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Großprojekt Forschungsdepot

Nie hätte ich gedacht, wie mich das Endergebnis vom Bau des Forschungsdepots beeindruckt. Hier erzähle ich von dem gesamten Abenteuer.

Autorin Mareike Heger an der Nordsee, im Hintergrund Ebbe.
27. Mai 2021
6 min Lesezeit
Im Gemälderaum können die Bilder hängend gelagert werden.

Von Grundsteinlegung bis Eröffnung in Bremerhaven live dabei.

Als vor eineinhalb Jahren der Grundstein für das neue Forschungsdepot im Fischereihafen gelegt wurde, hätte ich niemals damit gerechnet, wie sehr mich das Endergebnis beeindruckt. Im Laufe der Zeit hat das Depot immer mehr Gestalt angenommen. Mit jeder Planke, die an die Fassade kam, habe ich eine fast emotionale Bindung zu dem Gebäude aufgebaut. Jedes Mal, wenn ich in die Eichstraße im Fischereihafen einbog, war ich einen kleinen Moment sprachlos. Die Eröffnung filmisch begleiten und kleinere Projekte in den noch leeren Räumen umzusetzen zu können war ein großes Abenteuer.

Startschuss für das neue Forschungsdepot

Als ich im Juli 2019 am Deutschen Schifffahrtsmuseum anfing, war das Interimsdepot im Fischereihafen bereits bezogen und die Pläne für das Forschungsdepot längst beschlossen. Ich habe entsprechend gar nicht mehr miterlebt, wie die Sammlung und das Archiv vor Ort in den Havenwelten waren. Meine Vorstellungskraft, wie 380.000 Archivalien und 60.000 Museumsobjekte umziehen und wie ein Gebäude dafür aussehen musste, hielt sich sehr in Grenzen.

Eine tagesaktuelle Zeitung, ein Programmheft, ein Kompass und Pläne zum Bau landeten in der Zeitkapsel bei der Grundsteinlegung.
Eine tagesaktuelle Zeitung, ein Programmheft, ein Kompass und Pläne zum Bau landeten in der Zeitkapsel bei der Grundsteinlegung. © Mareike Heger

Die Grundsteinlegung für das neue Forschungsdepot im Fischereihafen war eines meiner ersten größeren Events mit Vertreter*innen aus Stadt und Land. Ich war total aufgeregt, den Termin für die sozialen Medien zu begleiten und Fotos zu machen. Wie die Zeitkapsel in die Mauer eingelassen wurde, war für mich ein kleines Highlight.

Sommer 2020: Richtfest ohne Gäste

Als im Sommer 2020 dann feststand, dass wir das Richtfest des Forschungsdepots nicht wie geplant feiern können, haben wir eine Alternative entwickelt: ein digitales Grußwort. Durch ein halbes Jahr Pandemie hatte ich bereits erste Erfahrungen mit digitalen Formaten gesammelt und war geübt in der Erstellung von Videos. Mit einer Kombination aus kleinen Reden und Impressionen vom Depot feierten wir so digital den ersten großen Meilenstein des Baus.

Kurz vor Richtfest nimmt das Depot an Höhe an. Die Baustelle sieht man schon von Weitem.
Kurz vor Richtfest nimmt das Depot an Höhe an. Die Baustelle sieht man schon von Weitem. © Mareike Heger

Zu diesem Zeitpunkt sah das Forschungsdepot aus wie ein großer Betonklotz. Die Größe beeindruckte mich, aber niemals hätte ich mir das Endergebnis damals vorstellen können. Allerdings bekam ich das erste Mal eine Idee davon, wie viele Objekte in dieses Gebäude vermutlich einziehen würden. Bei der Größe war klar: das muss ziemlich viel sein.

Der erste Schnee am Forschungsdepot

Über die dann kommenden Monate war ich immer wieder mal kurz im Fischereihafen, um zu schauen, wie weit der Bau ist. Als dann gegen Herbst die Fassade kam, nahm das große Gebäude immer mehr Gestalt an und richtete sich förmlich auf. Klar, es war noch immer eine Baustelle: umzäunt, umrandet von Containern und Baumaterialien, aber ein Fortschritt war gut zu erkennen. Besonders im Zeitraffer machte die Fassade einen großen Unterschied zu der vorherigen Betonwand. Als im Februar diesen Jahres Schnee fiel, fühlte ich mich wie ein kleines Kind. Ich freute mich so wahnsinnig über den ersten Schnee am Forschungsdepot. Das mittlerweile holzverkleidete Gebäude wirkte wie ein warmer Fels in der kalten Schneelandschaft.

Das Forschungsdepot im Winter bei Schnee.
Das Forschungsdepot erlebt den ersten Schnee. © Mareike Heger

Mit Beginn des Frühlings erwachte auch das neue Depot im Fischereihafen allmählich aus dem Winterschlaf und es ging mit großen Schritten voran. Bereits Anfang Mai wurden die ersten Container entfernt und der Außenbereich gepflastert. Und im Inneren?

