Schwere, metallbeschlagene Türen, enge Gewahrsamszellen, die erste Zeitbombe und die Socken, die der sogenannte Oma-Mörder bei seinen Taten trug: Dies sind nur Teile der Exponate, die es im Bremerhavener Polizeimuseum zu entdecken gilt – Gänsehaut garantiert!
Der Ort des Geschehens
Auf den ersten Blick scheint klar zu sein, was sich hinter den roten Backsteinmauern des Stadthauses 6 an der Hinrich-Schmalfeldt-Straße verbirgt. Machen doch das blaue Schild und der große Schriftzug am Eingang keinen Hehl daraus: die Polizei. Ich stelle mir ein Polizeirevier mit Streifenwagen und vielen typischen Beamtenkämmerchen als Büros vor. Aber das ist bei Weitem nicht alles: Hinter den Mauern liegt noch ein ganz besonderer Ort verborgen – ein Museum. Nicht irgendein Museum – Nein! – das Museum und die Lehrmittelsammlung der Polizei Bremerhaven – der letzten verbliebenen kommunalen Polizei in Deutschland.
Die Ortspolizeibehörde Bremerhaven präsentiert zusammen mit dem Förderverein für polizeiliche Prävention und Polizeigeschichte Bremerhaven e.V. hier auf rund 300 Quadratmetern eine ganz besondere Ausstellung rund um die Bremerhavener Polizei mit ihrer Geschichte, ihren Einsätzen und Kriminalfällen. Die Führungen durch das Museum übernehmen Polizeibeamte im Ruhestand in ehrenamtlicher Funktion. Die Rundgänge dauern in der Regel zwischen 90 und 120 Minuten.
Auf ins Polizeimuseum: Es geht los!
Der Weg führt mich zunächst durch die langen Flure des Stadthauses, vorbei an den vielen kleinen Büros. Durch die teils geöffneten Türen scheint das gelbliche Licht der Schreibtischbeleuchtung. Akten und Ordner liegen auf den Tischen. Ich stelle mir vor, ich wäre die ermittelnde Beamtin in einem Bremerhavener Krimi.
Ich bin angekommen – im ehemaligen Polizeigewahrsam. Insassen hat dieser Ort schon seit 1994 nicht mehr gesehen. Er bietet dafür nun Platz für das Museum und hält dabei ein ganz besonderes Flair für seine Besucher bereit. Die Spannung wächst – was wird mich wohl gleich erwarten? Die schwere Gittertür öffnet sich, und ich stehe im Zellentrakt des ehemaligen Gewahrsams. Rechts und links von mir dicke, metallbeschlagene Zellentüren.
Die Zeitreise kann beginnen
Hat mich doch schon das Krimi-Fieber auf dem Weg ins Museum gepackt, kann meine Ermittlungsarbeit nun so richtig beginnen: Der erste Kriminalfall, der im Polizeimuseum dokumentiert wird, liegt fast 150 Jahre zurück. Wer hätte das gedacht? Die erste bekannte Zeitbombe der Welt explodierte 1875 auf einem Schiff in Bremerhaven und riss 81 Menschen in den Tod. Die Explosion war das Werk eines skrupellosen Betrügers: William King Thomas hatte eine wertlose Schiffsfracht sehr hoch versichert und wollte durch die Detonation der mit einem Zeitzünder versehenen Bombe auf hoher See die Versicherungssumme kassieren. Dafür nahm er den Tod von Besatzung und Passagieren in Kauf. Aber anstatt auf dem offenen Meer explodiere der Sprengkörper bereits beim Verladen im Hafen. Der Fall ging als Thomaskatastrophe in die Geschichte ein. Wozu Geldgier Menschen verleiten kann!
Von Morden und Unglücksfällen
Weitere Fälle und Exponate lassen mich kurzzeitig erstarren und interessiert den Worten des Museumführers lauschen: So zum Beispiel das silberfarbene Kinderschwert aus Plastik, mit dem ein dreijähriger Junge und sein Opa in den 1970er Jahren gespielt hatten. Das „Ritterspiel“ nahm jedoch ein tragisches Ende: Der Großvater starb, nachdem ihm der Junge mit dem Schwert auf den Kopf geschlagen hatte. Der Mann erlag den Folgen einer Gehirnblutung.
Oder der Fall des sogenannten Oma-Mörders, der sich bei seinen Taten Socken über seine Hände zog, um dann mit einem Kissen insgesamt fünf pflegebedürftige Frauen zu ersticken.
