Wie ein Kamerateam mir den tieferen Sinn der Tiere im Klimahaus nahe bringt.
Nun stehe ich als neuer Mitarbeiter endlich in der für mich bis dahin verschlossenen Quarantänestation des Klimahauses. Hier wohnen Tiere, die entweder – genau wie ich – neu sind oder besondere Aufmerksamkeit brauchen. Auch Tiere, die niemals in der Ausstellung zu sehen sein werden. Dazu zählen die drei asiatischen Baby-Skorpione, die der Zoll im September mit ihrer Mutter im Klimahaus abgegeben hat. Sie fesseln die Aufmerksamkeit des NDR-Filmteams, das ich bei einem Recherchebesuch durch das Klimahaus begleite. Ihr Thema: Tierische Fundstücke des Zolls landen regelmäßig im Klimahaus.
Aber das ist das Thema des Filmteams, ich selbst nutze die Zeit hinter den Kulissen, um neue Eindrücke zu sammeln. Und die sind zahlreich, denn an diesem Tag ist für mich so gut wie alles neu: Mein erstes Mal hinter den Kulissen des Klimahauses bei Fischen, Echsen und Co. Mein erstes Mal mit einem NDR-Filmteam und meine erste Live-Fütterung von asiatischen Baby-Skorpionen. So viele Premieren auf einmal – für euch aufbereitet und präsentiert auf diesem ebenfalls neuen Blog.
Schweiß und Baby-Skorpione
Während die Filmcrew sich der Baby-Skorpion-Fütterung widmet, lasse ich die Quarantänestation auf mich wirken. Es ist warm, die Luft fühlt sich feucht an und nach einiger Zeit bildet sich ein Film auf der Haut. In der Luft hängt ein dumpfer Geruch nach Walderde, Tieren und Tierfutter. Je länger Kameramann, Kameraassistent und Reporter drehen, desto mehr Kleidung legen sie ab. Die Informationen saugen sie auf wie der Stoff den Schweißfilm. Sie lernen unter anderem, dass die Skorpione zu den Ovoviviparen gehören – den Lebewesen, die als Ei im Mutterleib ausgebrütet und dann lebend geboren werden. Solche Termine seien für sie auch nach vielen Jahren im Beruf noch immer etwas Besonderes, bestätigt Kameramann Jens Saathoff. Solche Termine brennen sich ein.
Tiefenentspannt trotz Schlangen und Spinnen
Ich betrachte die Tiere in den Terrarien und Aquarien um mich herum. Eine Schlange imitiert einen Ast, unbeweglich seit unserem Eintreten. Ein Einsiedlerkrebs winkt mit seinen Antennen rhythmisch vom immer gleichen Ort aus seinem Schneckenhaus. Ein Steinfisch macht das, was er am besten kann: Er tut, als wäre er ein Stein. Bewegungslos. Nach einer halben Stunde bin ich tiefenentspannt, wie die mich umgebende Tierwelt. Ich habe das Gefühl, Herzschlag und Atmung sind so weit herunter gefahren, dass ich mich für einige Monate ohne Essen in eine Höhle zum Winterschlaf zurückziehen könnte. Nicht einmal die Spinnen können das ändern. Die Tiere seien so ruhig, weil sie wüssten, dass sie von der Welt hinter der Glasscheibe nichts zu befürchten hätten, erklärt mir Lutz Fischer, Leiter der Aquaristik und Terraristik. Das leuchtet mir ein.
Schildkröten-Ballett für die Kamera
Kein Besucher geht an diesem Tag an der neugierigen und von Reporter David Römhild für „süß“ befundenen Senegal-Klappenweichschildkröte vorbei, ohne ihr etwas Aufmerksamkeit zu schenken. Während des gesamten Besuches schwimmt durchs Becken. In den kurzen Pausen drückt sie ihre rüsselförmige Nase an das Glas des Aquariums und beobachtet uns. Als Kameramann Jens Saathoff auf ihr Werben eingeht, vollführt sie ein vollendetes Schildkrötenballett, das es aus Zeitgründen leider nicht in die Sendung schaffen wird. Drei Minuten und 43 Sekunden wird der Beitrag am Ende lang sein. Pro Minute rechnet das Filmteam mit einer Stunde Aufnahme vor Ort und einer Stunde Schnitt.
Seltene und typische Tierarten
Wenn die Schildkröte sich eingewöhnt hat, und ein passendes Becken gefunden ist, zieht sie in die Ausstellung. Neue Heimat: Kamerun in Bremerhaven. Die asiatischen Fund-Skorpione vom Zoll müssen das Klimahaus wieder verlassen, denn sie passen nicht in die Tierwelt der im Klimahaus gezeigten Orte entlang des 8. Längengrades. Mehr Glück hatte ein anderes Fundtier: Ein in einem Container von Hafenarbeitern gefundener Mittelmeer-Mauergecko wird in Kürze in die Ausstellung ziehen. Wie die in seiner zukünftigen Wohngemeinschaft im Sardinien Bremerhavens lebenden Eidechsen kommt er ursprünglich aus der Mittelmeerregion.
Der tiefe Sinn
Am Ende des Termins habe auch ich viel gelernt – über Kamerateams, darüber wie schwierig es ist, für das Klimahaus die richtige Kleidung zu finden und über die hier lebende Tierwelt. Die wichtigste Erkenntnis: Das Besondere an den Tieren des Klimahauses ist nicht, dass sie besonders selten und einzigartig sind – jedenfalls nicht alle. Sie kommen an den im Klimahaus dargestellten Orten vor und vermitteln den Besuchern einen Eindruck vom dortigen Leben. Wie die Bewohner des Korallenriffs im Ausstellungsbereich Samoa sind ihre Lebensräume allerdings vom Klimawandel betroffen. Laut Lutz Fischer ist genau das der tiefere Sinn der Tiere im Klimahaus: „Die Tiere sollen den Besuchern ein Gefühl dafür vermitteln, was auf dem Spiel steht.“
Weitere Informationen zum Klimahaus unter www.klimahaus-bremerhaven.de. Den fertigen Filmbeitrag des NDR aus „Hallo Niedersachsen“ vom 24. November 2017 um 19:30 Uhr findet ihr hier.
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