Ein Jungtier wurde geboren
Im Juli berichteten wir euch von unserem Nachwuchs bei den Zwergottern. Unser Weibchen brachte am 12. Juni 2019 ein Jungtier auf die Welt, was liebevoll von beiden Eltern, Ares und Hera umsorgt wurde. Die Zwergotter sind – neben den Sibirischen Eichhörnchen – meine Lieblingstiere im Zoo am Meer. Stundenlang könnte ich ihnen beim Spielen zuschauen. Leider haben alle drei nach der Geburt viel geschlafen und sich nur im Innengehege aufgehalten. Das gesamte Team, allen voran Thomas und Frank, die beiden „Otter-Pfleger“, warteten gespannt auf den Tag, an dem die drei Otter auf die Außenanlage kommen sollten.
Langsam werden die drei Otter auf die „Außenwelt“ vorbereitet
Frank und Thomas ließen in den darauf folgenden Wochen die Klappe zum Außengehege immer mal wieder für eine Zeit geöffnet, um die drei nach draußen zu locken. Da zu Beginn gerade Mutter Hera das Jungtier nicht aus den „Klauen“ ließ und es, sobald das Kleine auf die Außenanlage wollte, immer wieder packte und zurück schliff, wurde die Klappe nach kurzer Zeit immer wieder geschlossen – aus Rücksicht auf das Jungtier. Nach der Gewöhnungsphase hielten sich die Otter länger auf der Außenanlage auf. Frank, Thomas und Bastian (unser Tierarzt) beschlossen, dass es nun an der Zeit sei die Tiere zu impfen!
Bastian setzt die Spritze im Gehege
Ich habe immer gedacht, dass alle Tiere, die geimpft werden, bei Bastian in seiner hausinternen „Praxis“ vorstellig werden müssen. Im Zoo wird das jedoch pragmatischer gelöst, denn der Doc kommt zu den Tieren. Hausbesuche sind also an der Tagesordnung. Das passiert immer dann, wenn ein Tier in Not ist, oder, wie die Tierpfleger sagen, „komisch aus der Wäsche guckt“ und sein Rat und geschultes Auge gefragt ist. Oder eben bei Routinebehandlungen, wie z.B. das Impfen.
Jungtier und Eltern werden voneinander getrennt
Ich bin gespannt, wie es dem Team gelingt, Eltern und Jungtier zu trennen und schließe mich Frank, Thomas, Annika (eine weitere Tierpflegerin) und Bastian auf dem Weg zu den Zwergottern an. Bastian ist mit Spritzen ausgerüstet, Thomas und Frank mit Keschern, Futtermitteln und einem Eimer, Annika ergänzt das „Impf-Team“ als zusätzliche „helfende Hand“. Ihren Gesichtern sehe ich an: Es wird ernst! Bevor es ins Gehege geht, kurze Lagebesprechung. Mir geht der Gedanke durch den Kopf, warum man nicht einfach reingeht, die Tür des Innengeheges öffnet und einen nach dem anderen impft. Ist doch nichts dabei?! Schließlich sind die Zwergotter die liebsten Tiere im Zoo. Ich werde bald noch herausfinden, warum.
An die Kescher, fertig, los!
Frank gibt Annika und Thomas Tipps, wo sie sich mit welchen Bordmitteln positionieren sollen und los geht’s. Ohne zu wissen, was passiert, hört man an dem Protest der Zwergotter, dass es ihnen nicht gefällt. Als erstes wird das Jungtier herausgenommen. Zwischendurch kommt Marina (Tierpflegerin) zusätzlich mit auf die Anlage, als weitere Unterstützung. 4 Mann/Frau und „2,5“ Otter! Ich muss doch etwas schmunzeln.
Das Jungtier ist als erstes an der Reihe
Mutter und Vater versuchen mit lautstarkem Quicken, Frank von seinem Vorhaben abzubringen. Was ihnen nicht gelingt. Unbeirrt greift Frank (nicht ohne Handschuhe) das zappelnde Jungtier, damit es von Bastian abgetastet und geimpft werden kann. Spritze gesetzt, vier Pfoten gezählt. Check, alles in Ordnung. Das Jungtier wird in einer Transportbox untergebracht und außerhalb des Geheges „geparkt“.
Mit Kraft und Kalkül ans Ziel
Danach sind Hera und Ares an der Reihe, die Frank und Thomas nicht einfach mit der Hand, sondern mit einem Kescher halten müssen. Krafttraining ist für unsere Tierpfleger nicht notwendig, denn wer hier nicht Kraft einsetzt, hat verloren. Entspannter sieht es für Bastian aus. Er schaut sich das Schauspiel gelassen an und setzt zum richtigen Zeitpunkt die Spritze. Ich glaube, geliebt werden alle drei (Tierpfleger und Tierarzt) in diesem Moment nicht.
Familie Otter ist wieder vereint
Nachdem alle Otter geimpft wurden, ruft Marina, dass das Jungtier noch wieder dazu muss. Stimmt denke ich, das wartet ja noch in der Transportbox. Schnell wird die Transportbox mit dem Kleinen geholt und Familie Otter ist wieder vereint.
Ich schaue auf die Uhr und bin überrascht, dass dieser Vorgang nur 15 Minuten gedauert hat, denn gefühlt waren wir mindestens eine Stunde beschäftigt. Obwohl ich nur von außen die Beobachterin mit der Kamera bin, hat sich die Anspannung auch auf mich übertragen. Denn eins ist sicher, die tägliche Arbeit mit unseren Tieren erfordert neben viel Fingerspitzengefühl höchste Konzentration.
In 4 Wochen folgt wieder eine Impfung
Bastian erklärt mir, dass bei den Eltern die Impfung ein Jahr hält, bei dem Jungtier ca. 4 Wochen. Dann muss noch einmal geimpft werden. Herrje, dann geht das Spektakel wieder von vorne los! Ich glaube, das halten meine Nerven nicht ein zweites Mal aus. Bastian beruhigt mich, denn Ares und Hera müssen ja nicht geimpft werden, was den Vorgang deutlich einfacher macht. Ich bin gespannt!
Lucian Betke
Die Geschichte ist nett geschrieben. Es bleibt nur eine Frage offen: Wogegen sind die Otter geimpft worden?
Nicole Tönjes
Hallo Lucian,
unsere Otter wurden gegen Staupe, Hepatitis, Leptospirose, Parvovirose, Zwingerhusten und Tollwut geimpft.
Beste Grüße,
Nicole
Lucian Betke
Sehr geehrte Frau Tönjes,
vielen dank für die umfassende Antwort.
mit freundlichen Grüßen.
Betke