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FSJ am Deutschen Schifffahrtsmuseum

FSJ am Deutschen Schifffahrtsmuseum? Das gibt’s? Nick gibt Einblicke in seinen Alltag als Freiwilliger in einer Kultureinrichtung.

Schwarz-weiß Aufnahme vom Eingang des Deutschen Schifffahrtsmuseums, an dessen Front der Name und ein großes M steht.
13. Apr. 2020
6 min Lesezeit
Ein Jutebeutel für jeden FSJ-ler während eines Seminars: der sogenannte Kulturbeutel.

Wenn ich jemandem erzähle, dass ich ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) am Deutschen Schifffahrtsmuseum mache, sind viele überrascht. Die Meisten wissen gar nicht, dass dies im DSM möglich ist. Auf das anfängliche Staunen folgt meist die Frage, was ich dort für Aufgaben habe. Wie sieht der Alltag im Museum aus? Dies würde ich Euch gerne näherbringen. Zuerst zu mir: Ich bin Nick, 22 Jahre alt und komme aus Langen.

Wie bin ich eigentlich auf ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bereich Kultur gekommen? Nach der Schule wollte ich ein bisschen Abwechslung und neue Erfahrungen sammeln. Für Kultur habe ich mich schon immer interessiert und besonders für Geschichte. Als ich mich dann über ein FSJ informieren wollte, habe ich noch gar nicht an das Schifffahrtsmuseum gedacht. Es stand nur fest, dass ich auf jeden Fall ein FSJ machen möchte. Als ich dann darauf erfahren habe, dass dies im Schifffahrtsmuseum möglich ist, habe mich direkt um den Platz beworben. Das Museum kenne ich bereits aus meiner Kindheit und fand es immer spannend, bei jedem Besuch etwas Neues zu entdecken.

Beim Einstellungsgespräch hatte ich sofort ein gutes Gefühl, dass ich mich mit meinen Interessen gut einbringen könnte und hatte Glück: Ich bekam eine Zusage.

Ins kalte Wasser geworfen

Vor meinem ersten Arbeitstag war ich ein wenig aufgeregt. An meinem ersten Tag im Museum durfte ich gleich mit einer Schulklasse starten, die an diesem Morgen ins Museum kam. Ich war also in der gleichen Situation wie die Kinder: Ich war neu und musste alles erst einmal kennenlernen. Wir haben mit den Kindern eine Vorstellungsrunde gemacht. Danach haben wir über das Museum und die Kogge gesprochen und am Ende noch ein Arbeitsblatt bearbeitet.

Nicht zuletzt durch meine sehr netten Kolleginnen und Kollegen habe ich mich aber schnell zurechtgefunden. Im Laufe der Woche lernte ich die Abläufe schon besser kennen und habe geholfen, wo ich konnte. Es gibt einige Termine in meinem Arbeitsalltag, die immer wiederkehren. So besuchen manche Schulkassen im Rahmen von Projekten einmal pro Woche, es gibt wiederkehrende Führungen zu einem bestimmten Thema wie der Bremer Kogge oder regelmäßige Besprechungen mit dem Team. Aber von Alltagsroutine zu sprechen ist schwer.

Ich finde aber, dass dies vielleicht genau das Spannende am Museum ist: Es ist nicht immer die gleiche monotone Arbeit. Man muss sich auf neue Situationen schnell einstellen können. Wenn eine Schulkasse oder Gruppe kommt, die man noch nicht kennt, muss man sich der Gruppe immer wieder anpassen, um ihre Aufmerksamkeit im Laufe der Stunde nicht zu verlieren. Das ist wohl eine der schwierigsten Aufgaben, wenn man Wissen vermitteln will. Ziel ist es, die Gruppe gebannt an den Lippen zu halten.

