Bei vielen Bremerhavener Gastronomiebetreibern herrscht zurzeit quälende Langeweile. Auch die Zoogastronomie Deli am Meer bleibt trotz Zooöffnung weiterhin geschlossen. Ganz anders sieht es aber in den Futterküchen des Zoos aus. Hier herrscht reger Betrieb. Unsere Tierpfleger*innen flitzen durch die Gänge, Futterwagen werden hin und her geschoben, die Fischfutterküche wird geschrubbt und ein riesiger Stapel an Töpfen und Kellen gespült. Ich warte auf Marina. Marina ist Oberpflegerin und verantwortlich fürs Futter-Revier im Zoo. Ich möchte heute mehr über ihre Arbeit erfahren.
Die Einkaufslisten – den Überblick behalten
Eine Einkaufsliste zu schreiben kann ganz schön stressig sein. Was möchte die „Familie“ diese Woche essen? Je mehr „Familienmitglieder“, desto mehr Sonderwünsche. Für die Essens- und Budgetplanung will genau überlegt sein, welche Zutaten noch im Haus sind und welche neu eingekauft werden müssen. Im Zoo übernimmt das alles Marina mit ihrer Kollegin Larissa. Vom kleinsten Mehlwurm bis zum größten Eisbär wollen alle Tiere versorgt sein. Sonderwünsche gibt es viele. Wie schafft Marina es, den Überblick zu behalten? Zum einen hilft ihr ihre jahrelange Erfahrung. Vor 44 Jahren hat sie schon ihre Ausbildung im Zoo am Meer absolviert und seit über 33 Jahren arbeitet sie fest im Futter-Revier. Zum anderen profitiert Marina von der sehr guten Zusammenarbeit mit den anderen Tierpfleger*innen. Die verschiedenen Reviere melden Änderungen, wenn sie z.B. andere Futtermittel benötigen und wenn etwas fehlt. Diese Informationen werden auf einer Kreidetafel notiert. Es gilt die feste Regel: Wer das Vorletzte nimmt, notiert es auf der Tafel! Und dabei geht es nicht nur um die Futtermittel der Tiere, sondern interessanterweise auch um Toilettenpapier, Reinigungs- oder Desinfektionsmittel, die im gesamten Zoo benötigt werden.
Der Einkauf – eine echte „Shoppingtour“
Heißt es nun rein ins Einkaufsgetümmel? Ja, tatsächlich geht Marina regelmäßig auf „Shoppingtour“: Bei Raiffeisen holt sie Späne, diverses Trockenfutter für die Hühner und Kaninchen, oder Sonnenblumenkerne für die Schimpansen. Beim Futterhaus um die Ecke werden Sämereien oder Trockenfutter gekauft. Im Fischereihafen gibt es Forellen, Rotfedern, Muscheln, Lachsköpfe oder Kalmar, die z.B. unsere Otter und Eisbären gleichermaßen lieben. Bei Edeka, oder einem anderen Supermarkt, werden Dinge wie Joghurt, Hundefutter oder Milch eingekauft. Beim Schlachthof gibt es frisches Fleisch, Rinderherzen oder Rinderknochen. Auch kleine Ballen Stroh, die von der Lagerung und vom Handling viel einfacher sind als große Ballen, werden bei einem Bauer in der Region persönlich abgeholt. Und wenn Marina schon mal unterwegs ist, gehören auch die Entsorgung von Altbatterien oder Leuchtstoffröhren zu ihren Aufgaben.
Zum Glück werden aber auch viele Futtermittel geliefert. Die wöchentliche Bestellung Obst und Gemüse beim Großmarkt beispielsweise, oder die Großbestellung Fisch, genauso wie die Futterpellets. Genug zu tun gibt es dann aber immer noch. Schließlich will auch bei einer Lieferung der Lieferschein kontrolliert und die Waren sortiert und richtig gelagert werden.
