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Vorhang auf am Stadttheater Bremerhaven!

Wenn ich in diesen Tagen durch das Theater gehe, fällt mir diese unglaubliche Ruhe im Foyer auf. Die Eröffnungsgala und das Theaterfest liegen zwar schon […]

Frau am Schreibtisch
19. Sep. 2019
6 min Lesezeit
Roter Theatervorhang

Wenn ich in diesen Tagen durch das Theater gehe, fällt mir diese unglaubliche Ruhe im Foyer auf. Die Eröffnungsgala und das Theaterfest liegen zwar schon hinter uns, und damit auch der erste Besucheransturm auf das Stadttheater nach der Sommerpause. Aber bis zu den ersten Premieren an diesem Wochenende fanden noch keine Vorstellungen statt. Das Foyer wirkt noch wie im Winterschlaf, der in diesem Fall eigentlich Sommerschlaf heißen müsste, während auf und hinter der Bühne bereits seit Wochen ein reges Treiben herrscht. Kein Wunder, alle Abteilungen und Künstler*innen arbeiten auf Hochtouren, denn zur Eröffnung gibt es gleich drei Premieren an einem Wochenende! Zwei davon für die ganze Familie.

Ich, Feuerbach

Am Freitag, den 20. September beginnt der Premierenmarathon mit „Ich, Feuerbach“ nach Tankred Dorst im Kleinen Haus. Das Stück ist ein Schauspielerabend, inszeniert von Intendant Ulrich Mokrusch. Ein Abend für zwei Schauspieler*innen, einen Techniker (der wirklich Techniker ist) und einen Hund samt Frauchen. Komödiantisch und melancholisch. Ein Abend im Theater, über das Theater.

Probenfoto von Sascha Maria Icks und Max Roenneberg in: Ich, Feuerbach am Stadttheater Bremerhaven
Sascha Maria Icks, Max Roenneberg in: „Ich, Feuerbach“ (c) Manja Herrmann

Leidenschaft und Abgrund

„Immer Theater, immer Theater!“ sagt Sascha Maria Icks in ihrer Rolle als Feuerbach, als ich gerade die Tür zum Zuschauerraum des Kleinen Hauses aufmache und mich in die Probe setze. Feuerbach ist Schauspielerin, aber seit sieben Jahren nicht mehr auf der Bühne gewesen. Nun hat sie ein Vorsprechen an einem Theater ergattert, kennt den Intendanten und hofft, dass Vitamin-B ihr hilft. Doch der Intendant lässt sich nicht blicken. Stattdessen wird der Regieassistent (gespielt von Max Roenneberg) vorgeschickt, um der Wartenden Gesellschaft zu leisten. Was dann an Gespräch entsteht, ist spannend anzuhören, denke ich mir. Da prallen unterschiedliche Theaterauffassungen aufeinander, da kommt die Liebe zum Beruf, die Bereitschaft zur Aufopferung und die Abgründe, die sich hinter der Leidenschaft verstecken können zum Vorschein. Und langsam komme ich auch dahinter, warum sie so lange nicht mehr gespielt hat.

„Immer Theater, immer Theater!“

Feuerbach

Frau Feuerbach gibt immer mehr von sich preis. Das mühevoll erstellte Selbstbild bröckelt, löst sich auf, genau wie das Bühnenbild, das während der Vorstellung von Josef Weinert, unserem Bühnentechniker im Kleinen Haus, abgebaut wird. „Immer Theater, immer Theater!“ Und das trifft es. Da steckt die Unbedingtheit drin, die Aufopferung, die viele Künstler*innen in diesen Beruf stecken. Tiefe Selbstzweifel und der Glaube an die Macht der Kunst. „Chapeau!“, denke ich mir, als ich mich aus der Probe schleiche.

