Wir wollen u. a. über Klimamigration sprechen. Aber es wird mehr. Und auch persönlich.
Immer im Einsatz
Unser Wunsch: Ein Klima-Talk mit Carola Rackete. Ob sie Lust hätte, einmal in das Klimahaus zu kommen auf ein Interview für unser Magazin acht°ost. Gar nicht so leicht. Denn seit ihrer Aufsehen erregenden Rettungsaktion ist in Carolas Leben nichts mehr wie früher. Und Zeit hat sie auch kaum noch. „Ich hab meine ganzen Sachen hier drin und bin immer nur unterwegs“, deutet sie gleich bei der Begrüßung auf ihren See- und Rucksack.
Zunächst ist Carola voll konzentriert auf das Interview, erzählt uns, dass sie sich eigentlich gar nicht als Retterin versteht. Die Flüchtlingshilfe sei gar nicht ihr beruflicher Fokus, eigentlich nicht mal mehr die Seefahrt. „Ich bin im Juli lediglich für einen verhinderten Kollegen auf der Sea-Watch 3 eingesprungen. War dann einfach in dieser Situation und habe nach Recht und Gewissen gehandelt“.
Der Klima-Talk
Sie bezeichnet die Zustände in den Lagern in Libyen als menschenunwürdig, erklärt, dass Migration durch Klimawandel schwer in Zahlen zu fassen sei, argumentiert, dass westliche Staaten aufgrund ihrer Politik in der Vergangenheit mit daran Verantwortung trügen, dass Menschen in Afrika beispielsweise heute die Flucht nach Europa antreten. Sie stellt Klimaschutz in einen größeren politischen Zusammenhang, nennt die Zerstörung Erde durch ungezügelten Ressourcenabbau als eine der weiteren Ursachen für die Fluchtbewegungen. Sie ist überzeugt von ihrer Haltung wie Millionen andere auch und ja, natürlich polarisiert sie.
Carola persönlich
Daneben gibt die zierliche Person aber auch etwas über sich selbst preis, auch über ihren Bezug zu Bremerhaven und umzu. Carola erzählt von ihren zweieinhalb Jahren auf den Forschungsschiffen des Alfred-Wegener-Instituts, der Polarstern und der Meteor, von ihrem dann in England absolvierten Masterstudium in Naturschutzmanagement (Conservation Management) und erklärt uns, dass sie das zu ihrem beruflichen Schwerpunkt ausbauen wolle. „Eigentlich bin ich auch gar keine Kapitänin. So nennt mich die Presse halt, ich habe ein abgeschlossenes Nautikstudium, habe hier um die Ecke in Elsfleth studiert. Eine tolle Zeit. Aber ich habe gar kein Kapitänspatent. Die Sea-Watch 3 ist offiziell eine Jacht, deshalb darf man das hier umgangssprachlich aber so sagen“.
Ab und an besucht sie noch einige Kollegen in der Seestadt auf einen Schnack. So auch heute.
Egal, wie man das Geschehen im Sommer im Mittelmeer bewertet, Carola Rackete hat Mut bewiesen, das kann man kaum abstreiten. Dennoch bekommen wir den Eindruck, dass da niemand besonders mutiges vor uns sitzt, kein neuer Promi, niemand, der sich in den Medien etablieren möchte. Sie begegnet uns als ganz normale junge Frau mit Humor und Engagement, die überall im Natur- oder Klimaschutz arbeiten könnte, z. B. auch im Klimahaus. Die ihrem Gewissen gefolgt ist und auf ihrem Lebensweg einfach das getan hat, was jeder von uns (hoffentlich) tun würde, der einmal Menschen in Not begegnet: Rückgrat zeigen und Erste Hilfe leisten.
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