Die Speisekarte – Erfahrungen und Erkenntnisse
In einem guten Restaurant wird saisonal gekocht. So auch bei uns im Zoo. Die „Speisekarte“ der Tiere variiert je nach Saison. Ein saisonaler Einkauf hat einen großen finanziellen Vorteil und bietet gleichzeitig sehr viel Abwechslung für die Tiere. Genau wie wir, möchten auch unsere Tiere nicht jeden Tag das gleiche essen. Immer wieder wird die Speisekarte variiert. Die Tierpfleger*innen tauschen sich regelmäßig untereinander aus. Einmal im Jahr findet auch ein Futterseminar statt, an dem Marina selbstverständlich teilnimmt. Hier stellen sich nicht nur verschiedene Futtermittelhersteller vor, sondern auch Vertreter*innen aller deutschen Zoos kommen zusammen, um sich untereinander über die neusten Erfahrungen und Erkenntnisse auszutauschen. Davon hat Marina nach über 33 Jahren allerhand, die sie gerne weiter gibt. Ein Thema, das ihr vor allem bei der Ausbildung der Azubis am Herzen liegt, sind Pflanzen und Kräuter. Denn nicht alle Pflanzen können von allen Tieren verzehrt werden. Während manche für die einen wertvolle Futtermittel sind, können sie für die anderen sogar giftig sein.
Das Menü – Aufgabe der Tierpfleger*innen
Ist Marina als Futterexpertin auch „Chefköchin“ des Zoo am Meer? Nein, das Futter für die eigenen Schützlinge bereiten die Tierpfleger*innen selbst vor. Die Tierpfleger*innen der jeweiligen Reviere wissen einfach am besten, wie sie das Futter für ihre Schützlinge über den Tag verteilen. Eine wichtige Aufgabe der Tierpfleger*innen ist es, die Tiere zu beschäftigen. Ein wichtiges Element der Tierbeschäftigung ist z.B. das Futter. Wie beispielsweise Annika und Marc die Keas den ganzen Tag über mit „erarbeiteten“ kleinen Mengen an Sämereien beschäftigen, habe ich euch ja bereits in meinem Blogbeitrag „Spielzeug für die Keas“ berichtet. Während es in vielen großen Zoos Futtermeister*innen gibt, die tatsächlich nur für den Einkauf, die Sortierung und Lagerung zuständig sind, übernimmt Marina bei uns auch viele tierpflegerische Aufgaben und hat zudem noch ihre eigenen Schützlinge, die sie versorgen muss. So gehören die Eichhörnchen und Schneehasen zu ihrem Revier, sowie unsere Futtertiere, die wir selbst züchten. Auch die Futtertiere – Mehlwürmer, Mäuse, Lemminge, Hühner und Kaninchen – haben ihre eigenen Vorlieben und Bedürfnisse.
Verdauung – Marina denkt noch nicht ans Ausruhen
Während die Tiere ihr Futter verdauen, verdaue ich erst einmal die vielen neuen Infos. Ich bin beeindruckt, was Marina seit über 33 Jahren jeden Tag als Futterexpertin leistet. Ob sie nicht auch mal daran gedacht hat etwas Anderes zu machen? Tatsächlich hat Marina nie bereut, dass sie nie weggegangen ist. Sie liebt den Zoo am Meer, die Lage am Wasser, die frische Luft, das kleine persönliche Team. Neben dem Arbeitsglück fand sie mit dem kürzlich pensionierten Tierpfleger Frank auch ihr Liebesglück im Zoo und an Weggang war dann nicht mehr zu denken. Durch die Runderneuerung der ehemaligen Tiergrotten war es nach dem Neubau für Marina, als würde sie auf einmal in einem anderen Zoo arbeiten. Die Entwicklung des Zoos über die Jahre miterleben zu dürfen ist sehr faszinierend für sie: „Der Zoo hat sich in den vergangenen Jahren enorm gewandelt und sich stets verbessert. Dass unsere Tiere heute beispielsweise in Salzwasser schwimmen ist etwas ganz Besonderes. Wenn man es noch anders kennt, weiß man das zu schätzen.“
Die Begeisterung in Marinas Augen verrät mir, dass sie sicherlich bis zu ihrer eigenen Rente bei uns im Zoo bleiben wird.
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