„Da müsste Musik sein“ heißt es in einem aktuellen Song der deutschen Chartlist und genau den Gedanken hatte auch Uta Hierath vor rund acht Jahren beim Gang durch die Bremerhavener Straßen. Die bei Bremerhaven geborene und aufgewachsene Frau ist studierte Musikerin und dass ihr die Straßenmusik fehlte, ist daher nicht erstaunlich. Überraschend ist dagegen, dass es nicht bei diesem Gedanke blieb, sondern Uta Hierath anpackte. Ein längeres Brainstorming mit dem Bruder – ebenfalls Musiker – und die Idee des Hein Mück Festivals war geboren. Das findet in wenigen Tagen am 25. und 26. Mai schon zum vierten Mal statt, zum zweiten Mal im Rahmen des Seestadtfestes. Ich habe mich mit den beiden aktuellen Macherinnen – zu Uta Hierath hat sich die Mediendesignerin Verena Friedel gesellt – vor kurzem zum Gespräch über die aktuelle Planung getroffen und dabei viele Infos über die angemeldeten Künstler bekommen. Ihr dürft gespannt sein!
„Bürger“ eine gute Bühne
Das erste Straßenkunst-Festival fand 2012 in der Innenstadt Bremerhavens statt und es hat Maßstäbe gesetzt. „Das war einfach ganz, ganz toll dort“, schwärmt Uta Hierath noch heute und sie zeigt sich froh, dass auch in diesem Jahr die Bühnen wieder in der „Bürger“ aufgeschlagen werden. Wobei Bühnen als Begriff für den Auftrittsort eigentlich falsch ist, denn keines der zwölf Ensembles steht auf einer Bühne. Alle bleiben auf dem Boden, spielen vor plakatierten Rückwänden ohne große Licht- oder Tontechnik. Die Unmittelbarkeit des Erlebens macht den Reiz der Straßenkunst aus.
Straßenkunst ist spontan
Ein anderer: Das Ringen der Künstler um Aufmerksamkeit. Denn im Gegensatz zu einer Vorstellung in festen Häusern, für die sich das Publikum vorbereitet, chic macht und extra hingeht, hat der Straßenkünstler ein zufällig zusammengewürfeltes Publikum vor sich, das er „packen“ will. Also sprüht er und ist kreativ in der Ansprache, agiert spontan mit den Zuschauern und erarbeitet sich die Aufmerksamkeit. Das ist anstrengend, aber es ist ja genau das, was uns als Betrachter so einfängt.
Kunst und Spiel
Die Schwierigkeit liegt auch darin, dass jedes Publikum anders reagiert. Die eine Menge lacht sich schlapp über die Vorführung und das andere zuckt nur mit den Schultern. „Einige haben die totale Fähigkeit, mit dem Publikum zu spielen“, sagt Uta Hierath, „die bekommen den Kontakt und den Applaus eigentlich immer – und andere stehen dann da und fangen an zu schimpfen oder beschweren sich.“ Ich schaue ungläubig, aber Verena Friedel bestätigt die Aussage. „Alles schon dagewesen“.
Tagessieg als Ziel
„Aber klar“, beschwichtigt Uta Hierath, „wir haben in diesem Jahr Künstler eingeladen, die es wirklich lieben, mit dem Publikum zu spielen“. Sie kommen aus den Bereichen Kabarett, Comedy, Chanson, Puppenspiel, Pantomime, Stegreifkomödie, Jonglage, Zauberei und werden am Samstag von 13 bis 18 Uhr und am Sonntag von 12 bis 17 Uhr auftreten. Vier Plätze sind zwischen dem Theodor-Heuss-Platz und der Keilstraße für die Straßenkunst angelegt, auf denen die Künstler abwechselnd agieren. Programmplakate weisen die Uhrzeiten aus. Am Ende des Tages gibt es jeweils einen Sieger, den das Publikum über Stimmzettel und eine Fachjury wählen.
Hohe Auswahl-Kunst
Erwartet werden kann in diesem Jahr wirklich großartiges für Bremerhavens „Bürger“. Wer in London Straßenkunst machen möchte, der muss dort einer Jury vorspielen sagt Uta Hierath, und lobt zugleich den dahinter stehenden Qualitätsanspruch. Soweit geht es hier nicht, aber „wer sich bei uns bewirbt, der muss ein Video einreichen. Das ist mittlerweile völlig normal, die Künstler haben heute meistens sogar eine eigene Homepage. Der Grad der Qualität ist bei uns mittlerweile auch ziemlich angestiegen“, gibt Verena Friedel zu Protokoll und man sieht ihr an, dass das der Organisatorin gefällt.
Applaus und „Hutgeld“
Alle Straßenkünstler in Bremerhaven spielen „auf Hut“. Das ist die poetische Umschreibung dafür, dass sie keine Gage bekommen und ganz von der Spendierfreude des Publikums abhängig sind. Gefreut wird sich natürlich auch über das schönste Lachen, über lautstarker Begeisterung und viel Beifall – aber am Ende des Tages ist auch das „Hutgeld“ entscheidend für das künstlerische Wohlgefühl. Mein Appell: Zeigen wir, dass Bremerhaven gute Straßenkunst zu schätzen weiß.
Das Thema Geld bringt mich auf einen ganz anderen Gedanken: Es ist doch nicht so, dass Kleinkünstler gescheiterte „große Künstler“ sind, frage ich Verena Friedel und sie stimmt zu. Die meisten entscheiden sich für diesen Weg, der ihnen ja auch die totale Freiheit gibt, klärt sie mich auf. Was sonst das Management organisiert, aushandelt, verabredet, das hat der Straßenkünstler selbst in der Hand und die allermeisten lieben auch diesen Aspekt an ihrem Künstlerleben.
Hein Mück Festival überzeugt
Dass alle in Bremerhaven auftretenden Straßenkünstler Profis sind, zeigen schon deren Profile. Auftritte in den USA werden dort aufgeführt, Studien in den Niederlanden und Geburtssorte weit weg von Bremerhaven. „Wir hatten in diesem Jahr außergewöhnlich viele Bewerbungen“, berichten Uta Hierath und Verana Friedel, bevor unser Gespräch zu Ende ist. das zeigt, das auch das Hein Mück Festival seinen Platz auf dem Weg der Straßenkünstler gefunden hat. Ich freue mich schon sehr darauf!
- Laura Dillettante – Cabaret, Singer-Songwriter
- Bobby Garden- Akrobatik und Clownerie
- Schön Stark- Artistik-Straßenshow
- Senor Marküsen – Multi-Instrumentalist
- Rowdy Robert – Piratenzauberer
- Christoph Engels – Gaukler und Draufgänger
- Little Testa – Zirkusakt Diaboloshow
- MiMi – Transparente Bubble Dance Show
- Monsieur und Pianistin Nora Born – Humor in schwarz-weiß
- Peppino – Theater und Circus-Kunst
- Suschia – Hula Hopp
Samstag, 25. Mai von 13 bis 18 und Sonntag, 26. Mai, von 12 bis 17 Uhr.
Zwischen Theodor-Heuss-Platz und Keilstraße.
Bitte ausreichend Beifall und Kleingeld bereithalten.
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