,

Theaterzauber zur Weihnachtszeit

Wenn die Tage kürzer werden, es draußen nass, kalt und grau ist und so gar nicht mehr richtig hell werden will, wenn man die ersten […]

Avatar-Foto
30. Nov. 2017
5 min Lesezeit
Mehrere Schauspieler:innen und Musiker stehen und sitzen in verschiedenen Kostümen auf der Bühne vor blauem Hintergrund.

Wenn die Tage kürzer werden, es draußen nass, kalt und grau ist und so gar nicht mehr richtig hell werden will, wenn man die ersten Kerzen anzündet und es sich so richtig gemütlich macht, dann kann mich wenig rauslocken aus der heimeligen Wohnung. Vielleicht noch die bunten Lichter und verführerischen Gerüche vom Weihnachtsmarkt – ansonsten werden Aktivitäten bis auf weiteres nur noch drinnen geplant. Gerade im Theater läuft der Betrieb zur Weihnachtszeit auf Hochtouren. Neben Musicals, Opern, Konzerten, Ballettaufführungen und Schauspielstücken für das erwachsene Publikum, werden täglich auch Busladungen voll Kindern vor dem Theater ausgekippt, die sich PINOCCHIO anschauen, denn:

Winterzeit heißt Märchenzeit!

Dann gehe ich besonders gerne und oft ins Theater. Die Menschen machen sich zur Weihnachtszeit immer etwas schicker. Auch wenn es entgegen mancher Meinung, ins Theater dürfe man nur in Abendgarderobe gehen, heutzutage völlig okay ist, sich in Alltagsklamotten in den Zuschauersaal zu setzen, stimmt es einen doch festlicher. Und wenn erst der große Tannenbaum im Foyer aufgestellt wird, komme auch ich so richtig in Weihnachtsstimmung.

Weihnachtsstimmung im Stadttheater: Wenn der Tannenbaum geschmückt im Foyer steht
Weihnachtsstimmung im Stadttheater. © Hilka Baumann

Ein Highlight ist jedes Jahr das Weihnachtsmärchen – wobei es strenggenommen als Familienstück zur Weihnachtszeit betitelt wird, denn ein Weihnachtsmann taucht nicht auf in der diesjährigen Inszenierung PINOCCHIO, bei der der Argentinier Marcelo Díaz Regie geführt hat. Trotzdem gehört es irgendwie dazu, sich im Advent ein Schauspiel für Kinder anzuschauen, versetzt es viele Erwachsene doch immer wieder ein Stück weit in ihre eigene Kindheit. Die Vorfreude auf Weihnachten, die imposante Bühne – die besondere Theateratmosphäre, die einen als Kind ganz ehrfürchtig werden ließ…

Leuchtende Kinderaugen

Heute geht mir das Herz auf, wenn ich um mich herum die vielen begeisterten Kinder sehe. Auch sonst schaue ich mir natürlich alle Premieren der Kinder- und Jugendstücke im JUB! – dem Jungen Theater Bremerhaven am Elbinger Platz – an. Aber besonders zur Adventszeit kann man sich selbst gut in diese kindliche Euphorie zurückversetzen, lässt sich gerne verzaubern von den Märchen auf der Bühne und mitreißen von den Reaktionen der Kinder um einen herum. Und da wird gezuckt, mitgefiebert, aufgesprungen und gebrüllt, wenn Pinocchio auf den Rat von Kater und Fuchs hin seine Goldtaler vergräbt, um sie vermeintlich zu vermehren:

„Pinochio! Komm zurück! Die haben dein Geld geklaut!“

– so dass es für die Schauspieler manchmal schwer ist, gegen die aufgebrachte Meute von gut 500 Kindern anzukommen. Es ist beeindruckend, wie es das Konzept, das vom szenischen Spiel und der live auf der Bühne erzeugten Akustik getragen wird, schafft, ohne große Bühnenaufbauten und Requisiten die kleinen wie großen Zuschauer mitzunehmen. Und das ist doch das Tolle, wenn wir Theater wieder so erleben können wie als Kind. Wenn unsere eigenen – inneren – Kinderaugen wieder groß werden und zu leuchten beginnen, weil wir etwas spüren oder sehen, was real gar nicht existiert.

Blick vom Schnürboden aus ca. 19 Metern Höhe auf die Bühne: So hoch werden die Bühnenbilder gezogen, wenn sie vor den Augen der Zuschauer im „Himmel“ verschwinden.
Blick vom Schnürboden aus ca. 19 Metern Höhe auf die Bühne: So hoch werden die Bühnenbilder gezogen, wenn sie vor den Augen der Zuschauer im „Himmel“ verschwinden. © Hilka Baumann

Bei PINOCCHIO wird die ganze Sound-Kulisse live auf der Bühne von den Schauspielern selbst hergestellt. Das heißt, während Gepetto Pinocchio schnitzt, wird das Geräusch dazu von den Kollegen auf den Seiten der großen Bühne erzeugt – wie bei einem Hörbuch oder in der Film-Postproduktion.

