Die US-amerikanische Künstlerin Liz Craft (geb. 1970 in Los Angeles) realisiert mit der Direktorin und Kuratorin Stefanie Kleefeld ihre erste große Einzelpräsentation, seit mehr als 15 Jahren, in Europa. Zwei Frauen, die großes vorhaben und die Kunsthalle Bremerhaven scheint hierfür der perfekte Ort zu sein.
Das Debüt
Schon beim Eintreten in die Kunsthalle eröffnet sich dem Betrachtenden eine humorvolle und surreale Kunstwelt. Gegenüber dem Glaskasten befindet sich eine gekachelte Wand mit Kerzen. Die Wand und ihre Machart wirken so, als ob sie da schon immer gewesen wäre. Die Farbigkeit und die Maße der Kacheln passen perfekt zum Eingangsbereich und zur Empore, perfekter geht es nicht. Aus einigen Kacheln wachsen kleine und große Pilze aus Keramik, die als Kerzenhalter fungieren. Das warme Licht der Kerzen, der Geruch von abbrennenden Kerzen und die Symbolik der Pilze haben etwas Psychedelisches und stimmen auf die Ausstellung ein.
Liz Crafts Denkblasen
Obwohl sie vielleicht nicht die auffälligsten Arbeiten im Hauptraum sind, fallen mir als Erstes die Sprechblasen im Hauptraum auf. Sie ähneln den aus Comicheften oder Social-Media-Kanälen. Diese fünf Objekte bestehen ebenfalls aus Kacheln und sind in einen Metallrahmen eingefasst. Gefüllt sind diese mit Überbleibsel aus Kindheitserinnerungen, mit einem Spruch oder kleinen unscheinbaren Herzen. Die Kacheln wurden von Liz Craft selbst hergestellt und in diesen neuen Kontext eingefügt.
Die Sprechblasen sind nicht nur an allen Wänden befestigt worden, sondern hängen auch zwischen anderen Arbeiten der Künstlerin. Deshalb wirken diese Blasen auf mich eher wie kleine Räume, die mich zum Nachdenken animieren sollen über das Objekt an sich oder auch über die Arbeit die sich daneben befindet.
Puppen und Überdimensioniertes
Die ganze Ausstellung wirkt auf mich surreal. Die Arbeiten bilden nicht unsere Wirklichkeit ab, sondern stellen eine Überwirklichkeit dar. Eine erweiterte Realität, die sich nicht krampfhaft an unsere Sichtweise orientiert. Visionen, Wünsche, Begierden und Träume scheinen die Inspirationsquelle der Künstlerin zu sein. Daher hängen neben den Sprechblasen auch Puppen von den Wänden, überdimensionierte Medaillons und Münder die Ketten ausspucken. Liz Craft Kunst lässt sich nicht rational erklären.
So hängen zum Beispiel riesigen Ketten an denen Medaillons in Herzform hängen von der Decke der Kunsthalle herab. In den Medaillons liegen Fotografien, die unterschiedliche Mädchen zeigen welche übermalt oder angemalt worden sind. Im Gespräch mit Frau Kleefeld stellte sich heraus, dass die Fotografien die Kinder der Künstlerin zeigen. Es sind alte Polaroid Aufnahmen ihrer Töchter, die sie zufällig in einem Karton wiedergefunden hatte. Die Bemalungen stammen von ihren Töchtern. Die Arbeit zeigt also sehr private Aufnahmen aus dem Leben der Künstlerin.
Ebenso wie die Puppen, die reale Personen nachempfunden wurden. Meist sind es Künstlerinnen, mit denen Liz Craft befreundet ist.
Liz Crafts Überwirklichkeit
Die Werke von Liz Craft gewähren uns persönliche Einblicke in Ihr Seelenleben. Daher ist ihre Ausstellung in der Kunsthalle Bremerhaven auch so spannend. Es zeigt private Einblicke in die Gefühlswelt der Künstlerin, die sie in traumhafte und fantastische Werke verpackt hat. Sie öffnet sich dem Betrachtenden auf einer versteckten und surrealen Ebene.
Veranstaltungen
Donnerstag, 24.02.2022, 19 Uhr
Rundgang durch die Ausstellung mit Bente Jürgensen (Wissenschaftliche Volontärin, Kunsthalle und Kunstmuseum Bremerhaven)
Samstag, 09.04., bis Sonntag, 10.04.2022
»Finissage-Weekend« mit Performance von GUSH und Ausstellungsrundgang mit Stefanie Kleefeld (Direktorin, Kunsthalle und Kunstmuseum Bremerhaven)
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