An unserer erfolgreichen Musicalparodie „Spamalot“ sind unglaublich viele Personen beteiligt. Schauspieler:innen, Statist:innen, Chorsänger:innen und Tänzer:innen tummeln sich auf der Bühne, singen, tanzen und spielen. Verschwinden plötzlich und tauchen in neuen Gewändern und Rollen wieder auf. Aufwendige Bühnenbilder wechseln sich im Minutentakt ab und geben dem Publikum die Illusion, mit einem Wimpernschlag von einem Ort zum anderen zu reisen. Um diese Illusion aufrecht zu erhalten, liegt es den Theatermacher:innen natürlich daran, dass was sich abseits der Bühne abspielt, im Verborgenen zu halten. In meinem neuesten Blogbeitrag bringe ich ein wenig Licht ins Dunkel und nehme ich euch mit auf die Seitenbühne bei unserem Musical „Spamalot“.
Eine Stunde vor Vorstellungsbeginn bin ich mit der Regieassistentin auf der sogenannten Seitenbühne verabredet. Der Name ist eigentlich selbsterklärend: Bei der Seitenbühne handelt sich um den Bereich neben der Hauptbühne, von dem aus die Darsteller, die selbige betreten und auch die verschiedenen Elemente des Bühnenbildes herein- oder herausgefahren werden.
Nachdem ich mit der Regieassistentin kurz besprochen habe, welche Momente für Foto- und Filmaufnahmen interessant sein könnten, weist sie mir ein Plätzchen am Rand der Seitenbühne zu. Da ich den Akteuren während der Vorstellung nur ungern im Wege stehen möchte, nehme ich erst mal Platz. Merke aber ziemlich schnell, dass ich hier nur schwer gute Aufnahmen machen kann. Also stürze ich mich noch vor Beginn der Vorstellung ins Getümmel.
Alles unter Kontrolle
Damit alle Beteiligten auch den Überblick behalten, gibt es einen Ablaufplan in zwei Fassungen, der die Wand auf der Seitenbühne schmückt. Es gibt einen für die Schauspieler: innen und Co., die hier den genauen Zeitpunkt ihres Einsatzes ablesen können und einen für die Techniker, um einzusehen, wann die verschiedenen Bühnenbilder gegeneinander ausgetauscht werden müssen.
Zur weiteren Unterstützung in der Koordination neben und auf der Bühne gibt es die bereits genannte Regieassistenz, welche den dramaturgischen Ablauf betreut und die Inspizienz, die dasselbe für die technischen Aspekte einer Produktion gewährleistet. Dafür stehen der Inspizientin verschiedene Bildschirme zur Verfügung, mit denen sie alles im Blick behält und per Funkgerät Anweisungen an die Kolleg:innen aus der Technik geben kann. Übrigens ist auch ein Mitglied der ortsansässigen Feuerwehr samt Überwachungsmonitor zugegen, um die Sicherheit für alle Beteiligten zu garantieren.
Buntes Treiben hinter dem Vorhang
Auf der Seitenbühne liegen für die Darsteller allerlei Requisiten und Kostüme bereit, die in Windeseile gewechselt werden können. Besonders in Erinnerung sind mir die vielen kleinen Accessoires geblieben. Wie Fake-Bärte oder auch die Heilige Handgranate. Die einzige Waffe, die das blutrünstige Kaninchen in die Flucht schlagen kann. Während mein Blick über Holzschwerter, Maraccas, Gummifische und natürlich Kokosnüsse schweift, huschen regelmäßig Schauspieler:innen an mir vorbei. Wechseln ihre Kostüme oder tragen das passende für die nächste Szene schon unter dem vorherigen. Nach einem kleinen Pitstop in der Maske und eventuellen Anpassungen bei den Schneider:innen, eilen sie wieder auf die Bühne oder warten geduldig auf ihren nächsten Auftritt. Wie es sich für ein Musical im Geiste Monty Python’s gehört, wird währenddessen auch ordentlich herumgealbert.
