Am Anfang stand nur das Thema: Bremerhavener Werbestrategien. Ein Ausstellungsthema, hinter dem weit mehr steckt, als man zunächst vermuten würde. Das erkannten wir während der beinahe einjährigen Vorbereitungszeit unserer neuen Sonderausstellung über Slogans und Wahrzeichen im Historischen Museum Bremerhaven. Denn Werbung umgibt uns täglich, prägt unsere Wahrnehmung, beeinflusst unsere Entscheidungen. Sie spielt mit Emotionen, konstruiert Bilder und erzählt Geschichten. Wie eine Stadt für sich wirbt, beeinflusst so ihr Image nach außen, prägt aber auch ihr Selbstbild. Die Geschichte der Werbung Bremerhavens ist daher auch die Geschichte einer städtischen Identität.
Slogans und Wahrzeichen
„Brücke nach Übersee“, „Stadt der Hochseefischerei“, „jung, modern, weltoffen“ oder „Meer erleben!“ – diese Slogans haben wir alle schon einmal gehört. Der Matrose Hein Mück, freche Möwen und majestätische Leuchttürme prägen das Bild von Bremerhaven auf Broschüren, Plakaten und im Internet. Doch woher kommen diese Slogans und Wahrzeichen eigentlich? Aus welchen Zeiten stammen sie? Was sagen sie über Bremerhaven aus? In 15 Zeitstationen und 8 Themeninseln beleuchten wir die rund 190-jährige Geschichte der Werbestrategien Bremerhavens und seiner Vorgängergemeinden.
Erste Schritte und prominenter Besuch
Wir beginnen unsere Zeitreise, noch bevor Bremerhaven als Stadt überhaupt existierte: Mit einer Zeitungsannonce von 1827, in der Arbeiter für den Ausbau des „Bremer Havens“ gesucht wurden. Schon hier zeigt sich: Um eine Stadt gründen zu können, benötigt man Werbung. Bis zu 900 Arbeiter waren auf der Baustelle, die einmal Bremerhaven werden sollte, beschäftigt. Gelungenes Marketing! Und erfolgreich ging es weiter. Mit der Entwicklung der Dampfschifffahrt wurde das junge Bremerhaven bereits um 1840 zum beliebten Ziel für Tagesausflüge. Ein prominenter Gast dabei war Friedrich Engels, der sogar in einer Literaturzeitschrift von seinem Tagesausflug nach Bremerhaven berichtete.
Die Unterweserorte als Reiseziel
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründeten sich in den damals noch getrennten Unterweserorten Bremerhaven, Geestemünde und Lehe sogenannte Fremdenverkehrsvereine. Die Aufgabe dieser Vereine bestand in der überregionalen Werbung für die drei Orte als attraktive Reiseziele. Schon bald schlossen sich die Verkehrsvereine zum „Verkehrsverein Unterweser“ zusammen. Von nun an warben Bremerhaven, Geestemünde und Lehe gemeinsam und erste Slogans und Wahrzeichen entstanden. Diese orientierten sich an den Wirtschaftsfeldern der Orte: „Fischereihafen Geestemünde – Größte derartige Anlage des Kontinents“ oder „Bremerhaven – Ausgangspunkt des Bremischen Weltverkehrs“ waren frühe Slogans. Als Wahrzeichen etablierten sich stilisierte Fisch- und Passagierdampfer und als vereinendes Symbol der Leuchtturm „Roter Sand“. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde der Ausbau des Fremdenverkehrs zu einer Priorität in der Wirtschaftspolitik. Maßgeblich beteiligt war hier der Norddeutsche Lloyd. Die Unterweserorte erkannten das Potential der beeindruckenden Ozeanriesen des NDL gleichermaßen als Reisemittel und als Besichtigungsort und warben gezielt damit. Mit der „Unterweserwoche“ und der „Nordsee-Woche“ 1923 fanden erstmalig Festwochen für auswärtige Gäste statt.
Zwischen Tradition und neuen Wahrzeichen
Nach der Zäsur des Zweiten Weltkriegs standen die Zeichen im stark zerstörten Bremerhaven auf Wiederaufbau. Schon 1950 richtete die Stadt das Amt für Verkehrswerbung und Wirtschaftsförderung ein, um gezielt Standortmarketing zu betreiben und den Tourismus anzukurbeln. Ein großes Problem war die Wohnungsknappheit. Um überhaupt Gäste unterbringen zu können, mussten zunächst Beherbergungsmöglichkeiten geschaffen werden. Hier wurde Bremerhaven kreativ: Hotelschiffe wurden vorübergehend zur Lösung. In der Werbung griff die Stadt auf die beiden großen Wirtschaftsfelder der Vorkriegszeit zurück: Die Passagierschiffahrt und die Fischerei. Ab 1953 begrüßten die großen Slogans der 1950er und 1960er Jahre, „Brücke nach Übersee – Stadt der Hochseefischerei“, in Leuchtbuchstaben am Hauptbahnhof ankommende Gäste. Bei aller Tradition begann in den 1960ern aber auch ein frischer Wind zu wehen. Bremerhaven blickte optimistisch in die Zukunft. Mit dem Bau des Radarturms kam ein neues Wahrzeichen in die Stadt. Der Erwerb des Feuerschiffs ELBE 3 und der Bark SEUTE DEERN ging mit dem Gedanken einher, das Areal des Alten Hafens zu touristischen Zwecken zu nutzen. Die ikonischen Schiffe der 60er Jahre – ELBE 3, SEUTE DEERN und die Bremer Kogge – gaben das zukünftige Thema für den Alten Hafen vor: Die Schifffahrtsgeschichte.
