Eine Impfung ist gut, Boostern ist besser. Ein Spruch, den wir alle seit der Corona Pandemie nur zu gut kennen. Und er gilt nicht nur für Corona, sondern auch für RHD. Die regelmäßige RHD Impfung steht heute bei unseren Kaninchen im Zoo am Meer Bremerhaven an und ich begleite unseren Tierarzt Bastian und unsere Tierpflegerin Katja bei der Impfung.
RHD – Was ist das?
RHD steht für Rabbit Haemorrhagic Disease. Übersetzt bedeutet das hämorrhagische Kaninchenkrankheit. Hämorrhagisch ist ein Fachbegriff und bedeutet so viel wie „mit Blutungen zusammenhängend“. RHD ist eine Virusinfektion, die bei infizierten Kaninchen zu Blutungen in sämtlichen Organen führen kann. Die Krankheit ist nicht heilbar und infizierte Kaninchen sterben innerhalb kürzester Zeit (meist weniger als 24 Stunden) qualvoll an inneren Blutungen. Umgangssprachlich wird auch häufig von „Chinaseuche“ gesprochen. „Chinaseuche“ deshalb, da die Erkrankung erstmals 1984 in China beobachtet wurde. Anschließend breitete sie sich weltweit aus. RHD-Viren sind sehr langlebig und witterungsbeständig. So bleiben Viren teilweise über ein halbes Jahr infektiös und können sich über direkten Kontakt zwischen den Tieren, aber auch über Insekten, Futter und Einstreu verbreiten. Auch wir Menschen können RHD verbreiten. Selbst sind wir aber immun und können uns mit der Krankheit nicht anstecken.
Verlässlicher Schutz durch regelmäßige Impfung
Da infizierte Kaninchen nicht geheilt werden können, ist der beste Schutz unserer Kaninchen eine Impfung gegen RHD. Diese wiederholt Bastian halbjährlich, denn nach 6 Monaten fällt die Konzentration der Antikörper ab. Dann ist der Schutz unserer Kaninchen gegen das Virus nicht mehr gegeben. Damit das Immunsystem unserer Kaninchen aber dauerhaft gewappnet bleibt, spritzt Bastian in regelmäßigen Zeitabständen den Impfstoff. Dass die Impfung eine wiederholt stattfindende Routine bei den Kaninchen ist, merke ich sofort, denn Bastian und Katja sind ein hervorragend eingespieltes Team. Während Bastian die Kanüle auf die Spritze setzt und den Impfstoff aufzieht, fängt Katja schon das erste Kaninchen aus dem Stall.
Die Impfung – ein schneller Pieks
Unsere Zuchtkaninchen sitzen in großen, miteinander verbundenen Holzboxen. Auf der rechten Seite der Zuchtanlage sitzen unsere Mädels: Hildegard, Conni, Didi, Nora, Elli, und Aria. Auf der linken Seite sitzen unsere drei Zuchtböcke: Herkules, Schlappi, Fridolin und die neue Zuchthäsin Cinammon. Alle sollen heute ihre Impfung bekommen.
Katja öffnet Hildegards Stallbox. Hildegard bekommt als erste ihre Impfdosis. Katja schließt zuerst den Schieber zwischen den Boxen, dann greift sie dem Kaninchen mit einem geübten Griff ins Nackenfell. Die zweite Hand stützt das Kaninchen mit einem schnellen Griff unter dem Po. Katja hebt Hildegard vorsichtig aus der Box und ich bin sehr überrascht, wie ruhig sie auf Katjas Arm ist. Schon ist Bastian bereit und spritzt den Impfstoff vorsichtig unter Hildegards Haut. Ein kleiner Pieks und Hildegard darf wieder zurück in ihren Stall. Sie schüttelt sich kurz und macht sich dann über das frische Gemüse her.
Tückische Niedlichkeit
Spannender wird es bei Didi und Elli. Beide haben gerade Jungtiere. Didi hat 5 Jungtiere und um Elli wuseln sogar 8 kleine Kaninchen herum. Beide Würfe sind circa 2 Wochen alt. Ich bin ganz entzückt von den niedlichen Kaninchenbabys. Vor allem das kleine schwarz/weiß gescheckte hat es mir angetan. Es sieht unfassbar niedlich aus mit seinen schwarzen Ohren und den schwarz umrandeten Augen. Für eine Sekunde stelle ich mir vor, wie es bei uns zu Hause durch den Garten hoppelt. Den Gedanken verwerfe ich aber ganz schnell wieder. Das Tierheim ist voller Kaninchen, die auf ein neues Zuhause warten. Nur zu häufig unterschätzen Privathalter den Kosten- und Arbeitsaufwand den Kaninchen bereiten. Der Stall muss ausreichend groß sein, jeden Tag muss genügend frisches Gemüse geschnitten werden, die Toilettenecke des Stalls muss täglich gereinigt und der gesamte Stall ein bis zweimal wöchentlich grundgereinigt werden. Und dann steht natürlich – genau wie bei uns im Zoo – der regelmäßige Gang zum Tierarzt an, damit die Kaninchen ihre nötigen Impfungen erhalten. Der Kauf eines, bzw. mehrerer Kaninchen – denn Kaninchen sind Gruppentiere – muss also sehr, sehr gut überlegt sein.
Impfschutz für die Jungtiere
Elli versucht sich zuerst in ihrer Wurfbox zu verstecken, doch auch sie kommt um den kleinen Pieks nicht herum. Während Katja sie fängt, hat Bastian ein Auge auf ihre Jungtiere, damit diese nicht aus ihrer Stallbox hüpfen. Die Jungtiere werden vorerst nicht geimpft, denn bis zu einem Alter von circa 10 Wochen haben sie eine natürliche Immunität gegen das Virus. Das liegt daran, dass geimpfte Kaninchenmütter ihre Antikörper bereits vor der Geburt, über die Plazenta und nach der Geburt, über die Muttermilch, an ihre Jungtiere weitergeben.
Zufrieden nach getaner Arbeit
Nach insgesamt zehn Impfungen sind Bastian und Katja fertig. Beide sind zufrieden. Das Fangen der Kaninchen bedeutet zwar etwas Stress für die Tiere, denn immerhin muss sich das für sie anfühlen, als würde ein Beutegreifer sie packen. Doch alles in allem ist dieser kleine Schreck definitiv besser als qualvoll an RHD zu verenden.
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