Eine Perücke und eine Sonnenbrille erinnern an den Fall eines Bankräubers im Jahr 1977. Der Mann hatte die Deutsche Bank in der Fußgängerzone überfallen. Noch bevor die Polizei ihn festnehmen konnte, erschoss sich dieser selbst.
Noch mehr spektakuläre Kriminalfälle
Der Fundus des Museums scheint schier unerschöpflich: So erfahren die Besucherinnen und Besucher beim Blick in die hinter den Zellentüren liegenden Ausstellungsräume noch viel mehr zu den verschiedensten Kriminalfällen aus Bremerhaven – darunter Morde, Raubüberfälle, Diebstähle und Betrügereien.
Die zum Teil, wie in einer Asservatenkammer, in Kartons verborgenen Beweisstücke erzählen dabei sehr anschaulich die Geschichten über die Täter und Opfer.
Weiter geht es: Thema Rauschgiftkriminalität. In den Räumen zu finden ist ein originalgetreuer Nachbau einer „Marihuana“-Plantage, die in der Hökerstraße aufgeflogen ist. Für mich wäre sowas sicherlich nichts – spannend ist es dennoch.
Großeinsätze: Die Queen und mehr
Wahnsinn, was sich alles im Laufe der Jahre in Bremerhaven ereignet hat: So finden sich im Museum beispielsweise Erinnerungen an den Besuch der Queen in Bremerhaven 1978. Wohl ein ganz besonderer Einsatz für die Polizei. Auch Spaniens König Juan Carlos im Jahr 1977 und der Bundespräsident Theodor Heuss bescherten in der Vergangenheit der Polizei arbeitsreiche Tage. Hierzu gibt es ebenfalls allerlei zu entdecken. Nicht zu vergessen: mehrere Flugzeugabstürze, die sich zwischen 1964 und 2001 ereignet haben. Erschreckend, aber eben so faszinierend. Und das ist nur ein Teil der dargestellten herausragenden Ereignisse.
Auch die Entwicklung der Polizei bleibt nicht verborgen
Alles andere als eine langweilige Geschichtsstunde: Die Darstellung der Polizeien im Unterwesergebiet von 1827 bis heute, sowie der Ausstellungsteil über die Polizei in Bremerhaven zur Zeit des NS-Regimes.
Das Resümee
Anschließend lasse ich meinen Besuch nochmal Revue passieren. Viele neue Eindrücke – wahrlich nichts für Zartbesaitete. Man muss es schon aushalten, sich zum Teil mit den Abgründen der Menschlichkeit zu befassen. Aber auch der Einblick in die geschichtliche Entwicklung, ein alter Schreibraum aus den 70ern, eine ansehnliche Waffensammlung, verschiedenste Ausrüstungsgegenstände und Uniformen sowie eine original erhaltene Zelle aus dem ehemaligen Zellentrakt laden zum Schauen, Verweilen und vor allem auch zum Nachdenken ein.
Ein Besuch lohnt sich
Kurzum: Eine sehr interessante Führung. Ein Besuch ist absolut lohnenswert – oder auch zwei, drei oder mehr. Um alle Details zu entdecken, sollte man das urige Museum sicherlich mehrfach besuchen.
Museumsführung nach vorheriger Anmeldung
Der Förderverein für polizeiliche Prävention und Polizeigeschichte Bremerhaven e.V. bietet Führungen für Gruppen von mindestens acht bis maximal 15 Personen an. Einzelpersonen können sich aber auch vormerken lassen. Bei genügend Anmeldungen werden für diese ebenfalls Termine angeboten.
Die Anmeldung für einen Besuch ist unter museum@polifö.de möglich. Für den Wunschtermin ist in der Regel ein Vorlauf von zirka vier Wochen einzuplanen. Im Idealfall nennt Ihr gleich einen möglichen Ausweichtermin. Treffpunkt ist immer der Eingangsbereich beim Stadthaus 6 (Polizeirevier Lehe) an der Hinrich-Schmalfeldt-Straße 31. Die Führung ist kostenfrei. Der Förderverein für polizeiliche Prävention und Polizeigeschichte Bremerhaven e.V. freut sich jedoch über jede Spende in der Spendenbox am Ende des Rundganges.
Autorin: Kathrin Heimann, Ortspolizeibehörde Bremerhaven
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