Unterwegs zu Geheimnissen über Bremerhaven

Bremerhaven blickt auf eine vergleichsweise kurze Geschichte zurück. Das macht sie aber nicht weniger spannend. Bremerhaven wurde gegründet als Hafen von Bremen. Bremen war einflussreiche […]

Der Bangert Bau des Deutschen Schifffahrtsmuseums liegt rechts im Bild. Es wird die ganze Fensterfront mit dem neuen Schriftzug "Schiffswelten Der Ozean und wir" gezeigt. Darüber ist blauer Himmel mit einigen weißen Wolken. Die Sonne blitzt im Fenster des Gebäudes.
28. Juni 2021
3 min Lesezeit

Bremerhaven blickt auf eine vergleichsweise kurze Geschichte zurück. Das macht sie aber nicht weniger spannend. Bremerhaven wurde gegründet als Hafen von Bremen. Bremen war einflussreiche und weltweit verbundene Handelsstadt mit großer Bedeutung für den Kolonialismus. Zum ersten Mal in der Stadt stellte sich mir darum schnell die Frage: Welche kolonialen Spuren lassen sich in Bremerhaven finden?

Christoph Kolumbus legte den Grundstein für die neuzeitliche Kolonialisierung des amerikanischen Kontinents und ist in Bremerhaven allgegenwärtig. Sein Wirken ist eng mit Völkermord und Unterdrückung verbunden. Kolumbus begegnet Besuchern als Statue, Einkaufszentrum, Straße, Kindergarten, Kaje oder Hafen. Warum ist das eigentlich so? Das Projekt geht dieser Frage nach. (c) Birte Wiebe

Koloniale Spuren führen ins heute

Europäische Länder verfolgten im 19. Jahrhundert weltweite Kolonialprojekte. Auf dem asiatischen und afrikanischen Kontinent bestanden Deutsche Kolonien. Reedereien, Geschäftsleute, Soldaten, Händler und Privatpersonen standen in einer engen Verbindung zu diesen Kolonien. Verbunden war dieser meist einseitige Kontakt mit brutaler Gewalt und Ausbeutung. Die Kolonien selbst gibt es nicht mehr. Die Auswirkungen des Kolonialismus sind jedoch bis heute zu finden.

Auch in Bremerhaven lassen sich sehr viele unterschiedliche (post-)koloniale Spuren finden. Aber schnell musste ich feststellen: Informationen zu der Rolle Bremerhavens im Kolonialismus sind nur nur stückchenweise und mit viel Recherche zu finden. Bisher spielt diese historische Verbindung der Stadt keine Rolle. Mit dieser Feststellung war ich nicht allein und wurde Teil einer kleinen Gruppe.

Ziel: Stadtspaziergänge zu kolonialen Spuren

Unser Ziel: Bremerhavens koloniale Geschichte und postkoloniale Strukturen aufarbeiten, erlebbar machen und in Stadtspaziergängen mit Interessierten unbekannte Geheimnisse der Stadt lüften.

Ein Obelisk auf einem Friedhof – verwittert und ohne Erklärung. Welche koloniale Geschichte mit diesem Stein im Süden der Stadt verbunden ist kann digital und vor Ort entdeckt werden. (c) Birte Wiebe

“Wir” – das ist bisher eine kleine Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen Einrichtungen. Die Projektgruppe besteht aus Marie Grünter (Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven), Karolin Leitermann (Deutsches Schifffahrtsmuseum) und Marie Scheffler (Historisches Museum Bremerhaven), Birte Wiebe (Lehrerin).

Im bundesweiten Projekt “Dekoloniale. Erinnerungskultur in der Stadt” widmeten wir uns einem postkolonialen Blick auf Bremerhaven. Gefördert wird das Projekt vom Land Bremen als Zusammenarbeit vieler Städten. Gemeinsam wird eine digitale Ausstellung von (post-)kolonialen Spuren entstehen. So können digitale oder reale Stadtspaziergänge in den Städten unternommen werden. Ein erster Blick bietet sich hier. Im Herbst werden erste Bremerhavener Spuren online sein. Wir werden berichten.

Ortstermine für Bremerhavens versteckte Geschichte

Eine erste Recherche zeigte uns: Personen, Orte und Ereignisse mit (post-)kolonialen Zusammenhängen gibt es in Bremerhaven sehr viele. Manche von ihnen sind sehr offensichtlich und vielen Menschen bekannt. Andere liegen eher versteckt und nur wenige Menschen kennen die Zusammenhänge. Und auch einige bekannte Orte verbergen spannende Geschichten.

Noch gibt es viel zu tun. WIr sind weiter auf der Suche nach spannenden Erzählungen, Orten und Personen, die die kolonialen Verbindungen Bremerhavens abbilden.

Viele Orte mit kolonialgeschichtlicher Verbindung in Bremerhaven haben wir schon gefunden. Zu einigen bereits umfassende Informationen gesammelt. (c) Birte Wiebe, © Karten: OpenStreetMap contributors

Im Oktober werden wir in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Ortstermine anbieten. Direkt vor Ort entdecken wir Geschichte und kommen miteinander ins Gespräch. Informationen und Anmeldung über das Stadtarchiv Bremerhaven sind hier möglich.

Neben dem Digitalen möchten wir auch in klassischen Stadtrundgängen (zu Fuß oder mit dem Fahrrad) die (post)-kolonialen Verbindungen Bremerhavens erkunden. Die Touren bieten interessante Einblicke für Bremerhavener*innen und Tourist*innen. Denn entlang bekannter Orte am Alten und Neuen Hafen, in der Stadtmitte und am Stadtrand warten viele Geheimnisse darauf, gelüftet zu werden.

Für Touren zu Fuß oder per Rad kontaktiere uns gern direkt: dekolonial.bhv@gmail.com

Text: Birte Wiebe

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Der Bangert Bau des Deutschen Schifffahrtsmuseums liegt rechts im Bild. Es wird die ganze Fensterfront mit dem neuen Schriftzug "Schiffswelten Der Ozean und wir" gezeigt. Darüber ist blauer Himmel mit einigen weißen Wolken. Die Sonne blitzt im Fenster des Gebäudes.
Gastautor DSM

Das Deutsche Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte ist ein Haus im Wandel. Unsere Gastautor*innen blicken aus verschiedenen Perspektiven auf die Neuausrichtung unter dem Motto „Mensch und Meer“.
www.dsm.museum

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