„mittendrin“: Ausstellung zu Behinderung und Teilhabe
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„mittendrin“: Ausstellung zu Behinderung und Teilhabe

Was braucht es eigentlich, damit unsere Gesellschaft wirklich inklusiv wird? Die aktuelle Sonderausstellung des Historischen Museums geht dieser und anderen Fragen nach und lädt dazu ein, die eigene Perspektive zu hinterfragen.

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22. Mai 2025
4 min Lesezeit
Besucherinnen betrachten die Ausstellung. Sie sehen interessiert und fröhlich aus.

So bunt wie unsere Gesellschaft – das ist die neue Sonderausstellung mittendrin. Zwischen Behinderung und Selbstbestimmung im Historischen Museum Bremerhaven.

Im Mittelpunkt stehen Menschen mit Behinderung und ihre Geschichte hier in Bremerhaven. Wie sah ihr Leben in den letzten 70 Jahren aus? Was hat sich verändert – und was hat dabei geholfen, mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen? Was braucht es eigentlich, damit unsere Gesellschaft wirklich inklusiv wird? Die Ausstellung geht diesen Fragen nach und lädt dazu ein, die eigene Perspektive zu hinterfragen.
Anlass für die Ausstellung ist das 50-jährige Jubiläum der Elbe-Weser Welten gGmbH (EWW). Doch nicht nur die EWW war beteiligt: Viele Organisationen und engagierte Menschen aus Bremerhaven haben mitgewirkt. Das Ergebnis könnt ihr euch noch bis zum 21. September im Historischen Museum anschauen.

Ken mit Beinprothese

Den Weg in die Ausstellung findet ihr ganz leicht: Auf dem Fußboden haben wir Punkte aufgeklebt, die den Weg zeigen. Auch Gehende sollten bei uns die Rampe benutzen, denn hier erwarten euch erste spannende Fakten und Gegenstände. Wusstet ihr, dass in Deutschland rund 7,8 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung leben? Und habt ihr schon einmal eine blinde Barbie und einen Ken mit Beinprothese gesehen? Oder ein Buch in der Blindenschrift Braille? Wenn nicht, dann seid ihr hier genau richtig!

Barbie-Puppen in der Ausstellung unter einer Glashaube. Eine Barbie mit Down-Syndrom, eine ohne sichtbare Behinderung, eine kleine Barbie im Rollstuhl, ein Ken mit Beinprothese und eine Barbie mit Langstock und Blindenhund.
Die Barbies mit Behinderung suchen nach dem Ende der Ausstellung ein neues Zuhause. Wie ihr sie gewinnen könnt, erfahrt ihr in der Ausstellung! Foto: © Historisches Museum Bremerhaven

Vom Leben mit Behinderung

Folgt den Punkten in unseren großen Veranstaltungssaal. Ab hier gibt es zu allen Themen eine kurze Zusammenfassung in Leichter Sprache. Zunächst bekommt ihr einen Überblick über die Geschichte von Menschen mit Behinderung in der Bundesrepublik und vor Ort in Bremerhaven. Ihr erfahrt beispielsweise, was es mit dem Contergan-Skandal auf sich hatte und warum die UN-Behindertenrechtskonvention so wichtig ist. Außerdem könnt ihr euch über die Geschichte der Lebenshilfe Bremerhaven und der EWW informieren.

Schwarz-weiß-Aufnahme von sechs Schülerinnen und Schülern einer Sonderschulklasse vor einer Tafel Rechts im Bild der Lehrer Georg Ennen.
Sonderschulunterricht an der Christian-Andersen-Schule. Sonderschullehrer Georg Ennen, hier ganz rechts, war Mitbegründer und Geschäftsführer der Lebenshilfe Bremerhaven. Fotograf:in unbekannt

Nach den geschichtlichen Fakten erwarten euch Ausstellungsstationen zum Leben von Menschen mit Behinderung in Bremerhaven. Die Themenbereiche Bildung, Arbeit, Wohnen und Freizeit nehmen euch mit in ihren Alltag. Dabei könnt ihr lernen, was sich seit den 1950er Jahren verändert hat und wo es noch Potenzial gibt. Zudem könnt ihr euch einen kurzen Film mit Interviews von Beschäftigten der EWW anschauen. Sie erzählen euch von ihrer Arbeit in der Werkstatt für behinderte Menschen und was ihnen daran besonders gefällt. Alle Menschen, die ihr im Video seht, waren auch an der Vorbereitung unserer Ausstellung beteiligt.

