Die kommentierte Fütterung der Seehunde im Zoo am Meer Bremerhaven ist ein unvergessliches Erlebnis. Auch – oder vor allem – in der Wintersaison! Wenn es im Zoo etwas ruhiger ist, haben in der Regel alle Besuchenden die Chance, die Fütterung aus der ersten Reihe zu beobachten. Und genau da, in der ersten Reihe, stehe auch ich am heutigen Tag und möchte euch von meinen Eindrücken berichten:
Die Fütterung wird schon sehnsüchtig erwartet
Unsere Robbenpflegerin Natalie und unsere Auszubildende Jennifer haben noch nicht die Anlage betreten, da wissen die Seehunde schon Bescheid, dass es einen Leckerbissen gibt. Aufgeregt schwimmen unsere vier Jungs, Kalle, Bootsmann, Silas und Pelle herbei und machen große Kulleraugen. Botsmann macht seinen Hals besonders lang und ist der erste auf dem Felsvorsprung, an dem die Seehunde gefüttert werden.

Die kommentierte Fütterung ist wichtige Bildungsarbeit
Natalie begrüßt die Besuchenden und kommentiert die Fütterung. Sie stellt die Tiere vor und gibt spannende Einblicke zu ihrem Lebensraum, Verhalten und die Ernährung. Wusstet ihr beispielsweise, dass die Seehunde, die bei uns in der Nordsee heimisch sind, ein unglaublich großes Verbreitungsgebiet haben? Sie kommen auch in gemäßigten und subarktischen Küstengewässern des Nordatlantiks und Nordpazifiks vor. Oder habt ihr gewusst, dass Seehunde nicht nur an Land, sondern auch im Wasser schlafen? Damit das nicht gefährlich wird, oder sie sogar ertrinken, schläft oft nur eine Gehirnhälfte, während die andere aktiv bleibt. Ganz schön beeindruckend, oder? Und habt ihr schon mal gehört, dass Seehunde nicht nur Fisch fressen, sondern auch gerne mal Krebse und Weichtiere? Natalie und Jennifer haben heute Makrelen und Heringe dabei. Beide Fischarten sind äußerst beliebt bei unseren Seehunden.
Raubtierfütterung aus der Hand
Während Natalie kommentiert, füttert Jennifer die vier hungrigen Seehunde aus der Hand. Zum einen wird durch die Fütterung mit der Hand sichergestellt, dass jedes Tier seine Portion abbekommt, zum anderen ist so die tägliche Gesundheitskontrolle der Tiere um ein Vielfaches einfacher. Fisch wird zudem gerne genutzt, um Vitamine oder Medikamente darin zu verstecken. Durch die Fütterung aus der Hand ist gewährleistet, dass der richtige Seehund das passende Medikament bekommt. Unsere Seehunde sehen mit ihren großen Augen und dem runden Kopf immer niedlich aus, aber letztendlich bleiben sie Raubtiere mit einem äußerst scharfen Raubtiergebiss. Mich beeindruckt es daher, wie viel Vertrauen Jennifer zu den Seehunden hat, aber auch wie viel Vertrauen die Seehunde zu Jennifer haben.

Tiertraining ist geistige Forderung und schafft eine enge Bindung
Dieses gegenseitige Vertrauen ist das Ergebnis täglichen Tiertrainings. Doch das Tiertraining stärkt nicht nur die Bindung zwischen den Tierpflegenden und ihren Schützlingen, sondern fordert die intelligenten Tiere auch geistig. Vom Training unserer lernwilligen Eisbären haben wir euch bereits berichtet. Heute haben unsere Seehunde Kalle, Bootmann, Silas und Pelle die Aufgabe zunächst mit der Schnauze ruhig an Jennifers Faust zu verbleiben, bevor dies Verhalten mit einem Fisch belohnt wird. Jennifer befindet sich im 2. Jahr ihrer Ausbildung zur Tierpflegerin und es ist deutlich zu sehen, dass die Fütterung für sie bereits absolute Routine ist.

Workout für die Seehunde
Die Fütterung fordert die Seehunde nicht nur geistig, sondern auch körperlich. So gibt Jennifer den Seehunden das passende Kommando das Wasser zu verlassen und die Besuchenden können beobachten, wie die Tiere sich an Land fortbewegen. Natalie erklärt, dass sie ihre Hinterflipper – im Gegensatz zu unseren anderen Robbenarten, den Seelöwen und den Seebären, nicht unter ihren Körper stellen können. Dadurch bewegen sie sich an Land nicht „vierflossig“, sondern nur „robbend“ auf dem Bauch. Das wirkt ein wenig unbeholfen und macht unsere Seehunde – wie ich finde – gleich noch sympathischer.

Aquagymnastik darf nicht fehlen
Nach der Bewegung an Land folgt die Bewegung im Wasser. Seehunde auf Beutefang können bis zu 35 km/h schnell schwimmen. Jennifer demonstriert das unseren Besuchenden, indem sie nun mehrere Fische ins Wasser schmeißt. Die Seehunde, die normalerweise eine unglaubliche Ruhe ausstrahlen, indem sie sich geschmeidig, elegant und vor allem beinahe geräuschlos durchs Wasser bewegen, zeigen nun was in ihnen steckt: Mit Hilfe ihrer kräftigen Flossen erbeuten Silas, Kalle, Bootsmann und Pelle die Fische in einem Wahnsinnstempo. Natalie erklärt, welche Rolle dabei ihre Vibrissen, also die Barthaare spielen: Sie helfen den Seehunden die Fische auch in trübem Wasser zu lokalisieren. Mit Hilfe der Vibrissen können die Seehunde Wasserbewegungen wahrnehmen, die von den Fischen erzeugt werden.

Kontakt zu den Besuchenden
Am Ende der Fütterung haben die Besuchenden die einmalige Chance, Fragen zu den Tieren zu stellen und mit den Tierpflegenden in Kontakt zu kommen. Jennifer und Natalie freuen sich über das Interesse der Besuchenden und haben Spaß dabei, jede einzelne Frage geduldig zu beantworten. Dieser direkte Kontakt mit den Tierpflegenden macht die Fütterung noch unvergesslicher und jede zu einem individuellen Erlebnis.
Fütterung der Seehunde
Variable Fütterungszeiten tragen dazu bei, den Alltag der Tiere interessant und aufregend zu gestalten. Wer bei einer Fütterung der Seehunde dabei sein möchte, achtet daher bei seinem Besuch auf die Fütterungszeiten. Diese werden morgens von den Tierpflegenden auf der Uhr im Schaukasten am Eingang individuell eingestellt.