Ein junges Mädchen entnimmt eine Bodenprobe bei der Museums AG.
Auch die Museums AG ist Teil des FSJ. Hier wird eine richtige Bodenprobe mit Sand entnommen. Als FSJ-ler hat Nick bei der Vorbereitung und Durchführung geholfen. (© Mareike Heger)

Ein Tag als FSJ-ler am Museum

Meistens komme ich als Erster in unser Büro. Ich sitze dort mit zwei anderen Kolleg*innen an meinem eigenen Schreibtisch. Mit einem Kaffee lese ist als erstes die neuesten E-Mails. Im Laufe des Vormittags kommen dann häufig Schulklassen zu uns. Dafür bereiten wir vorab einiges vor: Wir legen Arbeitsblätter, Schreib- und Malutensilien bereit oder Gegenstände, die wir den Kindern in der Ausstellung zeigen wollen. Für jeden Tag haben wir ein bestimmtes Thema, über das wir mit den Schülerinnen und Schülern sprechen. Auch für Fragen der Kinder ist immer genügend Zeit.
Unser Programm endet mit einem Arbeitsblatt und anschließend malen wir noch ein bisschen.

Danach räumen wir auf und dann ist der Vormittag auch schon wieder vorbei. Für das Mittagessen kann man zum Glück zwischen vielen Restaurants und Imbissen in der Nähe wählen. Nach einer kleinen Pause stehen am Nachmittag dann häufig Besprechungen oder Veranstaltungen auf dem Plan. Diese müssen vorher natürlich geplant werden, was ebenso einiges an Zeit benötigt. Ich finde es super, dass ich auch jederzeit eigene Ideen einbringen darf. Das wird am DSM gerne gesehen. Neben den Schulklassen betreuen wir auch weitere Veranstaltungen für Kinder. Da fällt mir als Beispiel die Veranstaltungsreihe „Fridays for Experiments“ ein.
Wie kann man Kindern am besten den Klimawandel erklären? Diese Frage zu beantworten wurde mein Auftrag für diese Aktion.

Aktionen für Groß und Klein

Ich hatte zunächst keine Idee, wie so etwas ablaufen könnte, aber das Thema interessiert mich auch persönlich, nicht zuletzt wegen aktueller Debatten in der Politik. Mein Plan war es, Experimente zusammenzutragen die nicht nur spannend, sondern auch lehrreich und einfach zu verstehen sind. Ich habe ein wenig unterschätzt, was es bedeutet, so etwas vorzubereiten, da bin ich ehrlich. Alleine Eiswürfel zu finden, mit denen man einen Turm bauen kann, die also richtig eckig sind, ist verdammt schwierig. Am Ende mussten wir die entsprechenden Würfel selber im Gefrierfach herstellen. Außergewöhnliche Aufgaben verlangen eben ungewöhnliche Maßnahmen. Ich denke, ich kann mich mittlerweile Eiswürfel-Experte nennen.

Blaue, rote, gelbe und grüne Flüssigkeit in Gläsern steht für ein Experiment bereit.
Vier farbige Flüssigkeiten soll den Kindern zeigen, wie man Wasser aus einem Glas nehmen kann, ohne dies zu berühren. Es simuliert die Entnahme einer Bodenprobe. (© Nick Hoffmann)

Ich habe dann alle Experimente zusammengesucht und das Material dafür organisiert. Sogar ein Journalist der taz hat sich dafür interessiert und mit mir ein Interview über den Experimentiernachmittag geführt. Ich war trotz der guten Vorbereitung ein wenig nervös, als der Tag der Experimente näherkam. Ich wusste ja noch gar nicht, was mich erwartet. Doch als wir alles in der Ausstellung aufgebaut hatten, kamen die ersten Familien auf uns zu und die Kinder waren sofort interessiert und hatten Spaß die Experimente auszuprobieren. Ich war sehr erleichtert, dass die Kinder so eine Freude hatten und alles funktioniert hat. Das war meine erste große Aktion die ich selber geplant und durchgeführt habe. Darauf bin ich sehr stolz.