Im Veranstaltungssaal erwarten euch auch die ersten Mitmachstationen. Überlegt euch, was euch an einer Wohnung wichtig ist und worauf ihr verzichten könnt. Und probiert unser Brettspiel „Mein Weg ins Museum“ aus, das wir eigens für die Ausstellung entwickelt haben!

Ein runder Spielplan mit Würfel und Spielfiguren. Daneben steht ein kleiner Tisch mit Spielkarten.
Im Brettspiel „Mein Weg ins Museum“ versetzt ihr euch in einen Menschen mit Behinderung. Foto: © Historisches Museum Bremerhaven

Von Hürden und Zukunftsbildern

Entlang der Punkte geht es mit dem Aufzug auf die Galerie. Hier erwartet euch eine bunte Vielfalt an Themen. Lernt unterschiedliche Hilfen im Alltag kennen und welche Hürden viele Menschen mit Behinderung erleben. Probiert bei der „Löffel-Theorie“ selbst aus, wie ihr euren Tag gestaltet.

Drei Frauen stehen in der Ausstellung. Sie nutzen eine Mitmachstation zur Löffel-Theorie.
In der Sonderausstellung gibt es viele Mitmachstationen. Foto: © Historisches Museum Bremerhaven

Auf der Galerie erfahrt ihr auch, wie die Ausstellung zustande gekommen ist. Eine zentrale Rolle hat dabei eine Arbeitsgruppe gespielt. Informiert euch über die Schwierigkeiten beim Thema Liebe und lasst die Eindrücke von der Bremerhavener Flirtparty auf euch wirken. Lernt die Behindertenbewegung kennen und welche wichtige Rolle Bremen dabei spielt. An der Station Träume könnt ihr Ideen für eine inklusive Gesellschaft auf euch wirken lassen und eure eigenen Vorstellungen dazu beitragen. Am Ende der Ausstellung steht die Frage, wie es mit dem Thema Barrierefreiheit in unserem Museum künftig weitergeht. Auch hier seid ihr eingeladen, eure eigenen Ideen aufzuschreiben.

Vielfältiges Programm

Begleitend zur Ausstellung gibt es ein abwechslungsreiches Programm mit Vorträgen, Aktionen, Führungen und Konzerten:

  • Am Samstag, den 21. Juni 2025 finden um 11 und um 14 Uhr zwei besondere klassische Konzerte statt. Bei diesen Veranstaltungen mit dem Kammermusik-Ensemble Konsonanz ist Klatschen, Tanzen, Herumlaufen oder einfach nur Zuhören erlaubt. Die Musiker:innen gehen auf das Publikum ein, eine Dolmetscherin sorgt mit Leichter Sprache dafür, dass alle Alles verstehen können. Eine vorherige Anmeldung ist über das Museum erforderlich.
  • Es werden regelmäßig öffentliche Führungen durch die Ausstellung angeboten.
  • Vom 24. bis zum 29. Juni und vom 26. August bis zum 3. September 2025 ist der „Parcours für neue Perspektiven“ des Netzwerks Inklusives Bremerhaven zu Gast im Museum. Besuchende können hier Aktionskarten ziehen, die Perspektive wechseln und verschiedene Barrieren am eigenen Leib erfahren: mit dem Rollstuhl, dem Alters-Simulations-Anzug und Rollator oder der Simulation einer Sehbehinderung.
  • Außerdem sind Vorträge zur Behindertenbewegung, zu barrierefreiem Bauen und Inklusion in der Schule geplant.
  • Für Schulklassen werden ab Juni Workshops angeboten, bei denen Kinder und Jugendliche sich spielerisch und kreativ mit dem Thema Inklusion auseinandersetzen können.

Weitere aktuelle Informationen zur Ausstellung und zum Begleitprogramm findet ihr auf unserer Website.

Autorin für das Historische Museum: Saskia Otten

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Kerstin Ras-Dürschner

Mich interessieren die Geschichte(n) der Stadt und der Menschen, die hier leb(t)en. Als Exilfränkin schätze ich die frische Luft, das Wasser und den weiten Himmel.

Historikerin, Wiss. Referentin des Historischen Museums Bremerhaven

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