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Faszination Windjammer: Die SAIL im Museum

Die echte SAIL 2020 wurde ja leider abgesagt, aber in Erinnerungen zu schwelgen geht in diesem Sommer trotzdem. In unserer aktuellen Sonderausstellung „Faszination Windjammer – […]

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27. Juli 2020
6 min Lesezeit
Ein großes Segelschiff mit einem Helikopter davor.

Die echte SAIL 2020 wurde ja leider abgesagt, aber in Erinnerungen zu schwelgen geht in diesem Sommer trotzdem. In unserer aktuellen Sonderausstellung „Faszination Windjammer – SAIL Bremerhaven 1986-2020“ blicken wir zurück auf die bisherigen Windjammertreffen und auf die Geschichte dieser legendären Schiffe.

Faszination SAIL

Was ist eigentlich das Besondere an der SAIL? Darauf gibt es wahrscheinlich viele Antworten. Jeder der möchte, kann bei uns im Historischen Museum Bremerhaven seine Gedanken zur SAIL auf einem Klebezettel hinterlassen. Und da gibt es Äußerungen wie „Da spürt man es! Die Seestadt mit Herz“, „Die Stadt braucht diese SAILS, die ihre Identität prägen“ oder „… da kommt die Welt nach Bremerhaven“.

Seit 1986 findet regelmäßig alle fünf Jahre ein Windjammertreffen in Bremerhaven statt, das den Namen SAIL trägt. Schon die erste SAIL war mit 1,5 Mio. Besuchern und 260 Schiffen aus 20 Nationen ein voller Erfolg. An vier bis fünf Tagen herrscht dann in Bremerhaven Ausnahmezustand in positivem Sinne – ein Mastenmeer in den Häfen, staunende Gesichter, vielfältige Musik, Begegnungen mit Menschen aus aller Welt, Leckeres zu essen und zu trinken – und eine ganz besondere Atmosphäre. SAIL eben.

Bei Segelschiffen denke ich sofort an meine Abifahrt vor 30 Jahren: einen eindrucksvollen einwöchigen Segeltörn auf dem Ijsselmeer. Mich faszinieren die großen Schiffe mit Geschichte. Windjammer, die schon viele Seemeilen zurück gelegt, so manchen Sturm überstanden  und auf dem Generationen junger Menschen eine prägende Zeit verbracht haben.

Das Gemälde von Wilhelm Steffens zeigt das Fünfmastvollschiff „PREUSSEN“. Der auf der Tecklenborg-Werft gebaute Windjammer war unglaubliche 147 Meter lang.

Historische Windjammer

Die Ausstellung beginnt mit der Geschichte der Windjammer. Im ersten Raum seht Ihr historische Fotografien, Gemälde und Modelle von Schiffen und erfahrt einiges über den Alltag an Bord.

Habt Ihr Euch schon einmal gefragt, warum bestimmte Schiffe eigentlich Windjammer heißen? Das hat nichts mit jammern zu tun, sondern leitet sich ab von dem englischen Verb „to jam“. Das bedeutet „vom Wind vorwärts gedrückt“. Windjammer sind also besonders große und schnelle Segelschiffe, die ab 1870 gebaut wurden. Sie wurden in der Frachtschifffahrt oder als Schulschiffe für den seemännischen Nachwuchs eingesetzt.

Wusstet Ihr, dass in Bremerhaven über 250 große Segelschiffe gebaut wurden? Dazu zählen auch mehrere Flying P-Liner. Diese Frachtsegelschiffe der Hamburger Reederei Laeisz tragen alle einen Namen, der mit P beginnt und waren für ihre Schnelligkeit berühmt. Daher der Name Flying P-Liner. Man erkennt sie übrigens leicht an ihrem Rumpfanstrich in den Farben schwarz-weiß-rot.

Aus Bremerhaven stammt sogar das größte Segelschiff der Welt – die „PREUSSEN“. Das einzige Fünfmastvollschiff überhaupt wurde 1902 auf der Tecklenborg-Werft in unmittelbarer Nähe zu unserem Museum gebaut. Es war sagenhafte 147 Meter lang. Leider kollidierte es nach acht Jahren mit einem britischen Postdampfer im Ärmelkanal, der die Geschwindigkeit der „PREUSSEN“ unterschätzte, und strandete.

In unserer Sonderausstellung zeigen wir auch ein Modell der Viermastbark „PADUA“, die 1926 bei Tecklenborg gebaut wurde. Sie ist der einzige Flying P-Liner, der heute immer noch im Einsatz ist. Als russisches Schulschiff „KRUZENSTHERN“ ist sie auf den Weltmeeren unterwegs.

Die Viermastbark „KRUZENSHTERN“ ist der letzte Flying P-Liner, der noch im Einsatz ist. Bislang war sie bei jeder SAIL dabei, wie hier bei der Abschlussparade 1995. © Wolfhard Scheer

Schiffe und Besatzungen

Mit dieser Tradition bildet Bremerhaven den perfekten Ort für die SAIL. Die „KRUZENSTHERN“ war zum Beispiel bislang bei jeder SAIL dabei und besucht regelmäßig den Ort, an dem sie gebaut wurde.

Von vielen Schiffen, die an der SAIL bislang teilnahmen, zeigen wir Euch in der Sonderausstellung Fotografien. Der Bremerhavener Fotograf Wolfhard Scheer war bislang bei jeder SAIL pausenlos im Einsatz, um an Land, auf dem Wasser oder in der Luft die besten Aufnahmen zu machen – von den Schiffen, den Besatzungen und den Besucher*innen. Sein Archiv ist ein reicher Schatz, aus dem wir eine Auswahl treffen durften bzw. mussten.