Der Graf von Monte Christo

Auf dem Weg vom Kleinen Haus ins Foyer des Stadttheaters denke ich noch darüber nach, wie viel manche Menschen bereit sind zu opfern, um das zu tun, was sie lieben. Weil sie es müssen. Weil sie nicht anders können. Und mit welcher Konsequenz sie es verfolgen. Und ich bin beeindruckt. Das Klirren von aneinanderschlagenden Klingen bringt mich jedoch zurück ins Hier und Jetzt. Moment! Fechtkampf? Hier? Ich brauche nicht lange danach zu suchen, wo das Geräusch herkommt, denn ich stehe vor den Türen zum Zuschauerraum des Großen Hauses, in dem gerade „Der Graf von Monte Christo“ geprobt wird. Und ich erinnere mich, dass ich das Wort „Fechtszenen“ auf dem Probenplan gelesen habe.

Das Ganze ist ein spannender Abenteuerbilderbogen, in dem geliebt und verraten, gerächt, getanzt, rasant gekämpft und gefochten wird.

Felix Seiler, Regisseur von „Der Graf von Monte Christo“

Für die Fecht- und Kampfszenen wurde extra wieder der französische Fechtchoreograph Jean-Loup Fourure engagiert, der zuletzt bei „Zorro“ für spannende Kampfszenen sorgte. Ich schleiche mich kurz auf die Seitenbühne, um von dort aus ein paar Minuten zuzusehen. Das Musical hat am Samstag, den 21. September Premiere. Das Bühnenbild ist schon im Original. Gerade steht Jean-Loup auf der schrägen Bühne und zeigt wichtige Handgriffe mit dem Degen. Die Darsteller*innen probieren täglich ein bis zwei Stunden, denn die Kampftechniken sind nicht ungefährlich und müssen sitzen.

Fechtszene „Der Graf von Monte Christo“ (c) Heiko Sandelmann

Ein Theatererlebnis für die ganze Familie

Aber es wird nicht nur gekämpft, es wird auch geliebt. Gerade der Beginn des Stückes ist herrlich romantisch. Edmond Dantès (Vikrant Subramanian) liebt seine Mercédès (Anna Preckeler) über alles. Und sie ihn. Sie verloben sich und feiern im großen Stil. Und eigentlich könnte alles perfekt sein. Wäre da nicht die Justiz, die Dantès zu Unrecht beschuldigt, ein napoleonischer Verschwörer zu sein und ihn inhaftiert. Fast filmisch wirken die Szenen zwischen ihm und seiner Frau, die liebend wartet und betet. Er im Kerker, sie in der Kirche. Unterschiedliche Räume, aber ein Duett auf der Bühne. Erst nach 14 Jahren in Gefangenschaft gelingt ihm die Flucht. Ein Mithäftling hat ihm zuvor noch von einem Schatz erzählt, den Dantès schließlich findet und welcher es ihm ermöglicht als reicher Graf von Monte Christo zurückzukehren. Doch im Laufe der Zeit hat sich alles verändert. Als er erfährt, dass seine geliebte Mercédès mittlerweile mit seinem Rivalen verheiratet ist, beschließt er sich an denen zu rächen, die ihm damals alles genommen haben. Es ist ein so spannender Stoff, den Alexandre Dumas (der Ältere) geschrieben und den Frank Wildhorn als Musical komponiert hat. Im Bühnenbild von Hartmut Schörghofer wirken die Figuren wie aus einem Bilderbuch. Es sind opulente Kostüme, eine unglaublich wandlungsfähige Bühne, mitreißende Musik und eine actionreiche Handlung. Ein Abenteuer für die ganze Familie mit Kindern ab 12 Jahren.

