Den Blick über das Wasser schweifen zu lassen, lässt mich immer wieder zur Ruhe kommen und innehalten. Und noch schöner ist natürlich ein Blick von hoch oben. Mit dem Rundumblick vom Radarturm kann ich ganz Bremerhaven, die Hafenanlagen, Weser und Geeste und sogar das Hinterland und das gegenüberliegende Weserufer sehen. Diesen Blick habe ich immer wieder von der Besucherplattform unseres Radarturms, wie wir Bremerhavener unseren Richtfunkturm nennen, genossen. Und hier in 70 Metern Höhe wirken selbst das gegenüberliegende Columbus Shopping Center oder die Große Kirche und die Schiffe im Museumshafen klein.
Einer muss den Überblick behalten – Rundumblick vom Radarturm
Tausende von Frachtern, Tankern, Autotransportern, Container- und Zubringerschiffe schippern Jahr für Jahr über die Weltmeere. Klar, dass Bremerhaven als zweitgrößter deutscher, und viertgrößter europäischer Hafen oft Ziel der Ozeanriesen ist. Und damit der immer dichter werdende Schiffverkehr reibungslos vonstatten gehen kann, ist es unerlässlich, jederzeit einen aktuellen Überblick über die Schiffbewegungen zu haben. Mit der modernen Technik im Radarturm werden diese Daten für die zuständigen Behörden und Lotsen erfasst. Wenn ihr nicht in den Schiffstracker (Schiffspositionssystem) schauen wollt, habt ihr einen hervorragenden Rundumblick vom Radarturm über die Weser bis in die Häfen.
Bremerhavens Wahrzeichen
Ich muss den Kopf weit in den Nacken legen, um das Ende des Radarturms sehen zu können. 107 Meter hoch reckt sich der Turm wie eine spitze Nadel dem Himmel entgegen. Anfang des Jahrtausends war er noch der höchste Punkt Bremerhavens. Heute wird er vom in der Nachbarschaft liegenden Aussichtsplattform Sail City überragt. Seiner Bedeutung hat das jedoch keinen Abbruch getan. Aber was genau geschieht hier und warum steht der Turm an diesem Ort? Ich mache mich schlau.
Das Herz der Außenweser-Radarkette
Der Radarturm steht auf historischem Boden. Denn hier befand sich früher das Außenhaupt der ersten Bremerhavener Schleuse. Das war seinerzeit die erste europäische Hafen-Kammerschleuse – eine Sensation! Sie wurde von 1828 bis 1830 erbaut und 1926 zugeschüttet.
Nicht auf wackeligen „Beinen“
Der Radarturm ragt nicht nur hoch auf, seine Fundamente bohren sich auch tief ins Erdreich. Die schlechten Untergrundverhältnisse machten es erforderlich, dass die Gründung 28 Meter tief erfolgen musste. Auf 64 der 24 Meter langen Stahlpfählen ruht der fünf Meter gigantische Stahlbetonsockel. Ein massives, großes Fundament, dass die Lasten darauf sicher tragen kann. Es wurde 1962 fertiggestellt.
Schritt für Schritt
Die Bauarbeiten mussten wegen des kalten Winters 1962/63 unterbrochen werden. Der zweite Bauabschnitt begann im Juni 1963. Den nun folgenden Turmschaft errichtete man mit Kletterschalung. Der Schaft hat unten einen Durchmesser von 6,80 Metern und verjüngt sich nach oben auf 4,90 Metern. Mit der Kletterschalung werden teure Kran-Zeiten gespart. Denn statt Bauteile immer einzeln nach oben zu heben, wurden aus Elementen zusammengesetzte Einheitendirekt auf den höchsten zu betonierenden Abschnitt gesetzt.
