Frischer Fisch, raue Männer, schwere See – Besuch auf dem Museumsschiff FMS „GERA“
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Frischer Fisch, raue Männer, schwere See – Besuch auf dem Museumsschiff FMS „GERA“

Im Schaufenster Fischereihafen liegt die „GERA“, der letzte deutsche Seitentrawler. Das Museumsschiff wird vom Historischen Museum Bremerhaven als Außenstelle betrieben und kann während der Saison […]

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29. März 2018
4 min Lesezeit
Zwei Schiffe in einem Hafenbecken.

Im Schaufenster Fischereihafen liegt die „GERA“, der letzte deutsche Seitentrawler. Das Museumsschiff wird vom Historischen Museum Bremerhaven als Außenstelle betrieben und kann während der Saison besichtigt werden. Ein Seitentrawler ist ein Fischdampfer, bei dem ein Schleppnetz über die Steuerbordseite ausgesetzt wird.

Ein DDR-Schiff in Bremerhaven?

Die „GERA“ wurde 1959/60 auf der Peenewerft in Wolgast gebaut. Bremerhaven hat eine lange Tradition in der Hochseefischerei: Hier entstand 1885 der erste deutsche Fischdampfer. Geestemünde (heute ein Stadtteil) war zeitweise der größte Fischereihafen des europäischen Kontinents. Leider haben die Bremerhavener ihren letzten Seitentrawler 1980 verschrottet. Doch im ehemaligen Fischkombinat Rostock befand sich noch ein Exemplar dieses Schiffstyps, das baugleich mit den Bremerhavener Schiffen ist. Die Stadt Bremerhaven kaufte dieses 1990 für 1 DM. Seitdem liegt die „GERA“ als Museumsschiff im Fischereihafen. Während der Saison kann sie täglich von 11 bis 18 Uhr besichtigt werden.

Auf dem Fangdeck

Über die Gangway gehe ich an Bord und stehe zunächst auf dem Fangdeck. An der Steuerbordseite ist noch das Netz befestigt. Die Arbeit der Männer hier an Deck war extrem anstrengend. Denn das Aussetzen und Einholen des schweren Netzes war weitgehend Handarbeit und erforderte kräftige Arme.

Von der Steuerbordseite aus wurde das Netz ausgesetzt und eingeholt.

Arbeiten und Wohnen an Bord

Weiter geht es ins Schiffsinnere. Über einen Niedergang (so nennt man die steilen Treppen an Bord) gelange ich zum kleinen Hospital und zu den Kammern des Kapitäns und des Ersten Steuermanns. Zu ihrem Arbeitsplatz, der Brücke, waren es nur wenige Schritte. Allerdings ist die Tür zur Brücke meistens geschlossen. Doch bei Führungen und Aktionstagen kann man sie besichtigen.

Auf der Brücke steuerte der Kapitän nicht nur das Schiff, sondern auch den Fangbetrieb.

Ich gehe wieder nach unten. Viele Türen stehen hier auf und laden dazu ein, sich näher umzusehen. In den Kammern der Besatzung ist – wie überall auf dem Schiff – die Zeit stehen geblieben. Die Betten sind mit Original-DDR-Bettwäsche bezogen, Pin-up-Girls lächeln von der Wand. In diesen engen Kammern hielten sich die Seeleute aber nur selten auf. Für Schlafen und Pausen war kaum Zeit. War ein guter Fangplatz erreicht, wurde rund um die Uhr gearbeitet. Geregelte Arbeitszeiten gab es nicht.

Im Maschinenraum liegt Ölgeruch in der Luft. Zu besonderen Anlässen, wie an der Fischparty im April, beim Familientag im August und beim Tag des Offenen Denkmals im September wird die Vater-und-Sohn-Maschine von ehrenamtlichen Mitarbeitern angeworfen. Geräuschempfindlich sollte man dann allerdings nicht sein.

Blick auf die Vater- und Sohn-Maschinenanlage

Steile Stufen führen mich nach unten zur Kombüse und zu den beiden Messen. In der Kombüse stehen sogar noch die Töpfe auf dem Herd und die Kellen hängen von der Decke. Es scheint, als hätte der Koch nur mal eben schnell den Raum verlassen. Gegenüber in der Mannschaftsmesse kann man auf den Original-Stühlen und Bänken der Besatzung eine kleine Pause einlegen. Hier läuft der beeindruckende Film „‚Das war Knochenarbeit‘ – Hochseefischerei auf dem Seitentrawler ‚GERA’“. Ehemalige Hochseefischer berichten von ihrem gefährlichen Job. Dazwischen sind Filmaufnahmen aus den 1950er Jahren von Fangreisen zu sehen.

Nun schaue ich mir noch an, wo die Netze und der Fisch gelagert wurden. Dazu muss ich einmal das Fangdeck überqueren und wieder einige Stufen nach unten steigen. Im Netzraum sind nicht nur verschiedene Netze, sondern auch Schaubilder, die zeigen, wie das Netz aufgebaut ist. Tief darunter befindet sich der Fischladeraum. Auf großen Fotos sind Männer zu sehen, die Eis schaufeln. Sie hatten sicherlich einen besonders kalten Arbeitsplatz. Bei der Ausreise nahm die „GERA“ 80 Tonnen Eis mit, von dem etwa 35% unterwegs schmolzen. Der gefangene Fisch wurde auf dem Fangdeck durch Luken über Rutschen direkt nach unten in den Fischladeraum gebracht. Die Matrosen hier unten lagerten ihn mit dicken Eisschichten in einzelnen Fächern. In verschiedenen Filmen kann man Eindrücke von der Arbeit auf einem Seitentrawler gewinnen.

Zurück in der Gegenwart

Schließlich geht es wieder nach oben – meine Zeitreise auf der „GERA“ ist zu Ende. Ein Besuch des letzten deutschen Seitentrawlers lohnt sich – für Technikfreaks, Fischliebhaber und Landratten. Vier Multimedia-Stationen und die Film-Station liefern neben der Original-Ausstattung ein authentisches Bild vom Leben und Arbeiten an Bord. Wer möchte, kann sich beim Rundgang über das Schiff von Kapitän Hein und Bestmann Harry begleiten lassen. An 17 Stationen auf dem Schiff berichten die beiden in einem Multimedia Guide über ihre Arbeit an Bord. Der Guide lässt sich entweder über das eigene Smartphone oder über ein Leihtablet empfangen.

Besucher nutzen den Multimedia Guide im Netzraum.

[bre_box title=“Auf einen Blick“ style=“soft“ box_color=“#002c4c“ radius=“5″]Das Museumsschiff „GERA“ ist bis zum 14.10.2018 täglich von 11-18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet für Erwachsene 3,50 Euro, für Ermäßigte 2,30 Euro, für Familien 8,20 Euro und für Schulklassen 1,80 Euro pro Person. Schulklassen aus Bremerhaven erhalten freien Eintritt. www.museumsschiff-gera.de[/bre_box]

(Fotos: Historisches Museum Bremerhaven)

 

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Kerstin Ras-Dürschner

Mich interessieren die Geschichte(n) der Stadt und der Menschen, die hier leb(t)en. Als Exilfränkin schätze ich die frische Luft, das Wasser und den weiten Himmel.

Historikerin, Wiss. Referentin des Historischen Museums Bremerhaven

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