Von Krisen und einem neuen Lebensgefühl
Columbus-Center, Deutsches Schifffahrtsmuseum, Waterkant-Woche, 150-Jahr-Feier und Windjammer-Paraden – es war ordentlich was los im Bremerhaven der 1970er Jahre. Der Strukturwandel in den maritimen Wirtschafsfeldern sorgte dafür, dass Bremerhavens alte Wahrzeichen nach und nach ihre Bedeutung verloren. An die Stelle der bisher wirtschaftsorientierten Slogans und Wahrzeichen trat nun ein Lebensgefühl: „jung, modern, weltoffen“. Der Slogan ist bis heute in Bremerhaven bekannt und versinnbildlichte seinerzeit den Wandel in der Stadt. Bremerhaven fühlte sich als junge Küstenmetropole. Dieses Image galt es, nach außen zu tragen. Eine Aufgabe, die ab 1975 das Büro Bremerhaven-Werbung übernahm. Maritime Großveranstaltungen und die Eröffnung des DSM lockten wahre Menschenmassen in die Seestadt. Spätestens mit dem endgültigen Einbruch der traditionellen Wirtschaftsfelder in den 1980ern und dem überragenden Erfolg der ersten SAIL 1986 war klar: Der Tourismus sollte zukünftig ein eigener Wirtschaftssektor in Bremerhaven werden. An diesem Ziel arbeitete Bremerhaven in den 1990ern mit Hochdruck. Mit dem Schaufenster Fischereihafen entstand ein erster touristischer Erlebnisort. Die Stadt startete viele verschiedene Werbe-Kampagnen, die überregional das Negativ-Image der Stadt bekämpfen und Reiselustige in die Seestadt locken sollten. Mit Erfolg: Die Tourismuszahlen stiegen.
Eine Neue Welt am Meer?
In den 2000er Jahren startete Bremerhaven touristisch durch. Die Havenwelten brachten einen neuen Hotspot in die Stadt und prägen bis heute maßgeblich die Skyline. Das Deutsche Auswandererhaus und das Klimahaus Bremerhaven 8° Ost lockten Besucher*innen in die Stadt und sorgten für überregionales Interesse. Dem anhaftenden Negativ-Image trat nun immer mehr Positiv-Aufmerksamkeit entgegen. Mit der Gründung der Erlebnis Bremerhaven GmbH bekam die Stadt eine eigene Gesellschaft für Touristik, Marketing und Veranstaltungen. Die Bemühungen der vergangenen Jahre tragen Früchte: Bremerhaven etabliert sich als lohnendes Ziel maritimer Städtereisen.
Noch meer los!
Dieser kleine Rundgang durch unsere Sonderausstellung deckt natürlich nicht alle Themen ab, die im Museum auf neugierige Besucher*innen warten. Viele spannende und kuriose Geschichten, freche Vögel, langjährige Maskottchen, beliebte und misslungene Kampagnen und tiefe Einblicke in eine bisher unerforschte Facette der Bremerhavener Stadtgeschichte wollen erkundet werden. Lieder und Interviews, Social Media und Mitmach-Stationen bereichern die Zeitreise. Was verbindet Ihr mit Bremerhaven? Welches Wahrzeichen steht für Euch für Bremerhaven? Welchen Slogan mögt Ihr am liebsten? Teilt es uns mit. Wir freuen uns auf Euren Besuch!
l[bre_box title=“Auf einen Blick“ style=“soft“ box_color=“#002c4c“ title_color=“#FFFFFF“ radius=“5″] Sonderausstellung “Bremerhavener Werbestrategien – Slogans und Wahrzeichen” – bis zum 31.10.2021 – Historisches Museum Bremerhaven – An der Geeste, 27570 Bremerhaven – Öffnungszeiten: Di-So 10-17 Uhr – Der Eintritt ist frei! – Termine für Führungen, Ferienprogramm und Vorträge [/bre_box]
Autorin: Marie Scheffler