Hoch, höher, am höchsten – Rundumblick vom Radarturm
Zwischen 60 und 70 Metern befindet sich der verkleidete zweigeschossige Turmkopf. Doch statt Treppen zu steigen, ist er über einen Fahrstuhl erreichbar. Ganz oben auf dem Bauwerk ragt der Stahlmast für die Antennen empor. Der zweite Bauabschnitt galt dem Innenbau. Die Antennen sowie der hochfrequenztechnischen Geräte wurden angebracht. Nach der Erprobung konnte der Radarturm im August 1965 in Betrieb genommen und am 5. September 1965 offiziell dem Wasser- und Schiffahrtsverwaltung der Bundesrepublik übergeben werden.
Der Betonspargel erobert die Herzen der Bremerhavener
Der Radarturm veränderte von nun an die Städteskyline unserer Seestadt. Deshalb konnte sich nicht jeder Bremerhavener gleich mit dem riesigen Betonspargel anfreunden. Doch die anfängliche Skepsis legte sich schnell. Und Bremerhavener und Touristen waren sich einig, dass der Rundumblick von der witterungsgeschützen Plattform unvergleichlich ist. Noch heute ist unser Radarturm oft gewähltes Fotomotiv. Denn seit 2002 wird der Turm nachts bunt illuminiert. Mit einer Farbskala, die von weiß über gelb und rot bis blau wechselt. Kinder nennen ihn deshalb auch den Camäleon-Turm.
Über den Köpfen der Besucher läuft alles zusammen
Im Obergeschoss über der Besucherplattform des Richtfunkturms befinden sich Sende- und Empfangsanlagen. Von hier werden beispielsweise Schifffahrtszeichen ferngesteuert. Allein im Bereich der Außenweser und Unterweser bis Brake gibt es 386 Tonnen und 65 feste Seefahrtszeiten. In der Richtfunkzentrale laufen die Radarbilder der 60 Kilometer langen Radarkette der Außenweser zusammen. Die Radarbilder werden von den Antennen der Außenstationen aufgenommen. Die sind an den Leuchttürmen Alte Weser (als Ersatz für den Leuchtturm Rotersand), Hoheweg und Robbenplate angebracht. Die Bilder werden von Radarbeobachtern ausgewertet und über UKW-Sprechfunk den Lotsen mitgeteilt.
Lückenlose Beobachtung – Rundumblick vom Radarturm
Schon damals nahm der Schiffsverkehr immer mehr zu. Man musste die Sicherheit für Schiffe und Mannschaft garantieren. Dazu war und ist eine durchgehende Überwachung der Außenweser notwendig. Die Radarkette der Außenweser sollte errichtet werden. Dazu wurde 1958/59 bei Blexen auf der anderen Weserseite ein 30 Meter hoher Turm als Radarstation errichtet. Gleichzeitig musste der Leuchtturm Robbenplate erhöht und für den Radarbetrieb ausgestattet werden.
Bloß keinen „Kabelsalat“
Stellt euch vor, dafür erhielt er ein sechs Kilometer langes Seekabel notwendig, das den Anschluss an das Stromversorgungsnetz des Festlandes sicherte! Ein Jahr später wurde im Leuchtturm Hoheweg die Radarstation eingebaut. Für seine Stromversorgung war sogar ein mehr als doppelt so langes Seekabel benötigt!
Die Erde ist keine Scheibe
Richtfunksignale breiten sich gerade aus und folgen nicht der Erdkrümmung. Für die Empfangsantennen war daher ein Turm mit einer Höhe von etwa 110 Metern erforderlich. Das höchste Bauwerk Bremerhavens seinerzeit! Alles große Baumaßnahmen, um verlässliche Daten und Bilder für die Sicherheit im Schiffsverkehr zu erhalten.
Rundumblick mit Genuss
Der Blick allein ist immer wieder faszinierend für mich. Aber wer etwas ganz Besonderes erleben will, hat dazu zweimal in diesem Jahr die Gelegenheit dazu. Genießt bei der Führung „Von oben herab“ am 17. April oder 26. Juni 2020 in 65 Metern Höhe die herrliche Aussicht. Die kurzweilige Auszeit wird gekrönt mit einem Glas Prosecco, Wein und leckeren Fischsnacks. Wenn ihr dabei sein wollt: Weitere Informationen bei der Erlebnis Bremerhaven GmbH, Tel. 0471 80936-100.
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