Feministische Kunst – von vier jungen Künstlerinnen wird sie uns derzeit und noch bis zum 4. September 2022 in der Kunsthalle Bremerhaven gezeigt. Ich weiß, Feminismus!? – ein Begriff, der mit vielen Emotionen verbunden ist und seinen Ausdruck in vielen Formen findet.
Feminismus
Die Grundüberzeugung des Feminismus ist, dass alle Geschlechter gleichwertig und sie deshalb auch alle gleichberechtigt sind. Klingt meines Erachtens ziemlich vernünftig und richtig. Umso überraschender ist es doch, dass mit dem Blick auf die heutige Rolle der Frau, das Bekenntnis Feministin zu sein, immer noch aggressive Debatten auslöst. Allein schon die Notwendigkeit des Wortes zeigt doch, dass wir von der Gleichberechtigung und der Selbstbestimmtheit weit entfernt sind. Also warum gibt es diesen Kampf und warum müssen wir ihn führen?
Vier Frauen, eine Ausstellung
In der Kunsthalle Bremerhaven sind vier Künstlerinnen zu sehen, die auf diesen Konflikt wie eine Antwort wirken. Die Ausstellung ist keineswegs eine reine Frauenausstellung. Frauen und Männer werden gleichermaßen angesprochen: es geht um den Körper, das Begehren, über das Gendern und natürlich um das Geschlecht. Die Schau zeigt den gegenwärtigen Stand des Feminismus in vier Positionen, in vier Blickwinkeln und in vielen unterschiedlichen Kunststilen.
Daphne Ahlers (*1986)
Die Künstlerin Daphne Ahlers macht aus dem Feminismus, der Weiblichkeit etwas Greifbares. In der großen Halle stehe ich vor einem ihrer weichen und biegsamen „soft sculptures“. Im wahrsten Sinne des Wortes, lassen diese tief ins Innere blicken.
Humorvoll präsentiert sie Formen, die voller erotischer Aufladungen sind. Sie spielt dabei mit den in der Gesellschaft festverankerten Symbolen von Weiblichkeit und Männlichkeit. Unverblümt demonstriert die Künstlerin uns, wie klischeebehaftet unser Denken ist. Und gerade diese Wahrheit, lässt mich als Betrachter oft peinlich berührt zurück.
Leda Bourgogne (*1989)
Im anliegenden Kabinett befindet sich die künstlerische Arbeit von Leda Bourgogne. Hier wird dem feministischen Denken, unter anderem die Dimension der Psychologie hinzugefügt.
Sie versteht den menschlichen Körper nicht als etwas vollständig Physisches. Sie empfindet ihn mehr als eine Art Fragment, welches aus widersprüchlichen und instabilen Facetten zusammengesetzt ist. Dieses Denkmodell stellt Leda Bourgogne objekthaft in ihren Bildern dar. Aus vielen Stoffen fügt sie die wandelbaren Identitäten des Menschen zusammen. Unter anderem auch die Beschaffenheit von Begierde und die von ihr herbeigeführten Verwundungen.
Die Installation im Kabinett spielt den niederländischen Film EEn Vrouw Als Eva (A woman like Eve) von 1979 ab. Ein Drama, wie sich herausstellt, wo Intimitäten offen ausgetragen werden. Dieser Film veranschaulicht ganz deutlich, wie sich Identitäten verändern können, wenn sich gewohnte Grenzen verschieben oder etwas Unerwartetes eintritt.
Evelyn Plaschg (*1988)
Im Zentrum der Arbeiten von Evelyn Plaschg steht der menschliche Körper, ihr eigener wie der der anderen. Den Körper zu spüren, wahrzunehmen und ihm zu geben was er mag zeugt von großer Selbstbestimmtheit. Dieses natürliche Recht ist bis heute nicht jeder Frau gegeben. Sie können oder dürfen nicht! Auferlegte Regeln, Scham oder Fremdbestimmtheit verhindern dies.
Im Hauptraum befinden sich sieben großformatige Zeichnungen von Evelyn Plaschg. Sie zeigen entblößte Körper, die sich anfassen, sich begehren und aneinanderschmiegen.
Das Persönliche und Intime wird von den Farben und den Pinselstrichen zusätzlich verstärkt. Das Farbspektrum reicht von knalligem Orange über fleischiges Rosa bis zu wässrigem Türkis und sattem Dunkelblau. Doch trotz der kräftigen Farben wirken die Arbeiten von Evelyn Plaschg zärtlich und leicht. Sie haben etwas Elektrisierendes, man muss einfach hinsehen. Genau hinsehen. Weshalb ich mir wie ein Voyeur vorkomme, der die Grenzen der Privatsphäre eindeutig überschreitet.
Puppies Puppies –
Jade Guanaro Kuriki-Olivio (*1989)
Mit dem Ablegen des Pseudonyms „Puppies Puppies“ im Jahr 2018, stellte sich Jade Kuriki Olivo ihrer Identität. Mit der Nennung ihres wahren Namens gab sie ihre Anonymität auf und ließ sich auf ein neues Projekt ein. Vor der Bekanntmachung war sie frei von Eingrenzungen bezüglich des Geschlechts oder der sozialen Herkunft. Sie war frei von Assoziationen, eine große Projektionsfläche. Seit der Bekanntgabe werden ihre Werke zugeordnet, eingeordnet und erhalten eine neue Bestimmung. Mir stellt sich nun Frage: wie beeinflusst das Wissen, um die Person Jade Guanaro Kuriki-Olivio , die Arbeiten?!
Eine Arbeit von der Künstlerin befindet sich in der Kunsthalle Bremerhaven. Jetzt ist es an euch diese zu finden und euch die Frage selbst zu beantworten.
Veranstaltungen
Die Ausstellung mit den vier Positionen zu Feministischer Kunst ist erzählerisch und spannend zusammengetragen worden. Sie veranschaulicht, wo wir uns als Gesellschaft, im Bezug auf Geschlechterrollen, Gleichstellung und Selbstbestimmung, befinden.
Fragen zu den einzelnen Werken können bei folgende Veranstaltungen gestellt werden:
Freitag, 19. August 2022, 18 Uhr
Gespräch zu den Arbeiten von Daphne Ahlers mit Melanie Ohnemus (Kunsthaus Glarus) und Stefanie Kleefeld
Freitag, 26. August 2022, 18 Uhr
Gespräch zu den Arbeiten von Puppies Puppies (Jade Guanaro Kuriki-Olivo) mit Nikola Dietrich (Kölnischer Kunstverein) und Stefanie Kleefeld
Montag, 29. August 2022, 18 Uhr
Gespräch zu den Arbeiten von Evelyn Plaschg mit Ramona Heinlein (PASSE-AVANT) und Stefanie Kleefeld
Freitag, 02. September 2022, 18 Uhr
Gespräch zwischen Leda Bourgogne, Cathrin Mayer (Halle für Kunst Steiermark, Graz) und Stefanie Kleefeld
Informationen auch unter: Aktuelles – Kunstverein Bremerhaven e. V. (kunstverein-bremerhaven.de)
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