Wenn ihr glaubt, Filz ist nur für Untersetzer, Pantoffeln oder kleine Basteleien gut, dann kennt ihr Maike Leja-Breitlauch und ihr Atelier filzblau noch nicht! In der Lindenallee 66 im Bremerhavener Stadtteil Wulsdorf betreibt die Künstlerin ihre Werkstatt für Filzkunst in den Räumen einer ehemaligen Bäckerei. Ich habe sie dort besucht.
Warum sie ihr Atelier filzblau genannt hat? Die Farbe Blau verbindet sie mit dem Himmel und dem Meer, die Farbe symbolisiert für sie das Freie. In Verbindung mit ihrer Leidenschaft für das Wollprodukt ergab sich der Name fast wie von selbst.
Nicht nur in blau…
In allen möglichen Farben leuchtet das Rohmaterial in ihrem Vorratsregal. Maike Leja-Breitlauch färbt ihre Wolle selbst. Sie verwendet verschiedene Wollsorten zur Filzherstellung, denn die Eigenschaften des Materials variieren, je nachdem von welcher Schafrasse sie stammen. Für jedes Kunstwerk, das sie erschaffen möchte, wählt sie die geeignete Wollsorte aus oder kombiniert mehrere Sorten miteinander. Einige Schafe haben „Naturlocken“, die sie gerne für Oberflächenstrukturen benutzt. Außerdem arbeitet sie in manche Stücke Fremdmaterialien wie glitzernde Fäden mit ein. Sie zeigt mir Seidenkokons, die sie manchmal einarbeitet. Mit gefärbten Seidenfäden setzt sie zum Beispiel besondere Akzente in Schals.
Traditionelle Technik
Unübersehbarer Mittelpunkt ihres Ateliers ist ihr Arbeitsplatz: ein großer Tisch mit einer erhöhten Kante, denn Filzen ist eine nasse Angelegenheit. Filz entsteht durch die mechanische Bearbeitung der Wolle. Zunächst legt die Künstlerin gezupfte Wolle auf einem Stück Luftpolsterfolie zurecht, kreuzweise übereinander in der benötigten Form und Menge. Dann werden in einer weiteren Schicht Muster oder Motive aufgebracht. Die Dicke der Wollschicht richtet sich nach der gewünschten Dicke des späteren Filzes.
Die so vorbereitete Wolle wird mit Hilfe von warmem Wasser und Seife mit den Händen zunächst unter sanftem Druck vorsichtig gerieben. Wenn sich die Strukturen gefestigt haben, kann der Filz gewalkt werden. Das geschieht beispielsweise, indem der Filz in die Luftpolsterfolie eingerollt und mit Druck hin- und her gerollt wird. Dadurch verbinden sich die Wollfasern untereinander so stark, dass sie nicht mehr zu lösen sind. Die Schafwolle schrumpft dabei ein gutes Stück und es entsteht ein festes textiles Gewebe.
In der Schleuder geht es rund
Wenn der Filz die gewünschte Festigkeit erreicht und die gewünschte Form angenommen hat, werden die fertigen Kunstwerke ausgewaschen und mit Essigwasser gespült. Anschließend kommen sie in eine etwas altertümlich anmutende Schleuder, die die überschüssige Flüssigkeit herauspresst. Zuletzt müssen die Kunstwerke noch in Form gebracht werden. Dabei greift die Künstlerin manchmal in die Trickkiste. Für die Körbchen benutzt sie beispielsweise aufgeblasene Luftballons, damit später alles makellos glatt und rund ist. Getrocknet bleiben die Werke dann perfekt in Form.
Neue Techniken ausprobieren
Bevor Maike Leja-Breitlauch das Filzen für sich entdeckt hat, hat sie sich durch Acryl-Malerei und durch das Modellieren in Ton künstlerisch ausgedrückt. Die Schafwolle bietet für sie eine Kombination aus beidem. Sie verbindet die traditionelle Technik der Filzherstellung mit kreativen und künstlerischen Elementen der Gestaltung. Und die Künstlerin experimentiert gerne. Sie hält einen langen grauen Tischläufer hoch, den sie gefilzt hat. Der Läufer wurde anschließend von ihr mit weißen Buchstaben bedruckt. Durch die Kombination dieser beiden Techniken ist ein reizvolles Unikat entstanden.