Requisiten wie Hammer, Münzen und Streichhölzer werden von den Darstellern nicht im Spiel, sondern von den Kollegen zeitgleich am Akustik-Tisch benutzt, die damit eine zauberhafte Klang-Kulisse zu erzeugen.
Requisiten wie Hammer, Münzen und Streichhölzer werden von den Darstellern nicht im Spiel, sondern von den Kollegen zeitgleich am Akustik-Tisch benutzt, die damit eine zauberhafte Klang-Kulisse zu erzeugen. © Hilka Baumann

Wenn Pinocchio Feuer macht, wird die Streichholzschachtel an der „Sound-Bar“ direkt unter dem Mikrofon synchron zu Pinocchios Bewegungen auf der Bühne betätigt. Wenn das Feuer brennt, knistern dazu zwei Schauspieler im Halbdunkel an der Seite an Blasenfolie herum. Man sieht permanent, wie die Geräusche gemacht werden – aber vergisst die Nebenkulisse sofort wieder, wenn man von der Handlung im Zentrum der Bühne in den Bann gezogen wird… und spürt durch diesen zusätzlich verstärkenden Sinneseindruck förmlich die Hitze des knisternden Feuers!

Instrumente für die Musik bei PINOCCHIO: Gläser, Schlagwerk und ein Kinderklavier, im Hintergrund die Windmaschine.
Instrumente für die Musik bei PINOCCHIO: Gläser, Schlagwerk und ein Kinderklavier, im Hintergrund die Windmaschine. © Hilka Baumann

Das Geräusche-Erzeugen hat übrigens eine lange Tradition am Theater. In der historischen Aufführungspraxis bediente man sich gerade für Naturgewalten genau dieser Mittel: Dünne Bleche, die Regen und Blitze imitieren, dumpfe Paukenschläge für Donner-Geräusche und Effektmaschinen, z.B. eine Art hölzerne Drehorgel, die mit Tuch bespannt ist und durch das Drehen ein Windgeräusch erzeugt – wie es auch bei PINOCCHIO zu sehen und hören ist. Früher waren diese Geräte für das Publikum nicht zu sehen, und waren somit schon damals die ganz besonderen special effects des Theaters.

Theater verzaubert – immer wieder!

Ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele Stücke ich in den letzten Jahren berufsbedingt gesehen habe, und davor schon, aus rein privatem Interesse. Aber gerade die Backstage-Arbeit, die Zaubermittel, die Theatertechnik – vom Bühnenbild über Requisite und Kostüm bis hin zur Maske – das bleibt immer noch spannend und faszinierend für mich, daran kann ich mich nicht satt sehen!

 

[bre_note note_color=“#0e78ad“ text_color=“#ffffff“]

PINOCCHIO wird noch bis zum 26. Dezember 2017 im Stadttheater Bremerhaven aufgeführt. Für Familien empfehlen sich die Vorstellungen am Sonntag, dem 10. Dezember um 11:00 und 14:00 Uhr, am Sonntag, dem 17. Dezember um 11:00, 14:00 und 16:00 Uhr sowie am 26. Dezember um 16:00 Uhr. Der Eintritt kostet zwischen 8 und 14 Euro.

Wer an weiteren Blicken hinter die Kulissen interessiert ist und sehen möchte, wie das Theatermachen backstage funktioniert, kann an einer monatlich stattfindenden THEATERFÜHRUNG teilnehmen. Karten à 3 Euro gibt es an der Theaterkasse oder online.  Alle aktuellen Termine sind zu finden unter www.stadttheaterbremerhaven.de/spielplan. [/bre_note]

Avatar-Foto
Hilka Baumann

Die Arbeit hinter den Kulissen fasziniert mich immer wieder – hier berichte ich für euch über den bunten und spannenden Theateralltag aus Marketing u. Öffentlichkeitsarbeit am Stadttheater Bremerhaven (2016-2018)

https://dah-bremerhaven.de/

Bremerhaven im Blick

Mehr aus und über Bremerhaven …

Z mehr
Ein handgeschriebener Brief auf einem Tisch. Rechts daneben liegt ein Buch. Links steht eine Tasse Tee. Unten im Bild ist sind ein Füller und ein Tintenfass zu sehen.

7 min Lesezeit11. Juni 2020

Zwei Frauen in New York – Emma Lazarus am Fuße der Freiheitsstatue

Die Poesie war immer bei mir, wenn ich nicht wusste, wo ich stehe – wie eine gute Freundin. Als ich Anfang des Jahres nach Bremerhaven […]

Z mehr
Teeseminar Teetassen

2 min Lesezeit9. März 2020

Zum Teeseminar nach Bremerhaven

Nicht nur Menschen wandern aus und ein – auch Speisen, Gewürze, Gerichte und Getränke. Auf welchen Wegen Lebensmittel in anderen Ländern oder bei uns eine […]

Z mehr
Im großen Garten sitzen mehrere Personen auf Bänken, Campingstühlen, Liegen... und genießen die Sonne

8 min Lesezeit13. Mai 2021

Zu Gast im Garten hinter Alberts Huus

Ganz oben im Norden von Bremerhaven gibt es einen Garten, den man wirklich kennen sollte und den ich für Euch besucht habe. Der Garten liegt […]

Z mehr
Figuren vom Eisbären, Pinguin und Schimpansen machen auf den weltweit benötigten Artenschutz aufmerksam.

5 min Lesezeit11. Mai 2023

Zoo-Engagement für den Artenschutz

Ein Engagement von Zoos im Natur- und Artenschutz ist wichtiger denn je: Jeden Tag verschwinden Arten für immer von unserem Planeten. Das Ökosystem Erde ist […]