicht bestmögliche Ziel auszusuchen.

Besucher an der Station Demokratie
Kompromiss, Konsens oder Mehrheitsentscheidung – wie findet man zu einer Lösung, mit der alle zufrieden sind?

Schließlich gelange ich zum Ausgang, einem schwarzen Portal, das auf den beiden Stelen noch kurz das Thema „Rechtsextremismus“ behandelt. Danach sehe ich einen großen Pfeil, der nach oben zeigt und Initiativen auflistet, die sich für Menschenrechte einsetzen.

Eine Ausstellung zu Menschenrechten: Mein Fazit

Das mobile Lernlabor greift ein wichtiges Thema auf. Die beiden Fragen „In welcher Gesellschaft möchtest du leben?“ und „Was ist dir wichtig im Leben?“ ziehen sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Durch die persönliche Anrede der Texte und die Auswahl der Schwerpunkte wird klar, dass Menschenrechte kein abstraktes Thema ist, sondern etwas mit mir und meinem Alltag zu tun hat. Die einzelnen Stationen regen zum Nachdenken und Diskutieren an – und machen Spaß. Vor allem der Schwerpunkt Demokratie schafft gute Anlässe, um von Alltagssituationen ausgehend über politische Entscheidungen zu sprechen. Das Logbuch lädt dazu ein, zu Hause, in der Schule oder der Jugendgruppe weiter an diesem wichtigen Thema dran zu bleiben.

Besucher in der Ausstellung
Anfassen erwünscht – Das Mobile Mitmachlabor regt zum eigenen Tun an.

Auf einen Blick

Wanderausstellung „Mensch, Du hast Recht(e)!“

Historisches Museum Bremerhaven, An der Geeste, 27570 Bremerhaven

(Fotos: Historisches Museum Bremerhaven)

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Kerstin Ras-Dürschner

Mich interessieren die Geschichte(n) der Stadt und der Menschen, die hier leb(t)en. Als Exilfränkin schätze ich die frische Luft, das Wasser und den weiten Himmel.

Historikerin, Wiss. Referentin des Historischen Museums Bremerhaven

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