Ein Besucher studiert das umfangreiche Programmbuch während der SAIL 1995. © Wolfhard Scheer

SAIL-Besucher

Die SAIL ist ein echter Besuchermagnet. Am meisten Menschen kamen zur SAIL 2000 – nämlich 2 Millionen!!! Vor allem zur Windjammerparade, die lange den krönenden Abschluss bildete, drängen sich die Sehleute dicht an dicht am Weserdeich. Inzwischen erreichen die Schiffe die Bremerhavener Häfen in einer Einlaufparade.

Unter den vielen Menschen sind auch immer ein paar besonders bekannte Gesichter. Jede SAIL hatte bislang einen hochrangigen Politiker als Schirmherren – Richard Weizsäcker, Roman Herzog, Gerhard Schröder und Joachim Gauck etwa waren hier, um Schiffe zu gucken und fröhlichen Menschen zu winken und die Hand zu schütteln.

Das Technische Hilfswerk THW ermöglichte bei der SAIL 2000 eine musikalische Kreuzfahrt der Musikkapelle Oberaudorf. © Wolfhard Scheer

Im Hintergrund der SAIL

Ohne sie wäre die SAIL nicht möglich: All die fleißigen Helfer, die beruflich oder ehrenamtlich im Vorfeld dafür sorgen, dass die SAIL stattfinden kann und während der fünf Tage alles reibungslos abläuft. Ihnen ist der letzte Raum unserer Sonderausstellung gewidmet. Die Fotos zeigen das Organisationskomitee, das Technische Hilfswerk, die Polizei Bremerhaven, den Rettungsdienst der Feuerwehr, die DLRG und andere im Einsatz. Eine wichtige Rolle spielen auch die Liasions, die als Verbindungsoffiziere rund um die Uhr für die Besatzungen der Schiffe im Einsatz sind – wenn ein Matrose Zahnschmerzen hat oder der Kapitän zu einem wichtigen Termin muss, sind sie zur Stelle.

An unseren Mitmachstationen ist seemännisches Wissen und Geschick gefragt. © Gerhard Bergmann

Mitmachstationen in der Ausstellung

Am Schluss der Sonderausstellung wartet noch etwas ganz Besonderes auf Euch: Ihr könnt nun selbst aktiv werden. Die oben genannten Klebezettel liegen hier bereit und warten auf Eure kreativen Gedanken zur SAIL. Was geht Euch durch den Kopf, wenn Ihr an die SAIL denkt?

Außerdem könnt Ihr Euer seemännisches Wissen und Geschick unter Beweis stellen. Wie wäre es mit einem Doppelten Schotstek oder einem Kreuzknoten? Probiert es einfach aus – Tampen und Anleitungen findet Ihr an unserer Knotenstation. Nicht ganz einfach ist unser Schiffstypen-Quiz. Schaut Euch die Bilder der Segelschiffe genau an und setzt die Magneten an die richtige Stelle. Windjammer-Spezialisten wissen gleich, ob es sich um ein Vollschiff oder eine Bark handelt. Kleiner Tipp: Vollschiffe haben an allen Masten Rahsegel, Barken nicht.

Oder nutzt unsere Magneten mit dem Flaggenalphabet und versucht, Euren Namen richtig zu legen. Für Kinder liegt auch noch ein Rätselblatt rund um die Seemannssprache bereit.

Blick in die Sonderausstellung „Faszination Windjammer – SAIL Bremerhaven 1986-2020“ © Gerhard Bergmann

Lust auf mehr?

Wir bieten regelmäßig SAIL-SchnupperTouren an. Bei diesen ca. dreißigminütigen Kurzführungen erhaltet Ihr einen Überblick über die gesamte Ausstellung und könnt Euch danach noch auf eigene Faust umsehen. In den Sommer- und Herbstferien veranstalten wir das Ferienprogramm „SAIL, Schiffe, Seemannsgarn“. Kinder ab acht Jahren werden zu kleinen Matrosen und bauen sich ihr eigenes Segelschiff aus Holz. Die aktuellen Termine findet Ihr auf unserer Homepage. Eine Anmeldung ist grundsätzlich erforderlich.

An der Museumskasse gibt es für 2,50 Euro das „Logbuch“ – ein Heft mit kniffligen Aufgaben, die den Ausstellungsbesuch für Kinder besonders spannend machen.

Außerdem zeigen wir in unserem Museumskino verschiedene Filme über die vergangenen SAILs. Einfach an der Kasse Bescheid geben und schon könnt Ihr in besonderen Erinnerungen schwelgen. Ein Dankeschön an Radio Bremen, die Erlebnis Bremerhaven, Jens Carstensen und Ralf Hertel, die uns dafür ihr Filmmaterial zur Verfügung gestellt haben.

l[bre_box title=“Auf einen Blick“ style=“soft“ box_color=“#002c4c“ title_color=“#FFFFFF“ radius=“5″]Sonderausstellung „Faszination Windjammer – SAIL Bremerhaven 1986-2020“
Historisches Museum Bremerhaven
An der Geeste
27570 Bremerhaven
Die Ausstellung läuft vom 26.05. bis zum 1.11.2020, Di-So 10-17 Uhr
Der Eintritt ist frei.
http://www.historisches-museum-bremerhaven.de [/bre_box]

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Kerstin Ras-Dürschner

Mich interessieren die Geschichte(n) der Stadt und der Menschen, die hier leb(t)en. Als Exilfränkin schätze ich die frische Luft, das Wasser und den weiten Himmel.

Historikerin, Wiss. Referentin des Historischen Museums Bremerhaven

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