Die neue Dauerausstellung im Klimahaus zeigt Gegenwart und Zukunft des Klimawandels auch jenseits des achten Längengrades. Beim dreistufigen Besuchserlebnis ist die Fahrt mit dem Uplift neben Wetterstudio und „Augenzeugen“ ein besonders intensives Highlight.
Hochgradig innovativ und weltweit einmalig
Wir haben den neuen Ausstellungsbereich am 20. März 2025 eröffnet – doch auch heute noch mache ich die ersten Schritte dort hinein noch immer erstmal ehrfürchtig. So gewaltig ist das, was hier geschaffen wurde. Über Monate wurden Bodendecken ausgerissen, ein riesiges Loch über drei (!) Etagen gefräst und dann alles neu eingekleidet und ausgestattet. Das technische Wunderwerk aber ist eine sogenannte Hubplattform, die in dem „Loch“ mittlerweile drei Mal in der Stunde rund 35 Besucher:innen von der ersten in die dritte Etage fährt und dabei Extremwetter erleben lässt. Die Fahrt ist das Highlight des Erlebnisses, während der Zwölfminutenfahrt gibt es Hitze, Starkregen und Wirbelstürme und deren Auswirkungen. Aber dazu später mehr.

Willst du mal das Wetter machen?
Denn das Erlebnis beginnt ganz harmlos, sogar eher spielerisch. Du kennst sicher Özden Terli, den Meteorologen und Wettermoderator des ZDF? Wir konnten ihn dafür gewinnen, mit uns einen kleinen Einspieler für ein kleines Wetterstudio zu machen. Und so leitet Özden Terli unsere Besucher:innen an, ihre eigene Wettershow zu machen. Gar nicht so einfach, am Greenscreen die Wolken zu treffen und zugleich vom Teleprompter den passenden Text abzulesen. Viele Besucher:innen kommen über sich selbst lachend wieder aus der Kabine hinaus. So eingestimmt, lässt sich an der nächsten Station mit dem Laserscanner der Aufbau eines Wirbelsturms erfassen. Irre, mit welcher Dynamik sich der Wolkenstrudel aufbaut.
Kinder – und ihre Eltern – machen wir sicher mit dem Wolkenbecken glücklich. Sanft müssen sich die Hände durch die aufsteigenden Wolken schieben, um das Wimmelbild darunter sichtbar zu machen. Was es da nicht alles zu entdecken gibt: ein Vogel, der im Sturm seine Federn verliert zum Beispiel, ein Baum, der wegen des Extremwetters nur noch keuchen kann oder eine Kuh, die ihr Fell wegen der Hitze per Reißverschluss luftiger macht. Und vieles Absurdes und Spaßiges mehr.

Mit dem Bereich „Wettershow“ wird es dann wieder seriöser und ernster. Mehrmals am Tag aber auch spontan können die Besucher:innen den Ausführungen entweder unsere Meteorloginnen oder der Scouts der Ausstellung lauschen und sich mit Superlativen des Wetters vertraut machen: Der größte Hagelkorn? Ort mit der meisten Regenmenge? Der schnellste Tornado? Clevere Besucher:innen kennen oder erraten die Antworten; alle lernen auf alle Fälle etwas darüber, wozu die Natur in der Lage ist.
Mit Insa vom Weltraum ins Extremwetter
Dann aber gilt es, sich auf die Fahrt mit dem „Uplift“ vorzubereiten. Zur Einstimmung führt auch hier – wie beim Ausstellungsbereich „Reise“ – ein Prologfilm in das Thema ein. „Poetisch“ ist der Begriff, der mir am ehesten dazu einfällt: Mit der warmen Stimme von Insa Thiele-Eich, deutsche Meteorologin, einer großen Öffentlichkeit bekannt geworden durch die Initiative „Die Astronautin“, nimmt uns mit in ein sie prägendes Kindheitserlebnis. Beim abendlichen Ausflug mit der Familie und dem Blick in den klaren Nachthimmel sei bei ihr die Sehnsucht nach den Sternen entfacht worden, dem Wissenwollen der Zusammenhänge von Sternenstaub, Menschsein und Wetter. Soweit, so anrührend. Aber Insa Thiele-Eich verschweigt auch nicht, wie sich das Wetter im Laufe der Jahre verändert hat, welche Herausforderungen sich ihr als fünffacher Mutter stellen, die Fragen der neugierigen Kleinen wahrheitsgemäß aber nicht angstmachend zu erklären. Denn ganz klar – die Veränderungen, die Zunahme von Extremwetterereignissen muss uns also sorgen.

