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Die 1970er Jahre – Eine Stadt im Umbruch

Bis zum 25. November 2018 präsentieren wir im Historischen Museum Bremerhaven unsere große Sommerausstellung. In diesem Jahr geht es zurück in die Zeit von Prilblumen, […]

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9. Aug. 2018
4 min Lesezeit
Ein Ausstellungsraum mit Ausstellungswänden, einem Fahrrad einem Polizeiauto und anderen Ausstellungsgegenständen.

Bis zum 25. November 2018 präsentieren wir im Historischen Museum Bremerhaven unsere große Sommerausstellung. In diesem Jahr geht es zurück in die Zeit von Prilblumen, Schlaghosen, langen Haaren und Bärten: „Die 1970er Jahre – Eine Stadt im Umbruch“ wecken mit Fotografien und dreidimensionalen Objekten Erinnerungen an eine Zeit, in der orange, ockergelb und braun die beherrschenden Farben waren.

Bremerhaven verändert sein Gesicht

Im ersten von sechs Themenräumen fällt mein Blick sofort auf das Großfoto, das wie die meisten in dieser Ausstellung von Johannes Fleck stammt. Wo sich heute die Hafenwelten befinden, sah es 1979 ganz anders aus. Das Areal rund um den Alten Hafen wurde in den 1970er Jahren neu gestaltet und aufgewertet: Das Deutsche Schiffahrtsmuseum öffnete 1975 in einem Neubau seine Pforten und bot mit seinen Museumsschiffen den Besucher/-innen besondere Attraktionen. Die beiden Blöcke des Columbus-Centers veränderten die Stadtsilhouette entscheidend und überragten den Turm der Großen Kirche.

Außer diesen beiden Großbauten investierte die Stadt Bremerhaven in den 1970er Jahren viele Millionen DM in Bauvorhaben und die Infrastruktur: Schwimmbäder, Sporthallen, Klinikum Reinkenheide, Nordsee-Stadion, Stadthalle, Müllverbrennungsanlage. Die Liste der städtischen Neubauten ist lang.

Die ab 1973 einsetzende Wirtschaftskrise wurde als vorübergehend angesehen. Neue Kredite wurden aufgenommen, der Schuldenberg wuchs, die beginnende Arbeitslosigkeit war jedoch von Dauer. Diese Probleme werden an den Fotos der Werften und aus der Hochseefischerei deutlich. Immerhin ging es im Container- und Autoumschlag aufwärts.

Vom Radarturm aus fotografierte Johannes Fleck 1979 Bremerhavens „Neue City“ mit dem Deutschen Schiffahrtsmuseum (links) und den ersten beiden Wohnblöcken des Columbus-Centers (rechts).

 

Knallige Farben, neues Design

Zwischen den Fotografien sind auch viele Originale aus den 1970er Jahren zu sehen. Wie etwa eine von Luigi Colani entworfene Babybadewanne, eine Küchenmaschine oder Stehlampe – alles in knalligem Orange. Sogar das Nähkästchen, das zudem noch mit den an die legendären Prilblumen erinnernden Blüten verziert ist, ist orange.

Handarbeiten war in den 1970er Jahren wieder in. Diese Nähkästchen fällt durch seinen farbenfrohen Stoff mit typischem Blümchenmuster auf.

 

Auch technische Geräte präsentierten sich in den 1970er Jahren in neuem Design. Ein runder Schallplattenspieler, ein würfelförmiges Radio und ein kleiner roter Fernseher sind nicht nur schön anzusehen, sondern waren auch praktisch: Dank Batteriebetrieb konnte man sie mitnehmen und zum Beispiel mit Freunden am Deich sitzen und Musik hören.

In der Mode galt: Möglichst auffallen! Ob mit Mini-, Midi- oder Maxiröcken – alles war erlaubt. Lange Haare waren bei Frauen und Männern gleichermaßen beliebt. Schlaghosen, Bundeswehr-Parkas, Ponchos, Aufnäher und Anstecker mit Peace-Zeichen oder „Atomkraft? Nein danke!“: Nie zuvor war die Mode so facettenreich.

 

Jung sein in den 1970er Jahren

Vor vierzig Jahren verbrachten Kinder noch mehr Zeit draußen als heute. In Bremerhaven wurden zahlreiche Spielplätze gebaut. Aber auch ausrangierte Schrottautos luden zum Spielen ein. In den Schulen hielt die Technik Einzug: Sprachlabore, Kameras, Fahrzeugsimulatoren – in Bildung wurde viel investiert. Jugendliche trafen sich in Freizeitheimen, besuchten Konzerte und Festivals oder lernten selbst Gitarre, um ihren Idolen nachzueifern.

Mit wehenden Haaren vertieft in die Musik: Jugendliche genießen Mitte der 1970er Jahre ihre Freizeit am Deich.

Fazit

Die Ausstellung vermittelt einen spannenden und sehr anschaulichen Einblick in eine Zeit, in der sich in Bremerhaven vieles änderte. Vor allem die zahlreichen öffentlichen Neubauten prägten die Stadt. Die Auswirkungen wirtschaftlicher Probleme sind bis heute zu spüren. Die bunten, dreidimensionalen Exponate wecken bei mir Erinnerungen an meine eigene Kindheit – wie etwa die Werbefiguren aus den legendären Fernsehsendungen „Der große Preis“ und „Die Sesamstraße“, die für mich zu den Höhepunkten des TV-Programms gehörten. Und einen Scout-Schulranzen hatte ich auch – allerdings in rot.

Übrigens: Wer noch ausführlicher in den 1970er Jahren schwelgen möchte, dem sei der Katalog zur Ausstellung empfohlen: Anja Benscheidt/Alfred Kube, Eine Stadt im Umbruch: Bremerhaven in den 1970er Jahren, Bremerhaven 2018 (Preis: 25,90 Euro)

Auf einen Blick: Sonderausstellung „Die 1970er Jahre – Eine Stadt im Umbruch“
30.06.-25.11.2018,

Termine für regelmäßig stattfindende öffentliche ExtraTouren unter historisches-museum-bremerhaven.de/veranstaltungen
Historisches Museum Bremerhaven,
An der Geeste,
27570 Bremerhaven

Fotos: Historisches Museum Bremerhaven

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Kerstin Ras-Dürschner

Mich interessieren die Geschichte(n) der Stadt und der Menschen, die hier leb(t)en. Als Exilfränkin schätze ich die frische Luft, das Wasser und den weiten Himmel.

Historikerin, Wiss. Referentin des Historischen Museums Bremerhaven

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