Aus meinen Augenwinkeln sehe ich einen der Schauspieler am Rand der Seitenbühne sitzen. Er geht noch kurz vor seinem Auftritt seinen Text durch. Durch einen krankheitsbedingten Ausfall ist er für einen Kollegen eingesprungen und hat sich innerhalb von ein paar Stunden den Text für mehrere Rollen raufgeschafft.
Hand in Hand
Auch ich springe heute für einen kurzen Augenblick für einen Kollegen ein und wage den Sprung vom Marketing in die Bühnentechnik.
Meine Aufgabe besteht darin, beim Wechsel des Bühnenbilds zu helfen. Dafür muss ich ein 4 Meter hohes „Türmchen“ auf die Hauptbühne manövrieren. Nach einer kleinen Einweisung stellte ich mich in Position und warte mehr oder weniger geduldig auf meinen Einsatz. Hoffentlich verfängt sich der Turm nicht im Vorhang oder fällt um. Solche Gedanken treiben mir die Schweißperlen auf die Stirn. Wie bei allem auf der Seitenbühne kommt es hier aufs Timing an. In dem Moment schallt auch schon das Kommando der Technik-Kollegen in meinem Ohr. Time to shine. Ich öffne den Vorhang aber nur so weit, dass ich gerade so das Bühnenbild auf die Bühne schieben kann, aber selbst nicht zu sehen bin. Für das Publikum rollt mein Türmchen wie durch Zauberhand geführt auf die noch abgedunkelte Bühne. Es ist geschafft. Niemand hat etwas bemerkt, das Licht geht wieder an und die Vorstellung kann gewohnt ihren Lauf nehmen.
Applaus, Applaus
Ein paar Szenen und Kostümwechsel später endet die Vorstellung mit dem Fall des Vorhangs. Nur um sich direkt wieder für den Applaus des Publikums zu öffnen. Ich selbst war vor gut einem halben Jahr noch völliger Theaterneuling. Jeden Tag lerne ich etwas Neues über den Theaterbetrieb am Stadttheater Bremerhaven. Dazu gehört auch die Applausordnung, die einer „strengen“ Choreografie unterliegt. Diese wird von den Darstellern als Teil der Proben einstudiert. Bei den Vorstellungen steht als Backup die Regieassistentin auf der Seitenbühne bereit. Sie gibt Anweisungen, wie oft man sich verbeugen muss oder wer wann nach vorne tritt. Nach einer letzten Verbeugung der Schauspieler:innen schließt sich Vorhang unter tosendem Applaus zum letzten Mal an diesem Abend. Und damit endet auch mein Besuch auf der Seitenbühne von „Spamalot“.
Musical von Eric Idle und John Du Prez
Termine und Karten für die nächste Vorstellungen findet ihr hier
https://stadttheaterbremerhaven.de/spamalot/
Hannelore Focken
Ein super Artikel 👍
Ohne Frage leisten die Schauspieler/innen
viel, dennoch vermisse ich jedes Mal in Zeitungsartikeln die Wertschätzung aller Mitarbeiter/innen, die hinter der Bühne arbeiten. Ohne sie würde kein Stück erfolgreich laufen. Wie sagt man so schön: Ein Häuptling ist nichts ohne seine Indianer. Und das trifft in allen Bereichen zu. Diesen Artikel würde ich gerne einmal in der Zeitung lesen.
Toll geschrieben. weiter so.
Björn Gerken
Liebe Hannelore Focken,
vielen Dank für das Lob. Es freut mich sehr, dass ihnen der Artikel gefallen hat. Sie haben recht, selbstverständlich wären unsere Produktionen ohne die Menschen hinter den Kulissen nicht umsetzbar. Deshalb ist es uns auch wichtig, eben diese und ihre Arbeit sichtbar zu machen. Hier im Logbuch haben wir bereits einen Artikel über eine unserer Souffleusen veröffentlicht und auf Facebook und Instagram sind wir regelmäßig in unseren Werkstätten unterwegs. Schauen sie einfach mal rein.
Beste Grüße
Björn Gerken