Ein sehr ungleiches Paar

Ein Spaß für die ganze Familie ist auch die neue JUB!-Produktion „Ein Schaf fürs Leben„, das am Sonntag, den 22. September Premiere feiert und unseren Premierenmarathon abrundet. Nachher ist die erste Hauptprobe im Jungen Theater am Elbinger Platz und da heute auch die Fotos für Presse, Website und das Programmheft gemacht werden, gehe ich ebenfalls hin. Es ist erstaunlich, mit welcher Hingabe sich Leon Wieferich und Severine Schabon, die neu im JUB!-Ensemble ist, sich in ihre Rollen stürzen. Wolf (Severine Schabon) hat Hunger und findet in Schaf (Leon Wieferich) eine geeignete Mahlzeit, denkt sie. Aber Schaf weiß gar nicht, das Wölfe Schafe fressen und Angst haben müsste. Und so hat er keine und geht ganz neugierig auf Wolf zu. Die Annäherung der beiden ist hinreißend und komisch. Und das schon in den ersten Minuten.

Severine Schabon (Wolf), Leon Wieferich (Schaf) – (c) Manja Herrmann

Die beiden sind so unterschiedlich, aber je besser sie sich kennenlernen, je mehr sie miteinander unternehmen, desto mehr mögen sie sich. Wolf bekommt zunehmend Gewissensbisse und will Schaf gar nicht mehr fressen wollen.

Es kann jeden Menschen bereichern, wenn er offen ist, sich auf neue Erfahrungen einzulassen.

Tanja Spinger, Leiterin Junges Theater – JUB!

Tanja Spinger, Leiterin des JUB! und Dramaturgin dieser Produktion erzählt mir, dass es im weiteren Sinne auch um den Umgang mit Andersartigkeit geht und dass einen so eine Begegnung verändern kann. Das zeigt auch die schöne Metapher mit dem Ort Erfahrungen: Es kann jeden Menschen bereichern, wenn er offen ist, sich auf neue Erfahrungen einzulassen. Und das finde ich eine sehr schöne Botschaft. Für Kinder ab fünf Jahren, aber auch für alle anderen. Die Fotoprobe ist vorüber und ich muss zurück ins Theater am Theodor-Heuss-Platz und mich ans Programmheft setzen. Aber die Eindrücke an eine zauberhafte Geschichte bleiben und ich weiß schon, welches Stück ich als nächstes mit meiner Tochter besuche.

[bre_box title=“Auf einen Blick“ style=“soft“ box_color=“#002c4c“ radius=“5″]ICH, FEUERBACH
nach Tankred Dorst
PREMIERE am 20. September, 19:30 Uhr / Kleines Haus
WEITERE TERMINE: 27.09.2019 / 06.10.2019 (15:00 Uhr) / 17.10.2019 / 26.10.2019 / 03.11.2019 (15:00 Uhr) / 29.11.2019 / 12.12.2019

DER GRAF VON MONTE CHRISTO
Musical von Frank Wildhorn
PREMIERE am 21. September, 19:30 Uhr / Großes Haus
WEITERE TERMINE: 29.09.2019 / 06.10.2019 (15:00 Uhr) – ausverkauft / 13.10.2019 / 26.10.2019 / 31.10.2019 / 16.11.2019 / 24.11.2019 / 30.11.2019 / 06.12.2019 / 31.12.2019 (19:00 Uhr) / 08.01.2020 / 18.01.2020 / 24.01.2020 / 19.02.2020 / 28.02.2020 / 21.03.2020 / 12.04.2020 (15:00 Uhr) / 10.06.2020

EIN SCHAF FÜRS LEBEN
nach dem Buch von Maritgen Matter / ab 5 Jahren
PREMIERE am 22. September, 16:00 Uhr / JUB! (Columbusstr. 2 / Elbinger Platz)
WEITERE TERMINE findet ihr unter www.stadttheaterbremerhaven.de[/bre_box]

Frau am Schreibtisch
Kristin Niemann

Leitung Marketing & Öffentlichkeitsarbeit am Stadttheater Bremerhaven

Mich hat das Theater schon als Kind in seinen Bann gezogen. Theater, das ist für mich Faszination gepaart mit Leidenschaft.

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