Vom 29. April bis 1. Mai wurden drei historisch spannende Orten in unserer Seestadt von den Künstlern Riccardo Castagnola und Florian Eybe mit großformatigen Installationen aus Licht, Sound und Animation fulminant in Szene gesetzt.
Licht an!
Das 200. Stadtjubiläum in fünf Jahren wirft schon seine Schatten voraus. Unter dem poetischen Titel „Die Reise zur Seele der Stadt“ etabliert das Kulturamt schon seit 2019 eine Veranstaltungsreihe. Sie verbindet öffentliche Orte, Stadthistorie und Kunst miteinander. Das Ziel: wunderbare, überraschende und in Erinnerung bleibende Kulturmomente im Stadtraum – für alle: umsonst und draußen!

Wer mehr über die Anfänge der Veranstaltung lesen mag, schaut mal in den Artikel zur Auftaktveranstaltung „Lustwandel“ rein.
Lichtinstallationen an Häuserfassaden haben wir nun alle schon mal gesehen. Trotzdem gefiel uns die Idee, in diesen Zeiten, die von so viel Unsicherheit, Krisen und Schwierigkeiten geprägt sind, das Thema „Licht“ in den Vordergrund zu stellen. Mehr noch: Lichtblicke – die weithin strahlen.
Das Licht sollte aber nicht nur dekorativen Charakter haben. Es sollte sich mit der Geschichte Bremerhavens -mit historischem Bild- und Archivmaterial- verbinden. Wir wollten Projektionen, die Geschichten erzählen.
Doch auf die Idee folgten viele Fragen: wie und wer macht so etwas eigentlich, was ist technisch (und in der verbleibenden Zeit) möglich und wie viele Meter hoch ist eigentlich das Stadttheater?

Irgendwas mit Medien
Glücklicherweise konnten wir schnell den Bremer Medienkünstler Riccardo Castagnola und den Bremerhavener Mediengestalter Florian Eybe gewinnen und mit unseren Ideen begeistern.
Sobald die beiden ihre kreativen Köpfe für das Projekt geöffnet hatten, sprudelten nur so die Möglichkeiten und Ideen. Bei einem ersten gemeinsamen Spaziergang im Januar bei viel Wind und definitiv zu viel Regen hatten wir schnell sogar acht Orte zusammen.
Dann hielt die Realität und vor allem das beschränkte Zeitfenster wieder Einzug. Es wurden drei Orte: das Stadttheater als historischer Ort, die gläsernen Havenbrücke als sinnbildlicher und tatsächlicher Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Zukunft und das ehemalige Gebäude der Koggenbräu-Brauerei, für das es neue Pläne und eine neue Zukunft geben soll.
Vorhang auf!

Riccardo Castagnola schafft es mit historischem Material aus dem Historischen Museum Bremerhaven und dem Stadtarchiv die Geschichte des Stadttheaters mit Licht und Klang auf die eigene Fassade zu inszenieren:
Die Lichtinstallation beginnt im Wasser. Es ist fließend und unstet. Das Stadttheater war zu Beginn ein Theater ohne eigenes Haus. Danach: Wir sehen den Bau des Hauses im Jahr 1911 – quadratische Objekte fliegen umher, stapeln sich, bilden die Fassade heraus. Danach wird es dramatischer: Rotes Licht, grelle Blitze, Suchscheinwerfer und nur Reste der Fassade – in der Bombennacht 1944 wurde das Stadttheater fast vollständig zerstört. Es verglüht ein Lichtball, dann ist es still und dunkel.
Mit rhythmischen Trommeln wird Maß genommen, Linien zeichnen die Form des Gebäudes nach – das Theater wird wieder aufgebaut. Nach einer anstrengenden Bauphase – vor allem akustisch, wird es wieder eröffnet. Wir sehen Bilder aus dem Innenraum und die Erleichterung ist quasi greifbar.
Ein heller Rahmen klettert die Stufen hinauf und beleuchtet die mittlere Tür. Wir sind in der Gegenwart angekommen. Das Leuchten wird größer – es zeigt die Strahlkraft des Theaterhauses und seines Programms. Dann wird es futuristischer und verkündet dem Haus eine leuchtende Zukunft. Wir sind gespannt.
Licht und Wasser

Im Hafen und bestens zu sehen von der gläsernen Havenbrücke aus, finden wir eine reine Lichtinstallation von Riccardo Castagnola.
Die länglichen Leuchtröhren auf der rechten Seite korrespondieren mit den Scheinwerfern links vom Hafenbecken. Wie in ein helles, buntes und doch stilles Gespräch vertieft, kommunizieren das Licht und die Farben miteinander und mit der Umgebung. Es spiegelt sich im Wasser, inszeniert die Lichter auf dem Klimahaus neu, verbindet sich mit der Hafenbeleuchtung und der Columbusstraße.
Prost!

Florian Eybe zeichnet sich verantwortlich für die Projektion am ehemaligen Koggenbräu-Gebäude. Er zeichnet wortwörtlich, denn hier haben die Gäste einen Einblick in eine comichafte Brauerei. Wie durch eine transparente Wand schauen wir auf eine spielerische Industrieszenerie – etwas unklar, in welcher Welt und welcher Zeit sie spielt. Qualm entweicht zischend aus einem Rohr, eine Lampe flackert, hinter einer Tür bewegt sich ein Schatten, eine Katze mit zweifelhafter Aufenthaltserlaubnis in der Szenerie blinzelt. Untermalt ist das Ganze von einer Audioschleife, die alles lebendig werden lässt.
Für die Umsetzung hat sich Florian Eybe ein ganzes Team von Expertinnen und Experten zusammen gesucht. Vor allem Lawrence van der Merwe, ein Illustrator und Gamedesigner, ist an der visuellen Umsetzung beteiligt gewesen. Pareidalia Studio – eine Firma aus Bremerhavener Hochschulabsolvent*innen – übernahm die Animation der gezeichneten Szenerie. Leandro Barbosa unterstützte mit dem Sound-Loop, der die Projektion untermalte. Wanda Worms baute Leuchtrahmen und malte QR-Codes.
Florians Idee war es, Bremerhaven am Beispiel des Koggenbräu aus Zeit und Raum zu lösen. Neben der Projektion entwickelte er deshalb noch kleine Filmclips, die über QR-Codes anwählbar und dann über das eigene Handy zu sehen waren. In den Clips wurde das Koggenbräu-Gebäude in einer Zeitschleife aus der Historie durch die Gegenwart in die Zukunft geführt. Doch offen bleibt, in welcher Welt, die Installation spielt. Ist es real oder doch irgendwie magisch?


Licht aus?
Wir freuen uns, dass die Veranstaltung „Lichtblicke“ als Auftakt der kulturellen Sommersaison so möglich war. Wir sehen die Lichtblicke als einen Auftakt, als einen Startpunkt und freuen uns, wenn in Zukunft mehr Orte mit Licht, Sound, Animation ihre Geschichte auf ihrer Fassade nach draußen tragen.
Natürlich ist bei einem solchen Thema die Energiedebatte nicht vollkommen außen vor zu lassen. Mit active blue hatten wir technische Profis am Start, die dafür gesorgt haben, dass einwandfreie Technik und energiesparende Strukturen verwendet wurden, die solche Events möglich und nachhaltig vertretbar machen.
Wer nun noch einmal eintauchen möchte, darf hier einen ersten kleinen Clip sehen:
Umsetzbar waren die „Lichtblicke“ vor allem Dank der Förderung durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“. Wir bedanken uns herzlich für die Möglichkeit!