Die Kastration unserer Waschbären steht heute an. Ein spannendes Ereignis und ein Grund für mich, an meinem freien Tag in den Zoo zu radeln, denn das möchte ich mir definitiv nicht entgehen lassen und euch natürlich davon berichten.
Die Waschbären gelten als invasive Art
Unsere drei Waschbärendamen Luna, Hermine und Petra, die liebevoll auch Püppi genannt wird, wurden 2019 geboren. Als „Babys“ fand man sie hilflos, von der Mutter alleine gelassen und brachte sie in die Wildtierauffangstation nach Sachsenhagen. Dort wurden sie aufgepäppelt und kurze Zeit später zu uns in den Zoo am Meer vermittelt. Eine Wiederauswilderung kam für die drei Schwestern nicht in Frage, da Waschbären invasiv sind. Über die Waschbären als invasive Art habe ich euch bereits in einem anderen Blogbeitrag berichtet. So niedlich sie auch sind, die aus Nordamerika eingeschleppten Waschbären stellen leider eine ernstzunehmende Gefahr für die in Deutschland heimischen Arten und damit für die hiesige biologische Vielfalt dar.
Die Kastration verhindert die Zucht
Bei uns im Zoo am Meer sind die drei Schwestern nun Botschafter des Problems der invasiven Arten. Für sie gelten sehr strenge Haltungsrichtlinien. Im Jahr 2018 musste z.B. das bis dahin oben offene Gehege umgebaut werden, damit es Überdacht ist und eine versehentliche Freisetzung der Tiere auf jeden Fall verhindert wird. Zusätzlich dürfen die Tiere nicht gezüchtet werden. Natürlich ist die Gruppe mit drei Mädels aktuell nicht zuchtfähig, eine Kastration der Tiere stellt dies jedoch auch bei zukünftiger Gruppenveränderung sicher.

Vorbereitung der Kastration
Die Kastration wird von unserem Tierarzt Fabian durchgeführt. Bei dem chirurgischen Eingriff wird der Uterus, also die Gebärmutter entfernt. Als ich heute Fabians kleinen OP-Saal betrete, ist schon alles vorbereitet. Hermine liegt bereits in Narkose. So läuft die OP schmerz- und stressfrei für sie ab. Sie liegt in Rückenlage auf einem weichen OP-Kissen und atmet entspannt, ruhig und gleichmäßig. Ich frage mich, ob sie wohl gerade von süßen Äpfeln träumt? Oder doch eher von bösen Greifvögeln? Ein Computerbildschirm überwacht sie und zeigt die wichtigen Vitalparameter: Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Atemfrequenz und Körpertemperatur. Unsere Tierpflegerin Larissa hat alles im Blick und schreibt während der Operation das Protokoll. Unser Tierpfleger Felix hat eine kleine Stelle an Hermines Bauch kahlgeschoren und desinfiziert diese nun, um eine sterile Umgebung zu schaffen.

Durchführung der Kastration
Fabian deckt Hermines Bauch mit einem OP-Tuch ab, dann setzt er mit einem Skalpell an und macht einen sauberen, kleinen Schnitt in Hermines Bauchdecke. Seine Hand ist beeindruckend ruhig und von Nervosität ist hier rein gar nichts zu spüren. Gut so, die Ruhe im OP-Saal überträgt sich auf mich und auch meine Anspannung und Sorge, dass mir schlecht werde könnte, verfliegt und macht Platz für Faszination und Interesse. Für mich ist es das erste Mal, dass ich bei so einer OP zusehen darf und ich muss unwillkürlich an unseren Zooschulunterricht denken, in dem wir u.a. Fische sezieren. Ein bisschen ähnlich ist das schon, nur das sich Hermines Bauchdecke bewegt und daran erinnert, dass es hier um ein Leben geht. Extrem vorsichtig, sorgfältig und routiniert bindet Fabian die Blutgefäße ab. Sauber trennt er die Eierstöcke und die Gebärmutter vom angrenzenden Gewebe. Ich staune darüber, dass die Eierstöcke wie kleine Perlen aussehen.

Alles gut überstanden
Überraschend schnell ist die OP vorbei. Fabian schließt Hermines Bauchdecke wieder. Dafür verwendet er eine besondere Nadel und einen besonderen, selbstauflösenden Faden. Fabian näht die Schnittkanten zusammen und macht mehrere Knoten, um die Fäden zu fixieren. Schließlich sprüht er ein antibakterielles Wundspray auf die Wunde. Das Spray unterstützt die Heilung und hält die Wunde sauber. Anschließend wird Hermine aus der Narkose geweckt. Sie darf sich nun zunächst von der OP erholen, bevor sie wieder zurück zu ihren Geschwistern kommt.

Mich hat der heutige Tag sehr beeindruckt und mich daran erinnert, dass ich mich in meiner Kindheit sehr für die Tiermedizin interessierte. Für mich war es heute eine sehr große Ehre, Jahre später, einmal selbst bei solch einer OP dabei sein zu dürfen.