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Die „United States“ bleibt Kult

Manchmal frage ich mich, ob man Nostalgie vererben kann. Für die „United States“, den legendären Ozeanliner, muss das wohl eindeutig mit Ja beantwortet werden. Dieses […]

Portrait Presse-Beauftragter (c) Tanja Mehl Erlebnis Bremerhaven
9. Jan. 2025
5 min Lesezeit
Historische Aufnahme der United States in Fahrt.

Manchmal frage ich mich, ob man Nostalgie vererben kann. Für die „United States“, den legendären Ozeanliner, muss das wohl eindeutig mit Ja beantwortet werden. Dieses Schiff, so mächtig wie einmalig, wird für immer mit der Geschichte von Bremerhaven verwoben bleiben. Die „United States“ bleibt Kult. Das schnellste Schiff, das je den Atlantik überquert hat, bricht nun zu seiner letzten Fahrt auf. Sie endet vor der Küste Floridas im Golf von Mexiko – auf dem Grund. „Amerikas Flaggschiff“ der 50er Jahre geht mit einem weiteren Superlativ zu Ende: als das weltweit größte künstlicher Riff. Aber die Legende von der „Big U“, sie lebt in Bremerhaven.

Ein Pöks bei der letzten Abfahrt

Meine Erinnerungen an die „United States“ sind verschwommen, schließlich war ich noch ein Pöks, als sie zum letzten Mal Bremerhaven anlief. Aber die Geschichten, die Bilder, die ich gehört und gesehen habe, weben ein Gefühl, was das Schiff diese Stadt einst bedeutete. Mehrfach sogar gab es sogar Überlegungen, den Ozeanliner hierher zurückzuholen.

Historische Aufnahme der United States
Die „United States“ verlässt die Columbuskaje (c) United States Conservancy_Charles Anderson Collection

Der Traum der grenzenlosen Freiheit

Es war mitten in der Nacht an jenem 3. Januar 1953, als die hellerleuchtete „United States“ erstmals an der Columbuskaje anlegte. 72 Jahre sind seitdem vergangen. Über die Toppen geflaggt war das Schiff, klirrend kalt war es und bildete doch einen Moment, der Geschichte schrieb: Die Ankunft um 2 Uhr verfolgten hunderte Ehrengäste, der Bundesverkehrsminister war angereist, die Wochenschauen berichteten in ganz Deutschland in den Kinos über die Ankunft. Sie weckte den Traum von der grenzenlosen Freiheit – und die Bremerhavener standen bei jedem der 167 Anläufe in den folgenden anderthalb Jahrzehnten Spalier. Die Stadt war der europäische Endhafen für das schnellste Passagierschiff der Welt.

Die „United States“ wird zum Symbol

Die Festlichkeit des Anlaufs, auch das war die Faszination, die das Schiff mit seinen markanten rot-weiß-blauen Schornsteinen ausstrahlte. Drei-, vierhundert Passagiere gingen an Bord, doppelt und dreifach so viele in Southampton und Le Havre. 2000 Passagiere konnten mitfahren, 1000 Besatzungsmitglieder kümmerten sich um sie. Die „United States“ war nicht nur ein Schiff, sondern wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Symbol für Geschwindigkeit und Technik, den Fortschritt und den amerikanischen Traum. Ein Stück Weltgeschichte, an dem Bremerhaven mitschrieb.

Markanter schwarz-roter Schornstein der United States.
Ansichten von Bord. (c) United States Conservany, Collection David Perry Charles Howland

Der Rekord zählt noch immer

Die „United States“ war weit mehr als nur ein Transatlantik-Liner. Ihr Geschwindigkeitsrekord, für den sie das „Blaue Band“ erhielt, besteht bis heute. 3 Tage, 10 Stunden und 40 Minuten lagen nur noch zwischen Europa und den USA. Das Schiff raste  geradezu über den Atlantik – mit umgerechnet mehr als 60 Kilometern pro Stunde. Kein Schiff war schneller. Dabei soll der Kapitän nicht einmal die volle Leistung der Turbinen genutzt haben. Sie waren angeblich für einen Flugzeugträger konstruiert. Die wahre Höchstgeschwindigkeit blieb wie so manch anderes an diesem Schiff geheim.  Die „United States“ gebaut zu haben, war auch ein Zeugnis der Spannungen jener Zeit. Das Schiff war so konstruiert, dass es binnen zweier Tage umgerüstet werden konnte, 15.000 Soldaten nach Bremerhaven zu bringen, dem wichtigsten Nachschubhafen der US-Armee für ganz Europa.

