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D-Mark und Türknäufe aus Barcelona

Bremerhaven hieß nicht immer Bremerhaven. Und was haben Türknäufe aus Barcelona mit der Währungsreform und der Deutschen Mark zu tun? Und welche Rolle spielen dabei […]

Frau blickt durch Fernglas auf den Hafen
2. Feb. 2023
4 min Lesezeit
Währungsreform: Erste zwanzig Deutsche Mark-Note

Bremerhaven hieß nicht immer Bremerhaven. Und was haben Türknäufe aus Barcelona mit der Währungsreform und der Deutschen Mark zu tun? Und welche Rolle spielen dabei die Amerikaner? Die noch junge Hafenstadt hat eine lebhafte Geschichte hinter sich und ist für einige Überraschungen gut.

Der Bremer Hafen ist in Bremerhaven

Bürgermeister Johann Smidt gründet Bremerhaven als Bremer Hafen. Die Weser versandet immer mehr. Deshalb gelangen Schiffe nur schwer nach Bremen. Bürgermeister Smidt verhandelt mit dem Königreich Hannover und kauft das Gelände der ehemaligen Carlsburg. Durch den Handel mit Amerika und der Auswanderungswelle erlebt die Stadt einen raschen Aufschwung. Schnell wird der Hafen zum bedeutenden Passagierhafen. Der Norddeutschen Lloyd und die Schnelldampfer „Bremen“ und „United States“ machen ihn berühmt.

Historisches Foto, auf dem die United States mit Schleppern an die Columbuskaje in Bremerhaven bugsiert wird.
Die „United States“ läuft Bremerhaven an (c) Historisches Museum Bremerhaven

Wettstreit in den Häfen

Das Königreich Hannover will nicht nachstehen und errichtet am südlichen Geesteufer ebenfalls einen Hafen. Hier sind Docks, Bahnanschluss und Umschlagplätze für Holz, Reis und Petroleum angesiedelt. Nördlich der Geeste wachsen die Stadtteile Bremerhaven und Lehe, und südlich der Geeste die Stadtteile Geestemünde und Geestendorf.

Bremerhaven büßt seinen Namen ein

Geestemünde und Geestendorf vereinigen sich 1889. 1924 erfolgt die Vereinigung Lehe und Geestemünde zur Stadt Wesermünde. 1927 wird Lehe in Wesermünde umbenannt und 1939 Bremerhaven ebenfalls. Um das Ganze noch komplizierter zu machen, bleibt das Überseehafengebiet bremisch.

Zwei Städte – ein Land

Am 18. September 1944 wird die Innenstadt beim einem Bombenangriff fast komplett zerstört. Nach dem Kriegsende wird Wesermünde als amerikanischer Nachschubhafen für Deutschland auserkoren. 1947 erfolgt eine erneute Namensumbenennung in Bremerhaven. Die Hafenstadt wird damit Teil des neuen Bundeslandes Bremen und des Zwei-Städte-Ein-Land-Staates.

Völlig zerstörte Innenstadt Bremerhavens nach dem Bombenangriff 1944. Auf einer Straße fährt eine Straßenbahn und vereinzelte Autos. Ein paar Menschen gehen zu Fuß neben den Trümmern. Im Hintergrund steht noch die Große Kirche und vereinzelte Häuser.
Bremerhaven nach dem Bombenangriff 1944 (c) Historisches Museum Bremerhaven

Mit den Amerikanern kommt die Währungsreform

Und mit den Amerikanern hält auch die notwendige Währungsreform Einzug in Deutschland. 1947 beginnen die Alliierten, mit Ausnahme der Sowjetunion, mit der Operation „Bird Dog„. Im Herbst beginnt die American Note Company in New York City mit dem Druck der neuen westdeutschen Währung. Natürlich geschieht dies unter strengster Geheimhaltung.

Währungsreform: Die neue D-Mark

So erinnert das Erscheinungsbild der neuen D-Mark-Scheine auch stark an die US-Dollarnoten. Zu erkennen sind die Banknoten an dem Schriftzug „Banknote, Deutsche Mark, Serie 1948“.

Währungsreform: Zehn Deutsche Mark Banknote
Währungsreform: Zehn Deutsche Mark Banknote (c) Historisches Museum Bremerhaven

Statt Türknäufen aus Barcelona bündelweise D-Mark-Scheine

Solch wertvolle Fracht kann natürlich nicht offiziell auf die Reise gebracht werden. Daher deklarieren die Amerikaner den Inhalt von 23.000 Kisten als „Türknäufe aus Barcelona“. Die transportierenden Frachtschiffe erreichen Bremerhaven im Jahr 1948. Natürlich befindet sich kein einziger Türknauf in den Kisten, sondern haufenweise Banknoten. So schicken die USA in mehreren Etappen rund sechs Milliarden D-Mark über den Ozean. Das Gesamtgewicht beträgt über 1.000 Tonnen. Das entspricht einem Gewicht von etwa 200 Elefanten.

Die neue Währung geht auf Reisen

Die wertvolle Fracht wird auf Züge verladen und nach Frankfurt am Main geschickt. Hier lagert alles sicher im Keller des alten Reichsbankgebäudes. Im Juni 1948 werden die Geldscheine von 800 LKWs und mehreren Sonderzügen in die Besatzungszonen Westdeutschlands ausgeliefert. Die Verteilung vor Ort wird über die Ausgabestellen für Lebensmittelmarken organisiert. Der Wechselkurs beträgt 1 : 1. Für 40 Reichsmarkt erhalten die Menschen 40 D-Mark. Etwas später dürfen nochmals 20 Reichsmark in 20 D-Mark getauscht werden.

Auszug von 1948 über die Umtauschbedingungen und -möglichkeiten der Reichsmark in die D-Mark.
Währungsumtauschmöglichkeiten in Bremerhaven aus dem Jahr 1948.

Lebensfreude, Soul und Rock’n’Roll

So beliebt, wie die neue Währung waren auch die Amerikaner in der Seestadt. Mit den Amis, wie die Besatzer liebevoll genannt werden, kommen auch zahlreiche Bars und Clubs in die Hafenstadt. Chico’s Place, Texas Club und Bahamas sind noch heute legendär und erinnern an die Besatzer, die über die Jahre zu Freunden werden.

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Tanja Albert

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