Ein Jutebeutel für jeden FSJ-ler während eines Seminars: der sogenannte Kulturbeutel.
Ein Jutebeutel für jeden FSJ-ler während eines Seminars: der sogenannte Kulturbeutel. (© LKJ Niedersachsen)

Kinder geben auch immer etwas zurück

Überhaupt macht mir die Arbeit mit Kindern immer viel Spaß. Sie wollen ständig etwas Neues erfahren. Die Kunst besteht darin, ihnen komplexe Themen einfach und verständlich näher zu bringen. Dass man dadurch selbst die Dinge immer wieder von einem anderen Blickwinkel betrachtet, ist ein großer Vorteil, von dem auch ich immer wieder lernen konnte. Ich würde ein FSJ jedem empfehlen.

Ich hätte am Anfang meines FSJ nicht gedacht, all diese Dinge organisieren und durchführen zu dürfen. Doch man muss keine Angst vor der Verantwortung und den Aufgaben haben. Man sammelt am besten Erfahrungen und lernt daraus, wenn man alles mit Spaß, Motivation und Selbstvertrauen angeht. Das ist eine der besten Sachen, die ich in diesem Jahr, auch über mich, gelernt habe.

Seminare ergänzen das FSJ

Die Zeit am Deutschen Schifffahrtsmuseum hat mir sehr viel Spaß gemacht. Hinzu kamen verschiedene Seminare mit anderen FSJ-lern aus der Region, die ebenso dazu beigetragen haben, dass ich mich in der Zeit sehr wohl gefühlt habe. Das erste Seminar diente hauptsächlich dazu, die anderen kennenzulernen und mehr über die verschiedenen Einsatzstellen zu erfahren. Wir haben in dieser Woche in zwei Gruppen gearbeitet. Während eine Gruppe kreative Texte geschrieben hat, sollte die andere eine kleine Theateraufführung erarbeiten. Am letzten Abend konnten beide Gruppen ihre Ergebnisse vorstellen.

Eine Gruppe Jugendlicher sitzt beisammen und arbeitet in einem Workshop im Rahmen eines FSJ-Seminarwochenendes
Impressionen einer FSJ-Seminarwoche in Lichtenfels. Bei Workshops wird mit Spaß gearbeitet. © Andi Weiland | BKJ

Die weiteren Seminare liefen in der Regel wie folgt ab: es gab mehrere kleine Werkstätten in denen etwas erarbeitet wurde, wie z.B. Fotografie, Kunst, Theater oder ähnliches. Dabei konnten wir FSJ-ler selber Ideen einbringen. Es wurde außerdem viel gelacht, gelernt und sich ausgetauscht. Am letzten Abend fand eine „Kulturshow“ statt, die wir selbst organisiert haben, um alle Ergebnisse zu präsentieren. Die Zeit dort war immer sehr schön.

Ein FSJ gibt einem die Möglichkeit den Arbeitsalltag kennenzulernen, dabei kreativ zu sein und seinen Horizont zu erweitern. Ich kann jedem nur ans Herz legen, ein FSJ am Deutschen Schifffahrtsmuseum zu machen. Diese Zeit werde ich nie vergessen.

[bre_box title=“FSJ in Bremerhaven“ style=“soft“ box_color=“#002c4c“ radius=“5″]Die Bewerbung für ein FSJ am DSM ist noch bis zum 30. April möglich. Auch der Kunstverein sucht aktuell noch jemanden für die Kunstvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit. Weitere Stellen gibt es am Stadttheater oder Theater im Fischereihafen. Die Bewerbung ist wieder für das Jahr 2021 möglich. Beim Kulturamt (Kulturbüro und Jugendmusikschule) und der Stadtbibliothek gibt es Stellen im Bundesfreiwilligendienst.[/bre_box]

Autor: Nick Hoffmann

Tags:
Schwarz-weiß Aufnahme vom Eingang des Deutschen Schifffahrtsmuseums, an dessen Front der Name und ein großes M steht.
Gastautor DSM

Das Deutsche Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte ist ein Haus im Wandel. Unsere Gastautor*innen blicken aus verschiedenen Perspektiven auf die Neuausrichtung unter dem Motto „Mensch und Meer“.
www.dsm.museum

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