Auf der Plattform in die Wetterextreme
Nach rund fünf Minuten Einstimmung gehen wir auf die Plattform, die für rund 35 Menschen Platz bietet. Ein Rollstuhl inklusive. Dann geht es los. Die sonore Stimme von Tatja Seibt, deutscher Schauspielerin und Synchronsprecherin, ist das zugleich erklärende wie beruhigend wirkende Element in einer ansonsten stürmischen Inszenierung. Auf unserem Weg nach oben erleben wir Hitze, Waldbrände, Starkregen, Hagel und einen tropischen Wirbelsturm. Ein raumfüllender Sound und 360 Grad Bildschirme machen aus der Fahrt ein intensives Erlebnis, das Dank kinetischer Elemente, Nebel- und Raucheffekte, einem Wasservorhang und Windmaschinen alle Sinne berührt. Ich will hier nicht zu viel verraten, zumal jedes Wort bloße Theorie ist. Erlebt es einfach selbst, es wird euch wie nahezu alle unsere Besucher:innen nicht kaltlassen.

Begegnet Augenzeugen von Extremwetter
„Wer wollen wir gewesen sein?“ Mit dieser spannenden und wichtigen Frage nimmt uns Insa Thiele-Eich am Anfang des nächsten Ausstellungsbereiches, den „Augenzeugen“, wieder in Empfang. Hier werden die Themen Hitze, Regen und Sturm noch vertieft. An digitalen Tafeln könnt ihr den Ausführungen beispielsweise von Koruna Rani Mondal aus Bangladesch lauschen. Sie hat einen Zyklon – einen tropischen Wirbelsturm – überlebt und setzt sich heute dafür ein, dass das Land mehr und mehr vor den Auswirkungen der immer häufiger auftretenden Wirbelstürme geschützt wird: In einem sozialen Projekt pflanzt sie Mangroven, die sich als Schutzschilde und natürliche Barrieren bewiesen haben.
Oder ihr nehmt euch Zeit für die Erläuterungen von Mohammad Liakath Ali, der ebenfalls in Bangladesch für die zivilgesellschaftliche Organisation BRAC Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen umsetzt. So ist es gelungen, im Laufe der letzten 50 Jahre die katastrophalen Folgen von Zyklonen durch niedrigschwellige Frühwarnungen und weitere Aktionen stark zu minimieren. Mich beeindruckt das Gehörte immer wieder neu – vor allem, da Bangladesch zu einem der ärmsten Länder der Welt gehört, selbst sehr wenig bis gar nichts zum Klimawandel beigetragen hat und dennoch das Problem offensiv angegangen ist. Das würde ich mir auch für die Verursacher wünschen. Diese Haltung teilt die 21-jährige Teresa Nuncio aus Portugal, die sagt: „Wir sind die erste Generation, die in eine Klimakrise hineingeboren wurde“. Und das gibt dann schon zu denken.

Insgesamt zwölf Augenzeugen nehmen euch mit in ihr Leben, in dem der Klimawandel und mindestens ein Extremwetterereignis lebensverändernd eingegriffen haben. Es lohnt sich, in die Begegnung zu gehen. Zumal die Klimaforscherin Dr. Friederike Otto jeden Themenbereich dann nochmals aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet und einordnet.
Frau Otto erklärt Extremwetter
Auf die Arbeit von Dr. Friederike Otto und ihrem Team am Imperial College London geht das letzte Exponat der „Wetterextreme“ zurück: eine interaktive Weltkarte. Durch drehen eines Trackballs navigiert ihr dort zwischen Extremwetterereignissen. Neben den Erklärungen gibt es aber vor allem Hinweise, wie wahrscheinlich Sturm, Starkregen oder Hitzeperioden durch den menschgemachten Klimawandel gewesen sind. Diese Aussagen gehen auf die sogenannte Attribitionsforschung oder Zuordnungsforschung von Otto und Co zurück, für die sie sich weltweit einen Namen gemacht hat und in der Liste der 100 einflussreichsten Personen weltweit aufgenommen wurde.

Insgesamt sind die „Wetterextreme“ ein beeindruckender Beweis für den „Wahnsinn“ des Menschen: positiv, da die Bauleistung und die Inszenierung wirklich atemberaubend sind. Auffällig und bewundernswert ist auch, wozu Menschen fähig sind: sie können ihre Resilienz und Widerstandskraft ebenso ausbauen, wie ihre Anpassungsfähigkeit. Negativ, da die Auswirkungen des Klimawandels so unumkehrbar deutlich sind. Im Klimahaus Bremerhaven sind sie zudem erlebbar.
Informationen
Für die neue Dauerausstellung „Wetterextreme“ benötigst du ein extra Ticket zuzüglich zum Tagesticket für das Klimahaus. Der Einlass erfolgt zu vorab gebuchten Zeitfenstern. Weitere Infos unter dieser Website.