Historische Aufnahme, wie die United States mit Schlepper von der Kaje ablegt.
Die „United States“ vor Bremerhaven. (c) United States Conservancy

Verloren gegen das Flugzeug

Bis 1969 lief das Schiff  Bremerhaven an und jede Ankunft füllte die Columbuskaje und den Columbusbahnhof mit Leben. Doch die Reisenden zwischen den Kontinenten stiegen da längst ins Flugzeug, und auch für das Militär hatte der Ozeanliner seine Bedeutung verloren. Für die Generation, die die „United States“ erlebte, ist dieses Schiff bis heute ein Symbol für Hoffnung und Technik geblieben und übt die Faszination einer vergangenen Zeit aus.

Lloyd Werft soll „United States“ retten

Die Geschichte des Schiffes war nach dem Ende seiner aktiven Jahre von vielen Wendungen geprägt. 1978 verkaufte es die United States Line, und in den nächsten 30 Jahren wechselten immer wieder die Eigentümer. Über Jahrzehnte bemühte sich ein Verein um die Rettung der „United States“. Es gab zahlreiche Pläne, das Schiff zu sanieren und ihm neues Leben einzuhauchen. Als schwimmendes Hotel, als Museum, die größten Hafenstädte in den Vereinigten Staaten sollen Interesse gehabt haben, sich das berühmte Schiff an die Kaje zu legen. Die Lloyd Werft in Bremerhaven hatte noch 2016 den Auftrag, einen Umbau zum Kreuzfahrtschiff zu planen. Und man träumte davon, die „United States“ als Casino-Schiff nach Bremerhaven zurückzuholen. Doch all diese Vorhaben scheiterten letztlich an den enormen Kosten.

Künstliches Riff

Nun liegt die „United States“ seit bald 30 Jahren in Philadelphia im Hafen. Innen entkernt, ihres Glanzes und Luxus beraubt, aber immer noch mächtig und über den Hafenschuppen aufragend. Ihr letztes Kapitel steht nun bevor: Die „Big U“ wurde ein letztes Mal verkauft. Für eine Million Dollar angeblich. Vor der Küste Floridas wird sie im Golf von Mexiko versenkt werden. Um als künstliches Riff Tauchern und der maritimen Tierwelt zu dienen. Gleichzeitig wird sie einen Beitrag zum Küstenschutz leisten. Es ist ein bittersüßer Abschied für ein Schiff, das einst den Stolz einer ganzen Nation verkörperte. Nur einer der beiden Schornsteine soll abgebaut werden und dort an Land aufgestellt werden, wo die Taucher zum Schiff ablegen.

Historische Aufnahme der zu versenkenden United States.
Ihr Ende naht Die „United States“ wird als Riff versenkt. (c) United States Conservancy

Die Erinnerungen bleiben

In Bremerhaven sind die Museen gefüllt mit den Erinnerungen an das Schiff – unzählige Fotos im Historischen Museum, Filmrollen, Speisekarten, Kofferanhänger, Passagierlisten, Souvenirs. Theaterstücke haben sie hier dem Schiff gewidmet.

Ein unsichtbares Band

Die „United States“ bleibt ein Faszinosum, ein Relikt einer vergangenen Ära, das die Herzen vieler berührt. Vielleicht ist es diese emotionale Verbindung, die ich spüre. Ein unsichtbares Band. Ob als Riff oder Museum, die Geschichte der „United States“ bleibt lebendig. Sie erzählt von einer Zeit, als der Ozean die Menschen verband und Bremerhaven ein Tor zur Welt war. Und irgendwo in dieser Geschichte finde ich ein kleines Stück von mir selbst.

Historische Aufnahme von Menschen, die auf der Kaje zur United States gehen.
Rauf auf die Kaje – bis Mitte der 60er Jahre war das Besuchern möglich. (c) Archiv NZ
Portrait Presse-Beauftragter (c) Tanja Mehl Erlebnis Bremerhaven
Thorsten Brockmann

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