Wenn Ihr am Richtfunkturm vorbei Richtung Deich geht, kommt Ihr an dem alten, hübschen Gebäude vorbei, das rechts von Euch etwas tiefer liegt. Der Wasserschout! Doch was ist ein Wasserschout überhaupt oder handelt es sich dabei lediglich um einen Fantasienamen? Meine Neugier ist geweckt, und ich begebe mich auf die Suche nach Erklärungen.
Es war einmal 1897…
70 Jahre nach der Gründung Bremerhavens entstand an der damaligen Schleuse zum „Alter Hafen“ dieses hübsche Gebäude. Jetzt ist es cremeweiß gestrichen und die Fenster- und Türenelemente sind beige abgesetzt. Heute ist die Schleuse nicht mehr vorhanden, aber damals fuhren die Segelschiffe von der Weser in die Geeste und von dort durch die Schleuse in den Hafen. Das muss ein erhabener Anblick gewesen sein. Dies war die erste Schleuse Bremerhavens, die aber schon bald zu klein und 1933 sogar zugeschüttet wurde.
Der Denkmalschutz verhinderte den Abriss
Das kleine, aber wichtige Dienstgebäude des Schleusenwärters wurde zu einem Wahrzeichen für die Zeit nach der Gründung Bremerhavens und 1984 unter Denkmalschutz gestellt. Ich finde es schön, dass solche Schmuckstücke, die wichtige Zeitzeugen der Stadtgeschichte sind, erhalten bleiben. Später war hier das Zollhaus einquartiert, bevor es 1977 zu einer Gaststätte wurde.

Der Wasserschout – eine Magistratsperson
Die Bezeichnung Wasserschout stammt aus dem Holländischen und bezeichnet eine Magistratsperson für Seeleute. Dieser Mann hatte alle Hände voll zu tun, denn er war für alle Vorfälle, die sich auf hoher See ereigneten, zuständig. Damit nicht genug. Auch die Dinge, die sich im Hafen auf den vor Anker liegenden Schiffen ereigneten fielen in seine Zuständigkeit.
Mittelsmann und Kümmerer
So fand er sich mit der oftmals schweren Aufgabe betraut, Streitigkeiten zwischen Kapitän und Mannschaft zu schlichten. Das war sicher hart, denn an Bord herrschte oft ein rauer Ton. Er war für den Abschluss der Heuerverträge zuständig, für die Auszahlung der Löhne und die Auflösung von Dienstverhältnissen. Beim Wasserschout fand auch die Registrierung sämtlicher Seeleute statt. Er kümmerte sich darum, dass in Not geratene Seeleute zurück nach Hause gebracht wurden, regulierte Erschaftsangelegenheiten und nahm die Seeberufsgenossenschaftsuntersuchungen von Unfällen auf See vor. In Zeiten ohne Handy, PC und den heutigen Spezialbooten der DGzRS war das sicher schwierig.

Retter in der Not
Auch die Fürsorge fiel in sein Ressort. So verwaltete er die Seemannskasse mit und verteilte Unterstützungen an Witwen und Waisen von im Beruf umgekommenen Seeleute. Und auf See geblieben sind leider viele Menschen, denn die Arbeit war hart, die See oft rau und die Arbeitssicherheit steckte noch in den Kinderschuhen. Gut, dass es diese Regelung gab, denn ich denke, die hinterbliebenen Frauen hätten sonst kaum eine Chance gehabt, sich und ihre Kinder durchzubringen. Aber neben Schiffsunfällen forderten auch Kriege ihre Opfer, und was die See einmal inne hat, gibt sie nicht wieder her.


Erinnerungen lassen Menschen weiterleben
Da die See nun mal kein Friedhof ist, auf den man gehen und den letzten Ort der Verstorbenen besuchen kann, stehen zu deren Erinnerung Gedenkdalben neben der Sportbootschleuse Neuer Hafen. Dalben, weil sie etwas ganz Natürliches im Hafen sind. Das Material ist Holz, wie das Leben vergänglich. Der Standort ist am Ausgang des kleinen Schleusenparks und mit Blick zur See.
Halt‘ ruhig einmal inne
Spaziergänger, die einfach die frische Luft und den weiten Blick genießen wollen, fallen sie vielleicht gar nicht mal auf. Das ist auch gar nicht der Sinn, denn sie sollen keinen Friedhof ersetzen oder Trübsinn verbreiten. Ich finde dies sehr gelungen. Es ist kein Mahnmal und macht auch Vorübergehende nicht traurig. Aber wer mag, kann hier einen Moment verweilen und die auf den Dalben angebrachten Namen lesen. Ich stelle mir vor, was für Menschen das wohl waren und lasse dabei meine Gedanken schweifen und mein Blick wendet sich automatisch hinaus aufs Wasser.
Vielleicht fällt Dein Blick beim nächsten Deichspaziergang ja auch einmal darauf.