Barrierefreiheit geht uns alle an. Das Thema fasziniert mich, weil es so vielfältig ist. Wer denkt, dass das nur ein Thema für Menschen mit sichtbarer Behinderung ist, irrt sich. Ich selbst stoße auf Barrieren, nämlich dann, wenn ich beim Einkaufen meine Lesebrille vergessen habe. Oder, wenn ich als Vegetarierin nichts Fleisch- und Fischfreies auf der Speisekarte finde. Aber auch Sprache kann eine Barriere darstellen. Nämlich für Menschen mit geistiger Behinderung, geringer Literalität, mit Sehschwächen und/oder Demenzkranke und Menschen, die Deutsch lernen. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich eine Fortbildung zum Thema Leichte Sprache absolvieren durfte.
Leichte Sprache ist ganz schön schwer
Und das, was später einmal leicht zu lesen sein soll, ist schwierig zu lernen. Das haben die Teilnehmer:innen der Fortbildung und ich schnell erkennen müssen. Es genügt nicht, kürzere Sätze zu schreiben oder Fremdwörter zu vermeiden. Leichte Sprache folgt einem festen Regel- und Gestaltungswerk. Während der Fortbildung hatten wir viel Spaß. Denn wir mussten schnell festschellen, dass es gar nicht so einfach ist, sich klar und verständlich auszudrücken. Unsere anfänglichen Übersetzungen endeten oft mit einem „Knoten in der Zunge“ statt mit einem flüssigem Redefluss. Umso mehr freue ich mich, dass wir nun erstmals eine Imagebroschüre in Leichte Sprache herausbringen. Damit werden wir auch Menschen mit Beeinträchtigungen und fremdsprachigen Gästen die Sehenswürdigkeiten und Attraktionen unserer Seestadt nahebringen können.
Ohne Korrekturlesung geht es nicht
Nachdem ich den Text geschrieben habe, wurde er von Menschen mit Behinderung bei der Lebenshilfe Bremen e. V. Korrektur gelesen. Meine Kollegin suchte passende Fotos zu den einzelnen Themen heraus. Unsere Agentur gestaltete die Broschüre nach den Gestaltungsrichtlinien der Leichte Sprache. Zum krönenden Abschluss wird der Prospekt nun bei den Elbe-Weser Welten gGmbH in der Druckerei Blatt für Blatt von Menschen mit Behinderung gedruckt. Und ich durfte dabei sein!
Hier gibt es Qualität
Viele Menschen haben vielleicht gar keinen Eindruck davon, was in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfBM) alles gefertigt wird. Hier wird nicht gebastelt oder gemalt. Die WfBMs sind gleichberechtigt mit anderen Gewerken am Markt. Hier gibt es Druckereien, Buchhandel, Lattenrostproduktion für Ikea, Aufbereitung der Polarkleidung für das Alfred-Wegener-Institut, Wäschereien, Trombosestrumpfaufbereitung, Honigwabenherstellung, Kerzenmanufakturen, Fruchtaufstrich- und Chutneyherstellung, Fahrradwerkstatt, Bistros, Bäckerei und mehr.
Leichte Sprache-Broschüre in den Händen von Fachleuten
In der Druckerei Blatt für Blatt ist nun unsere Imagebroschüre in der Fertigung. Michael hat das Papier millimetergenau an der großen Schneidemaschine auf Maß gebracht. Mir sind die scharfen Messer, die zentimeterdicke Papierstapel genau schneiden können, nicht ganz geheuer. Aber die Maschinen sind absolut sicher und stoppen automatisch, sollte sich etwas anderes im Schnittbereich befinden als Papier.
Nur Fachleute erkennen kleinste Abweichungen
Maximilian richtet die Offset-Maschine am Touchscreen ein. Am Tisch daneben werden während des Druckprozesses immer wieder einzelne Seiten auf die korrekte Farbgebung kontrolliert. Ich muss sagen, für mich sieht das alles gleich aus, aber Maximilian hat einen geschulten Blick und erkennt Abweichungen sofort. Peter dagegen steht gar nicht still. Ständig umrundet er die Offset-Maschine. Schaut, ob der Papiereinzug einwandfrei funktioniert, prüft einzelne Bögen, füllt Reinigungsmittel und Farbe nach. Alles schnell und umsichtig.
Anders als im Digitaldruck – auch solche Maschinen gibt es hier – werden im Offsetdruck keine fortlaufenden, sondern einzelne Seiten gedruckt.
Leichte Sprache-Imagebroschüre kurz vor der Fertigstellung
Michelle, Ingo, Antonio und Daniel sitzen und stehen konzentriert rund um den großen Tisch. Sie bringen die Seiten in die richtige Reihenfolge. Und dann ist es soweit! Die einzelnen Papierstapel werden in die Maschine gelegt, wo sie gefalzt und geheftet werden.
Die Prospektseiten in Leichte Sprache warten auf die Weiterverarbeitung (c) Tanja Albert_Erlebnis Bremerhaven Das Blatt für Blatt-Team trägt die Prospektseiten zusammen (c) Tanja Albert_Erlebnis Bremerhaven
Und trara! Da ist unser erster in Leichte Sprache erschienener Prospekt. Ich freue mich riesig über das Druckwerk.
Mit der Imagebroschüre erweitert die Erlebnis Bremerhaven GmbH ihr Angebot der barrierefreien Printmedien. Ihr könnt es ab sofort in unseren Tourist-Infos Hafeninsel und Schaufenster Fischereihafen bekommen oder hier online ansehen.
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