Film ab im neuen Depot

Da wir auch die offizielle Eröffnung unter Ausschluss der Öffentlichkeit feiern mussten, entschieden wir uns erneut für ein digitales Format. Dieses Mal ohne lange Grußworte. Bei einem ersten Rundgang machte ich mich zum ersten Mal mit den Räumlichkeiten vertraut und war begeistert. Die warme Holzfassade, die an einen Schiffsrumpf erinnert, wird abgerundet durch das Kühle, Moderne der Betonoptik im Inneren. Alles wirkt zwar schlicht, aber gut durchdacht. Besonders ein Raum hat es mir während der ersten Begehung angetan: der Gemälderaum. In einer langen Flucht reihen sich bewegbare Wände aus Gitter, an denen in Zukunft Bilder hängend gelagert werden können. Ebenso faszinierend die Archivräume mit den verschiebbaren Regalen. Ich realisierte so langsam, dass der leere Zustand ein ganz besonderer ist: vollendet und doch nicht fertig.

Im Gemälderaum können die Bilder hängend gelagert werden.
Der Gemälderaum ist mein liebster. Hier können die Bilder hängend gelagert werden. © Tobias Schomaker

Für den Dreh des Eröffnungsvideos hatten wir uns leider das schlechteste Wetter ausgesucht, was jedoch nicht schlimm war, denn der Fokus richtete sich ganz klar ins Innere. Jeden Raum hielten wir im Detail fest, fasziniert von der Funktionalität, der Architektur und der Stille. Die Vorstellung, dass dieses Gebäude bald schon mit Jahrzehnten, wenn nicht sogar Jahrhunderten an Schifffahrtsgeschichte gefüllt werden, bereitet mir fast eine Gänsehaut. Ein einziger Ort, der so viele Schätze beherbergt. Räume voller Leben. Und ich als kleines Individuum mittendrin.

Leere Architektur als Bühne

Dass das leere Forschungsdepot nicht nur für meine Kreativität ein kleiner Spielplatz sein würde, war mir spätestens klar, als ich mit ein paar Künstlern Kontakt aufnahm. Nie wieder wird das Gebäude den Zustand haben, den es jetzt hat: leere Flächen, freie Wände. Und so freue ich mich umso mehr darüber, auch nach dem Eröffnungsvideo noch das ein oder andere Projekt realisieren und begleiten zu können. Erst diese Woche war ich mit einigen Tänzern vor Ort, die ihre Videos über TikTok verbreiten und damit bis zu 8,8 Millionen Follower erreichen. Während die vier zu den kurzen Songausschnitten in der großen Lagerhalle tanzten, nahm ich fasziniert das Geschehen war. Die Choreographien bekommen in den leeren Gängen eine eigene Bühne. Das industrielle Design passt perfekt zu den urbanen Beats und den bunten Outfits.

Gruppenfoto der Tänzer, die im Forschungsdepot getanzt haben.
Avemoves, Tina Rusin, Denise Meyer und Feriz Sula tanzen im Forschungsdepot. Die Ergebnisse gibt es bei TikTok zu sehen. © Mareike Heger

Als Museumsmitarbeiterin bin ich ein bisschen stolz darauf, was in den vergangenen eineinhalb Jahren im Fischereihafen entstanden ist. Viele Hände haben dazu beigetragen, dass das Forschungsdepot nun das ist, was es ist: ein großer Blickfang in maritimer Kulisse.

Die GEHEIMRAT HEINRICH GERLACH zieht als größtes Objekt in das neue Forschungsdepot. Es handelt sich um ein Segelrettungsboot.
Die GEHEIMRAT HEINRICH GERLACH zieht als größtes Objekt in das neue Forschungsdepot. Es handelt sich um ein Segelrettungsboot. © Mareike Heger

Die Sammlung des Deutschen Schifffahrtsmuseums wächst stetig und so werden in den kommenden Monaten nicht nur die bestehenden Objekte einziehen, sondern in den nächsten Jahren sicherlich noch viele neue hinzukommen. Das Segelrettungsboot GEHEIMRAT HEINRICH GERLACH liegt als größtes Objekt bereits in der großen Depothalle und nach und nach folgen ihr Modelle, Gemälde, Negative, Archivalien und so viel mehr. Nach und nach füllen sich die leeren, architektonisch malerischen Räume mit Geschichte. Diese Entwicklung verfolgen und mitgestalten zu dürfen, macht mich dankbar und ich freue mich darauf, noch weitere Projekte an diesem neuen Ort umzusetzen.

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Mehr Informationen

[bre_box title=“Wissenswertes“ style=“soft“ box_color=“#002c4c“ radius=“5″]Mehr Informationen zum neuen Forschungsdepot gibt es auf unserer Website.[/bre_box]

Autorin Mareike Heger an der Nordsee, im Hintergrund Ebbe.
Mareike Heger

Als Nordkind zieht es mich immerzu ans Wasser: der Wind in den Haaren, das Salz auf der Haut und das Möwengeschrei in den Ohren. Das liebe ich so an Bremerhaven.
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