Unter dem Titel „Fensterbilder“ stellt die Kunsthalle Bremerhaven noch bis zum 29. August 2021 mehr als 20 Werke von dem niederländischen Künstler Koen Vermeule (*1965, Goes/NLD) aus. Der Titel erweckt so manche Erwartungen, die nicht nur erfüllt, sondern auch übertroffen werden.
Fensterbilder
Das Fenster bzw. das Fenstermotiv hat in der Kunstgeschichte eine lange Tradition. Zu Recht. Es gibt wohl nichts Spannenderes als der Blick durch ein Fenster. Ein Fenster trennt und verbindet das Drinnen mit dem Draußen. Es symbolisiert den Übergang zwischen Wirklichkeit und Illusion oder zwischen realer und virtueller Welt. Und wenn ein Fenster mal verschlossen ist, dann spiegelt sich nicht nur der Betrachtende, sondern er führt zu einer Selbstreflexion. Ein Fenster ist daher nicht nur eine architektonische Öffnung. Das Fenster erschließt und öffnet in vielerlei Hinsicht immer einen neuen Raum. Ob der Betrachtende sich nun selber reflektiert oder eine Figur im Bild ihm hilft den Blick zu lenken, diese Fensterbilder regen zum Nachdenken an. Ein Fenster ermöglicht dem Betrachtenden gleichermaßen einen Ausblick, Weitblick und einen Einblick.
Ausblick
Die Arbeiten von Koen Vermeule gleichen einem Blick durch ein Fenster. Dabei findet er seine Motive in flüchtigen und alltäglichen Momenten des Lebens. Vermeule fängt diese kleinen Augenblicke ein und beginnt sie auf seiner Leinwand zu formulieren.
Auf vielen seiner großformatigen Leinwänden zeigt er Menschengruppen oder Einzelfiguren im Gegenlicht und als tiefschwarz gefüllte Konturen. Diese Personen sind vollständig in ihrem Tun versunken und scheinen vollkommen bei sich zu sein. Es wirkt so, dass sie die Außenwelt nicht mehr wahrnehmen und wenn sie nicht gerade bildnerisch festgehalten wären, würde sie die Außenwelt auch nicht bemerken.
Vermeules Personen halten sich oft in Zimmern bzw. in Gebäuden auf. Diese zeichnet er streng nach und bilden zu den Menschen einen starken Kontrast. Es ist wie eine Art Rahmen, der sie umgibt. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die gesetzten Spiegelungen, Lichtreflektionen sowie die Schattenbildungen.
Weitblick
Neben Menschen sind Landschaften die zweite Konstante in Vermeules Werk. Weite Himmel über dem Meer, Dünen und Strand stehen ganz in der Tradition holländischer Landschaftsmalerei. Von Vermeule werden sie jedoch in die Gegenwart geholt. Auch diese Arbeiten tragen seine unverkennbare Handschrift, formklar sowie strukturiert und keinesfalls starr. Diese Werke erinnern mehr an sogenannte Film-Stills, Standbilder aus einem nicht weiterlaufenden Film.
Ein aufgenommener Moment, wie ein Blick durch ein Zugfenster. Die Leinwand zeigt zwar nur einen Ausschnitt, aber das Gefühl ist komplett: ich sitze im Zug und die Winterlandschaft huscht nur so an mir vorbei. Schnell und ruhig. Ab und an sehe ich auf meiner Route einen Baum oder etwas Ackerland. Es ist ein Ausschnitt der Welt, ein Teil eines Ganzen. Seine Bilder machen nachdenklich.
Einblick – mein Blick
Wenn ich den Arbeiten von Vermeule gegenüberstehe, habe ich das Gefühl, dass die abgebildeten Personen für mich kurz innehalten. Damit ich diese bestimmte Situation, diesen alltäglichen Moment vollständig sehen und verstehen kann. Es ist, als ob die Zeit stillsteht und das nicht nur in seinen Arbeiten. Die Ruhe und Stille hatte mich während meines Besuches in der Kunsthalle vollkommen ergriffen. In dieser unruhigen Welt ist diese Ausstellung eine Genugtuung.
Ich kann die Ausstellung wirklich empfehlen. Denn jeder Blick durch ein Fenster ermöglicht uns eine neue Sichtweise auf unsere Welt.
Zur Ausstellung gibt es noch folgende Veranstaltungen:
Donnerstag, 12. August 2021, 16:15 – 17:00Uhr, CO-Kuratorenführung, Eintritt ist frei!
Donnerstag, 26. August 2021, 18:00 Uhr, Kunst / Cocktail und Führung mit Thomas Trümper. Eintritt: regulär 10€, für Mitglieder 5€
Um Anmeldung wir bei beiden Veranstaltungen gebeten: per Mail oder unter 0471-46838
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