Haben Fische eigentlich eine Saison? Für uns Touristiker*innen ist der Begriff „Saison“ ja absolut geläufig, denn er teilt das Jahr ein. Aber im Fischfang? Darüber sprechen Kira und ich in der neuesten Folge von „Bremerhaven funkt“ mit Dr. Kai Uwe Richter, dem Geschäftsführer der Doggerbank Seefisch GmbH. Das Bremerhavener Unternehmen sitzt im Fischereihafen direkt an der Kaje und betreibt aktiven Fischfang. Uwe muss es also wissen. Kleiner Spoiler: Ja, auch Fische sind Saisonware. Aber hört rein:
Der Anfang vom modernen Fischfang
Es war der 7. Februar 1885, als mit der „Sagitta“ der erste deutsche dampfbetriebene Fischdampfer für die Hochseefischerei in Dienst gestellt wurde. In Bremerhaven! Bei uns fing der moderne Fischfang also an. Bremerhaven ist nicht nur mit den Auswander*innen groß geworden, sondern auch mit der Hochseefischerei. Bis in die 1970er Jahre lief das Geschäft prima, doch rund hundert Jahre nach der ersten Reise der „Sagitta“ lag die Branche aus den unterschiedlichsten Gründen brach.
Die Doggerbank Seefischerei
Wer nun meint, dass Deutschland keinen Fischfang mehr betreibt, der irrt. Ich zum Beispiel. Felsenfest habe ich bis zum Gespräch mit Uwe all die Jahre behauptet, dass Deutschland keine Fischfangflotte mehr besitzt. Zum Teil stimmt das sogar, denn es gibt kein Schiff mit deutscher Kennung. [Spoiler: Nächstes Jahr soll es wieder eines geben!] Aber es gibt unter anderem die Bremerhavener Firma Doggerbank Seefischerei, die uns Uwe zunächst als Muttergesellschaft für mehrere Reedereien mit aktiver Hochseefischerei vorstellt, und deren fünf Schiffe fleißig Fisch fangen. Nur eben unter der Flagge anderer Länder. Zudem werden auch zwei Kühlhäuser sowie ein Technischer Dienst von der Doggerbank betrieben. Uwe sagt übrigens „Fahrzeuge“ oder „Fischereifahrzeuge“, wenn er von Schiffen spricht. Man könnte auch Trawler – sprich: Trauler – sagen, lernen wir. Fun Fact: Drei der 90 bis 150 Meter großen Schiffe kommen regelmäßig nach Bremerhaven, zwei aber sind so groß, dass sie nicht durch die Schleuse in den Fischereihafen passen und in den Niederlanden gelöscht – entladen – werden.
Auch Fische haben ihre Zeit
Und ja, auch das Leben der Fische und damit der Fischfang folgt einer Saison. Denn die Tierchen müssen laichen, fressen, aufwachsen und eine Mindestgröße erreichen, bevor sie gefangen werden. All das braucht und hat seine Zeit. Uwe weist auch auf die veränderten klimatischen Einflüsse hin, die tatsächlich auf das Wanderverhalten einwirken. Jede Fischart, sagt er, hat ihren eigenen Jahresablauf und damit auch der Fischfang. Der Blick in den Fisch-Kalender zeigt: Hering zum Beispiel gibt es vor allem von Dezember bis März, frischen Kabeljau von Februar bis Mai und den leckeren Schellfisch von September bis Dezember. Auch wenn die meisten Fische das ganze Jahr über angeboten werden: ihre Fangsaison ist immer dann, wenn sie ganz besonders schmackhaft sind. Kenner*innen wissen das zu schätzen.
Unterwegs sind die Schiffe übrigens weltweit. So werden Kabeljau, Schellfisch, Seelachs, Rotbarsch, Schwarzer Heilbutt in der Nordsee gefangen, bei Spitzbergen zum Beispiel. Hering, Blauer Wittling, Makrele, Holzmakrele in der britischen Wirtschaftszone der Nordsee. Wer jetzt denkt „Da war doch was?“ – jau, der Brexit macht es gerade schwierig. Euch interessiert das Thema näher? Dann hört gern die Extra-Podcastfolge, die Kira mit Uwe anlässlich des Fischereihafen-Jubiläums 2021 gemacht hat und die unter diesem Link abrufbar ist. Sardine und Makrele werden auch vor Marrokko gefischt.
