Tierbeschäftigung, auch „Enrichment“ genannt, ist bei uns im Zoo am Meer von großer Bedeutung. Tiere in der Wildbahn verbringen die meiste Zeit des Tages damit, Futter zu suchen, vor Feinden zu fliehen oder einen Partner zu finden. Ganz anders im Zoo. Hier bekommen unsere Zootiere regelmäßig ihr Futter, müssen sich keine Sorgen über mögliche Feinde und die Partnerwahl machen. Zootiere haben also viel mehr „Freizeit“ als ihre Artgenossen im natürlichen Lebensraum. Damit bei unseren Zootieren keine Langeweile aufkommt, muss diese freie Zeit sinnvoll genutzt werden. Unsere Tierpfleger sorgen jeden Tag durch Tierbeschäftigung und Tiertraining für viel Abwechslung. Über unser medizinisches Tiertraining haben wir bereits berichtet. Heute schaue ich mir an, wie unsere Tierpfleger, Annika und Marc, mit Spielzeug für die Keas Pinky und Maori für Beschäftigung sorgen.
Außergewöhnliche Intelligenz erfordert außergewöhnliche Kreativität
Keas sind in Neuseeland beheimatet und die einzigen Papageien, die auch mal gerne durch den kalten Schnee stapfen. Gerade im Winter ist das Nahrungsangebot karg. Doch für sie ist es ein leichtes, geschlossene Mülleimer auszuräumen, Leckereien aus Rucksäcken zu stehlen oder gleich eine ganze Restaurantküche zu plündern. Ihre natürliche Neugier, Intelligenz und Verspieltheit möchten Annika und Marc auch bei uns im Zoo fördern. Und so bauen unsere Tierpfleger immer wieder neues Spielzeug, um die Vögel geistig und körperlich zu fordern und sie zur gemeinsamen Interaktion anzuregen. Damit den beiden nicht langweilig wird, ist höchste Kreativität gefragt. Eine Liste von über 50 bewährten Spielzeugideen haben unsere Tierpfleger schon gesammelt und täglich kommen neue hinzu. Das Hauptmerkmal eines guten Spielzeugs? „Es soll alle Sinne ansprechen. Und die Keas sollen sich möglichst lange, am besten den ganzen Tag, damit beschäftigen“, klärt Annika mich auf. Inspirationen für neues Spielzeug kommen oft auch von Tierpflegern aus anderen Zoos. Da hilft es, dass sie über soziale Netzwerke miteinander vernetzt sind und Ideen immer wieder austauschen.
Es regnet Leckerlies
Mit einer leuchtend rosafarbenen Gießkanne bewaffnet sind Annika und Marc auf dem Weg zur Werkstatt. Die heutige neue Spielzeugidee kommt von unserer Robbenpflegerin Carmen: Sie beobachtete bei einem Zoobesuch wie sich Keas an einer mit Wasser gefüllten Gießkanne erfreuten. Diese war im Gehege aufgehängt und eine an ihr befestigte Schnur führte zum Boden. Die Keas konnten an dieser Schnur ziehen, die Gießkanne neigte sich Richtung Boden und die Keas wurden mit einer erfrischenden Dusche belohnt. „Heute ist es definitiv zu kalt für eine Dusche“. Marc greift begeistert nach dem Akkuschrauber. „Aber wir wandeln die Idee einfach um und nutzen Sämereien statt Wasser“. Ein Regen aus Leckerlies. Ich kann mir vorstellen, dass Pinky und Maori begeistert sein werden.
Ein ungewollter Lösungsansatz
Keine 10 Minuten später präsentieren Annika und Marc ihre Spielidee den Keas. Sie befestigen die Gießkanne an einem Haken im Gehege. Damit die Besucher die Keas aus der Nähe beobachten können, befindet sich der Haken direkt über der Besucherscheibe. Die Gießkanne weckt sofort die Aufmerksamkeit der Keas. Pinky und Maori beäugen diese neugierig noch bevor Marc sie richtig befestigt hat.
Annika und Marc sehen gespannt zu, wie die Keas die neue Spielidee annehmen. Es dauert nur ein paar Minuten, da hat Maori herausgefunden, wie er die Kette vom Haken löst und die Gießkanne fällt polternd zu Boden. Nun ist es ein leichtes für Pinky und Maori an die Sämereien zu kommen.
So war das natürlich nicht gedacht. Die Keas sollten die Sämereien nicht alle auf einmal fressen, sondern sich kleine Portionen über den Tag verteilt „erarbeiten“. Ich bin trotzdem beeindruckt, wie gewitzt die beiden Papageien sind. Annika und Marc lassen sich davon nicht unterkriegen. Neue Spielideen müssen eben erst ausprobiert und dann gegebenenfalls angepasst werden.
Mit viel Tüftelei am Ziel
Annika und Marc flitzen zurück zur Werkstatt. Statt die Kette am Haken zu befestigen nutzen sie nun eine geschlossene Öse, an die sie die Kette mit Hilfe eines Schäkels befestigen. Nun können Maori und Pinky die Gießkanne mit ihren geschickten Schnäbeln nicht mehr lösen.
Aber die neue Spielidee erfordert noch mehr Improvisation und handwerkliches Geschick: Erst als Maori endlich mit seinem Schnabel an der Kette zieht, merken die Tierpfleger, dass die horizontal aufgehängte Gießkanne nicht genug Neigung bekommt, damit überhaupt Sämereien herausrieseln. Doch auch dieses Problem ist schnell behoben. Marc bohrt ein weiteres Loch in die Gießkanne und hängt sie nun mit einer stärkeren Neigung auf. Beim nächsten Versuch klappt es und Maori und Pinky können nun den restlichen Tag gemeinsam die Leckereien im Innern der Gießkanne erobern.
Tipp: Der Besitz einer Jahreskarte ermöglicht es euch, so oft wie Ihr die Zeit findet, neue Spielzeuge bei unseren Tieren im Einsatz zu beobachten. Die Kosten liegen bei 40 Euro für eine Einzelkarte oder 70 Euro für eine Familienkarte. Entscheidet Ihr erst während des Zoobesuchs, eine Jahreskarte zu erwerben, wird Euch an diesem Tag der bereits gezahlte Preis für das Tagesticket angerechnet.
Noch mehr zum Thema Tierbeschäftigung im Zoo am Meer findet ihr auf unserer Website.
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