Maike Leja-Breitlauch könnte sich gut vorstellen, dieses Experiment zu wiederholen. Sie ist darüber im Gespräch mit der Künstlerin Sandra Jakobs, die ihr Druck-Atelier edition Schwarzarbeit gleich um die Ecke in der Mörkenstraße 3 betreibt. Auch mit vielen anderen Künstlerinnen und Künstlern der Stadt ist Maike Leja-Breitlauch, die mittlerweile Mitglied der Künstlervereinigung Die Arche ist, gut vernetzt.
Achtung, Anteckungsgefahr!
Die Filzgestalterin hat ihr Handwerk von der Pike auf gelernt. Drei Jahre lang hat sie sich an der Filzschule in Oberrot nebenberuflich weitergebildet und so fundiertes technisches Fachwissen erworben. Ihre Leidenschaft für die Filzkunst ist seither nicht abgekühlt. Täglich arbeitet sie in ihrem Atelier an neuen Werken. Und sie gibt ihr Wissen gerne weiter: Regelmäßig bietet die sympathische Frau, die 2008 der „Filzvirus“ gepackt hat, in ihrem Atelier Kurse für Laien an. In kleinen Gruppen können Kinder und Erwachsene in das Handwerk für sich entdecken. Mit der richtigen Technik lassen sich schon in einem Wochenendkurs schöne Erfolge erzielen und die Teilnehmer können ihre fertigen Filzkunstwerke zu Hause präsentieren.
Eine Welt aus Filz
Besonders gerne fertigt Maike Leja-Breitlauch Körbe an. Viele auch mit maritimen Motiven: Sie arbeitet zum Beispiel Anker, Windrosen, Schiffe oder Fische in ihre Werke ein. Mit ihren Kunstwerken beliefert die Filzgestalterin sogar eine Galerie in Essen. Aber sie erfindet die Filzkunst auch immer wieder neu und lässt ihre Fantasie spielen. In einem Regal in ihrem Atelier sind kleine Miniaturwelten zu entdecken, die sie „Tassenwelten“ nennt. Mit einem Augenzwinkern besetzt sie die Tassenwelten mit kleinen passenden Figuren. Daneben stehen filigrane Windlichter aus transparentem Filz. Die Wände schmücken großflächige Wandbilder – natürlich aus Filz!
Während wir uns unterhalten, kommt eine Kundin in das Atelier, um eine Bestellung abzuholen. Frau Leja-Breitlauch hat von ihr den Auftrag bekommen, blaue Filzclogs in Größe 43 zu fertigen. Ähnliche Clogs hat sie im Internet entdeckt und dann Frau Leja-Breitlauch gebeten, so etwas für sie herzustellen. Die Kundin ist begeistert von dem Ergebnis und trägt die neuen Schuhe glücklich nach Hause.
Atelierluft schnuppern
Maike Leja-Breitlauch nimmt übrigens am Tag des offenen Ateliers 2018 teil, der am 2. September von 11 – 18 Uhr stattfindet, ebenso wie Sandra Jakobs. Insgesamt 25 Künstlerinnen und Künstler aus Bremerhaven öffnen an diesem Tag die Pforten ihrer Ateliers und geben euch einen Einblick in ihre kreative Schaffenswelt. Das ist eine einmalige Gelegenheit, den Künstlerinnen und Künstlern über die Schulter schauen, etwas über ihre Arbeitsweisen zu erfahren, mit ihnen ins Gespräch kommen und herauszufinden, wie aus einer Idee ein Kunstwerk wird. Und ein Abstecher nach Wulsdorf lohnt sich!
Maike Leja-Breitlauch
Lindenallee 66
27572 Bremerhaven
Öffnungszeiten des Ateliers:
Mi. und Fr. 10.00 – 13.00 Uhr oder nach Vereinbarung
Kontakt:
maike@filzblau.de
Heike Uffenbrink
Ja, unbedingt sehenswert!
Denn Maike kombiniert Künstlerisches und Nützliches. Bei einer kleinen Ausstellung im Studio HAVENTANGO konnten z.B. zur Freude – insbesondere der Tänzerinnen – sehr schöne Accessoires wie Taschen, Broschen, Pulswärmer erworben werden. Heike Uffenbrink, Studio HAVENTANGO, Bremerhaven