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Wassertechnik im Zoo am Meer

Besucher, die im Zoo hinter die Kulissen schauen, sind von der Wassertechnik sehr beeindruckt. Wer vor den Kulissen unsere Pinguine, Seevögel, Robben und Eisbären hautnah […]

am Aquarium stehende Frau
21. Feb. 2019
6 min Lesezeit
Unterwasserscheibe Robben Wassereinsicht bei den Robben [© Antje Mewes]

Besucher, die im Zoo hinter die Kulissen schauen, sind von der Wassertechnik sehr beeindruckt. Wer vor den Kulissen unsere Pinguine, Seevögel, Robben und Eisbären hautnah beim Tauchen beobachtet, ahnt meistens nicht, wieviel modernste Technik nötig ist, um das Wasser schön sauber zu halten. Alle Tiere schwimmen in Salzwasser, das aber kein Meerwasser ist. Hört sich sehr kompliziert an, ist es aber nicht. Wir mischen Leitungswasser so lange mit einer
27 %igen Salzsole, bis das Wasser in unseren Becken eine Salzkonzentration von 3,5 % hat. Ich kenne die Wassertechnik zwar, doch auch ich ahne noch nicht, welche Mamut-Aufgabe es ist, sie zu bedienen. Bis unser Tierpfleger und Techniker Hubert mir heute einen Einblick in seine Arbeit gewährt.

Glasklares Wasser, so schnell geht`s!

Ganz so einfach ist es leider nicht. Das Wasser wird über drei Schritte – den Vorfilter, die Eiweißabschäumer, Sandfilter und UV-Anlagen sehr effektiv gereinigt. Die Reinigung des Wassers übernimmt die Filteranlage dank modernster Technik, doch ohne Kontrolle geht es nicht. Die Arbeit von Hubert und seinen Kollegen erinnert mich ein bisschen an die im Maschinenraum eines großen Schiffes: Der Raum, indem die Wassertechnik untergebracht ist, ist 700 qm groß. Überall befinden sich unterschiedlich große Rohre, Anzeigen, Bedienhebel, riesige Filterkessel, Abschäumer, Pumpen und andere technische Geräte, die eine enorme Geräuschkulisse verursachen. Interessant, dass Hubert, nach seiner erfolgreichen Ausbildung zum Gas/-Wasser-Installateur, mehrere Jahre als Rohrschlosser auf einem Schiff gearbeitet hat. Nach der Ausbildung zum Tierpfleger kümmert er sich heute u.a. um tierisch gutes „Badewasser“.

3,5 Millionen Liter Wasser unter Kontrolle – das Protokoll

Die komplizierte Technik beherrschen, die Wasserwerte auf die individuellen Bedürfnisse der Tiere einstellen und dabei Kontrolle über die Wasserqualität behalten. Ein Protokoll hilft Hubert dabei, den Überblick zu behalten. Hier notiert er täglich alle wichtigen Werte, wie beispielsweise pH, Salzgehalt, Pumpleistung, Wetter… Moment, warum notiert Hubert das Wetter? Natürlich! Regnet es mehrere Tage, sinkt der Salzgehalt in den Wasserbecken. Weht der Wind von der Stadt, statt vom Meer, wird wesentlich mehr Dreck eingetragen. Im Frühjahr sind viele Birkenpollen im Wasser. Im sonnigen und warmen Sommer vermehren sich mehr Algen als im kalten Winter. Ich merke schnell, wie kompliziert es ist, die Filteranlage entsprechend zu regulieren und dafür zu sorgen, dass sich unsere Tiere wohl fühlen und unsere Besucher unter Wasser den vollen Durchblick haben.

Grob aber gründlich – der Vorfilter

Die erste Reinigungsstufe ist die Filterung des Wassers über den Vorfilter. Er verhindert, dass grober Schmutz in die Filteranlage gerät. Hubert muss heute den Vorfilter der Basstölpel reinigen. Das große Sieb voller Blätter, Ästen, Federn und ein paar Fischresten kann ganz leicht entnommen werden. Hubert greift zum Wasserschlauch und reinigt es in einer großen Wanne.

Die erste Reinigungsstufe [© Antje Mewes]
Hubert reinigt das Sieb des Vorfilters [© Antje Mewes]

Schaumschläger gegen Schmutz – die Eiweißabschäumer

Der zweite Reinigungsschritt sind die Eiweißabschäumer. Das Wasser wird in die riesigen Zylinder geleitet, in denen unter Luftzufuhr eine Pumpe eine starke Wasserströmung erzeugt. Dadurch entstehen Luftblasen, an denen sich organische Abfallstoffe festlagern. Die Luftblasen steigen nach oben auf und so bildet sich oben am Zylinder ein Schaum, der schließlich, zusammen mit den Abfallstoffen, entfernt wird, die Abschäumung. Solch einen Schaum können wir übrigens bei viel Wind und hohem Wellengang auch an der Nordseeküste beobachten.