Dass die Doggerbank-Schiffe dort überall fischen dürfen, ist genauestens geregelt. So hat die Europäische Union mit vielen Ländern sogenannte Fischereiabkommen geschlossen, in denen genau festgelegt ist, wo unter anderem Uwes Schiffe ihre Netze auswerfen können, wie viel diese fangen dürfen und auch wann. Die Quoten eben, von denen ihr sicher schon gehört habt. Für Nordafrika gilt zudem, dass nur gefangen werden darf, was die einheimische Fischerei nicht nutzt.
Die Quoten beruhen übrigens auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Der normale Fischesser macht sich wahrscheinlich keine großen Gedanken, aber Fischfang ist eine genauestens regulierte Branche, in der die Wissenschaft ein hohes Mitspracherecht hat. Forschungsinstitute wie das in Bremerhaven ansässige Thünen-Institut legen fest, wie viel Fisch aus den Meeren entnommen werden darf, damit die Fischer*innen uns auch morgen und übermorgen noch frischen Fisch mitbringen können. Man könnte Quote auch mit „Höchstfangmenge“ übersetzen.
Die Quote, so erzählt Uwe weiter, variiert von Jahr zu Jahr. Jedes Land bekommt eine, die wird auf die fischenden Unternehmen heruntergebrochen und am Jahresanfang erfährt Uwe dann, wie viele Tonnen Fisch sein Unternehmen in den kommenden Monaten fangen darf. Da die Wissenschaftler*innen den Fischbestand laufend im Blick haben, weil sie zum Beispiel an Bord der Schiffe auch mitfahren, kann es sein, dass Quoten im Laufe des Jahres verändert werden.
Nachhaltiger Fischfang ist selbstverständlich
All diese Regularien, Abkommen, Quoten dienen dazu, den Fischbestand trotz Fang auch für kommende Jahre und Generationen zu sichern. Nachhaltiger Fischfang ist das Stichwort und wer Uwe zuhört, merkt, wie selbstverständlich ihm diese Haltung ist. „Nachhaltigkeit steht über allem“, sagt er im Podcast. Entsprechend sind zum Beispiel die Netze gestaltet, die es zu kleinen und nicht gewünschten Fischen erlauben, zu entfliehen.
Ihr mögt Fisch und unser Fischerlebnis? Wenn ihr als Gast der Stadt oder als Einheimische bei uns in Bremerhaven in einen Fischladen oder ein Fischrestaurant geht, dann könnt ihr übrigens ziemlich sicher sein, dass ihr gerade einen von den Doggerbank-Schiffen gefangenen Fisch vor euch habt. Guten Appetit!
Hört unbedingt in den Podcast, wenn ihr mehr über besondere Netze wissen wollt, über den Einsatz von moderner Technik und wie wichtig Erfahrung beim Fischfang ist. Außerdem erzählt Uwe über das kommende Schiff seiner Firma, das nicht nur unter deutscher Flagge sondern sogar mit Heimathafen Bremerhaven fischen wird. Es lohnt sich.
Weitere Tipps zum Thema
- Wenn ihr mehr zu Fangquoten wissen möchtet, dann schaut in diesen ZDF-Beitrag.
- Wo liefert Bremerhaven das „ultimative Fischerlebnis“? Diese Videoreihe gibt Antworten.
- Ihr habt einen „Fischjieper“? Dann schaut euch an, welche Tipps wir euch unter dieser Youtube-Playlist zusammengestellt haben
- Der Fischereihafen Bremerhaven hat im letzten Jahr seinen 125. Geburtstag gefeiert. Schaut euch auf dieser Website um, um mehr darüber zu erfahren.
- Kira hat zum Jubiläum Podcast-Beiträge mit spannenden Wegbegleitern und Mitgestaltern des Fischereihafens Bremerhaven produziert. Unter diesem Link findet ihr die Playlist.
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