Die Eiweißabschäumer [© Antje Mewes]
Hubert kontrolliert die Funktion der Eiweißabschäumer [© Antje Mewes]
Eine bessere Schaumbildung und zusätzlich eine Reduktion von Krankheitserreger wird durch Zusatz von Ozon erreicht. Ozon wird auch „aktiver Sauerstoff“ genannt. Sauerstoff, den wir alle kennen, weil wir ihn zum Atmen brauchen, besteht aus zwei Sauerstoffatomen. Ozon dagegen besteht aus drei Sauerstoffatomen und ist sehr reaktionsfreudig. So kann es auch anorganische Schadstoffe, wie beispielsweise Nitrit, durch den Oxidationsvorgang unschädlich machen. Das Ozon wird über den Luftstrom direkt in die Eiweißabschäumer geleitet.

Hubert notiert den Ozon-Wert [© Antje Mewes]
Der Ozon-Generator erzeugt unter Starkstrom Ozon [© Antje Mewes]

Entkeimung über UV-Strahlung

Hubert zeigt mir den UV-Klärer, der das Wasser entkeimt. Starke UV-Strahlung hat eine äußerst zerstörerische Wirkung auf Zellen. Indem das durchfließende Wasser mit mehreren Lampen bestrahlt wird, werden Bakterien, Viren, Pilze oder Algen abgetötet und unschädlich gemacht. Algen und Bakterien können zu gefürchteten Wassertrübungen in Aquarien führen. Aber auch Krankheitserreger können so reduziert werden.

Der UV-Klärer [© Antje Mewes]
Vier UV-Lampen sorgen für eine Keimreduktion im Wasser [© Antje Mewes]

Wirklich hoch – die Sandfilter

Die dritte und letzte Filterstufe bilden die Sandfilter. Das sind riesige dunkle Kessel. Ich blicke ehrfürchtig zu ihnen hinauf. Sie sind etwa 3,50 m breit und 4,00 m hoch. Hubert erklärt, dass ein Austausch eines defekten Filters fast unmöglich ist. Er passt nämlich nicht durch die Tür! Die Filter sind beim Bau des Zoos per Kran in den Technikraum gehoben worden und danach wurde die Decke gegossen.

Filterkessel [© Antje Mewes]
Der Filterkessel eines Sandfilters mit Druckanzeige [© Antje Mewes]
Die Kessel sind fast vollständig mit Filtermaterialien gefüllt. Wenn das Wasser, ähnlich wie bei einem Kaffeefilter, hindurchgedrückt wird, bleiben Schwebteilchen am Filtermaterial hängen. Aber was passiert, wenn der Filter voll ist? Und woran erkennt man das überhaupt? Hubert zeigt mir zwei Barometer, die sich an jedem Kessel befinden. Hier wird der Druck des einströmenden und ausströmenden Wassers gemessen. Ist der Filter verstopft, erhöht sich der Druck, um das Wasser durchzudrücken. Ist die Druckdifferenz zwischen Einströmung und Ausströmung größer als 0,5 bar, muss das Filtermaterial gereinigt werden. Ich bin überrascht, wie simpel das funktioniert. Nur ein Knopfdruck auf dem PC ist nötig. Ein Klick auf „Spülen“ und schon wird der Filter in die entgegengesetzte Richtung rückgespült und somit gereinigt.

Die Filteranlage wird über den PC bedient [© Antje Mewes]
Hubert „reinigt“ den Hochschichtfilter [© Antje Mewes]
Das dreckige Wasser aus der Rückspülung geht aber nicht etwa in den Gully, sondern wird über einen weiteren Aktivkohlefilter wieder gereinigt und fließt wieder in den Kreislauf. Dadurch wird der Wasserverlust minimiert.

Jährlicher Wasserwechsel

Nach meinem Rundgang mit Hubert wundert es mich nicht mehr, dass unsere Filteranlage zu den modernsten Anlagen Europas zählt. Die Anlage reinigt das Wasser so effektiv, dass das „Badewasser“ im Becken der Robben und Pinguine nur einmal im Jahr ausgewechselt wird, das der Eisbären und Basstölpel sogar nur alle zwei Jahre. Wie das funktioniert? Das erzähle ich euch ein anderes Mal.

[bre_box title=“Gut zu wissen“ style=“soft“ box_color=“#002c4c“ radius=“5″]Tipp: Ihr möchtet selbst einmal die beeindruckende Wassertechnik sehen? Dann bucht doch einfach eine Führung hinter die Kulissen des Zoos. Die Führung kostet je nach Dauer 40,00 Euro (Dauer: 1 Stunde) oder 50,00 Euro (Dauer 1,5 Stunden), zzgl. Eintritt. Die Personenzahl pro Führung ist auf max. 20 Personen begrenzt. Die Buchung kann telefonisch unter (0471) 308 41-47 (immer dienstags von 13.30-16.00 Uhr und freitags von 13.30-16.00 Uhr) oder per E-Mail: info@zoo-am-meer-bremerhaven.de erfolgen.

27568 Bremerhaven[/bre_box]

am Aquarium stehende Frau
Antje Mewes

Meine Liebe zum Meer und meine Faszination für die Tierwelt führten mich in den Zoo nach Bremerhaven. Lasst Euch von tierischen Beiträgen überraschen.

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