Mobilität ist eine tolle Sache, aber nicht jede*r verfügt über ein eigenes Auto. Wie gut, dass es den öffentlichen Personennahverkehr gibt. In Bremerhaven sind dafür werktags rund 110 Fahrer*innen und etwa sechzig Gelenkbusse im Einsatz. Damit auch Menschen mit Behinderung, die auf einen Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind, sicher von A nach B kommen, bietet BREMERHAVEN BUS ein kostenfreies Mobilitätstraining an. Barrierefreiheit BREMERHAVEN BUS bedeutet nicht nur das bloße Üben des Ein- und Aussteigens, sodern liefert auch noch hilfreiche Tipps und Tricks. Bereits seit 2007 gibt es diesen Service. Eine tolle Sache, finde ich!
Barrierefreiheit BREMERHAVEN BUS – Theorie und Praxis
In der Theorie ist ja vieles möglich. Ob das aber auch in der Praxis funktioniert, testen Silvana und Merle. Silvana ist Rollstuhlfahrerin und Merle nutzt einen Rollator. Wer jetzt denkt, Rollstuhl ist Rollstuhl und Rollator ist Rollator, der täuscht sich. Es gibt wendige, kleinere Rollstühle und schwere, elektrobetriebene. Und es gibt unzählige verschiedene Rollatortypen. Gut, dass da das Mobilitätstraining von BREMERHAVEN BUS auf jeden individuell eingeht. Michael Brünjes und Kai Mahler sind selbst erfahrene Busfahrer und stehen den Teilnehmer*innen mit Rat und Tat zur Seite. Bevor es losgeht, gibt es etwas Theorie. Denn Busfahren beginnt schon an der Haltestelle. Und die sind bekanntlich lang. Wo soll also ein Mensch mit Behinderung am besten stehen? Wie vermeidet er unnötige Wege und gelangt auf kürzestem Weg zum Einstieg? Was ist sonst noch zu beachten?
Barrierefreiheit BREMERHAVEN BUS beginnt schon an der Haltestelle
Rollstuhlfaher*innen und Menschen mit Rollator platzieren sich am besten links von dem Haltestellenschild. Von hier aus ist es der kürzeste Weg zum mittleren Einstieg in den Bus. Fahrgäste halten am besten das Ticket gut sichtbar hoch, wenn der Bus die Haltestelle anfährt. Am mittleren Einstieg gibt es eine ausklappbare Rampe für Rollstuhlfaher*innen. Die wird von der/dem Busfahrer*in aus- und eingeklappt. Oft übernehmen das aber auch hilfsbereite Fahrgäste. Ich frage mich, ob eine elektrische Rampe nicht praktischer wäre. Ist sie nicht, erfahre ich. Frühere Fahrzeuge waren damit ausgestattet. Allerdings sind die Rampen störanfällig und können leicht blockieren. Und wenn solch eine Rampe ausfällt, kann kein/e Rollstuhlfahrer*in mehr ein- oder aussteigen und somit auch den öffentlichen Nahverkehr nicht mehr nutzen. Dann doch lieber eine manuelle Rampe, die von den netten Busfahrer*innen bedient wird.
Mit dem Rolli in den Bus
Für Silvana ist eine solche Rampe jedenfalls kein großes Hindernis. Ihr Rollstuhl ist wendig und klein. Ein E-Rollstuhl braucht da schon wesentlich mehr Platz. Denn im Bus muss etwas rangiert werden, weil die Rollstühle mit dem Rücken zur Fahrtrichtung stehen müssen. Klar, denn so sind die Nutzer*innen auch bei Bremsmanövern geschützt und können nicht aus dem Rollstuhl fallen. Während Silvana an der nächsten Haltestelle flott vorwärts aus dem Bus rollen kann, müssen E-Rollstühle rückwärts den Bus verlassen. Auch dies, damit die Menschen mit Behinderung auf der schrägen Rampe nicht aus dem Stuhl fallen. Und sollten auf dem Platz für Rollstuhl, Kinderwagen und Rollator im Bus einmal andere Fahrgäste stehen, einfach freundlich ansprechen und fragen, ob sie einen Schritt zur Seite gehen könnten, rät Michael.
Barrierefreiheit BREMERHAVEN BUS – Bremse, nicht vergessen!
Zwei Dinge sind absolut wichtig, berichtet Michael. Was mag das sein, fragen wir uns? Eigentlich ganz logisch und einfach und doch wird es oft vegessen. Festhalten und Bremse anziehen! Gut, das Festhalten mache ich selbst immer kategorisch im Bus. Denn sonst mache ich unfreiwillig einen Ausfallschritt, wenn der Bus anfährt, abbremst oder um die Kurve fährt. Eine Bremse habe ich allerdings nicht. Silvana ist jedoch so routiniert, dass sie ihre am Rollstuhl schon fast automatisch festgestellt hat, als sie sich zu ihrem Platz manövriert hat.
Barrierefreiheit BREMERHAVEN BUS – gilt das auch für den Rollator?
Mal sehen, ob das Merle alles auch so gut gelingt. Ich hatte immer gedacht, dass ein Rollator doch leichter zu bedienen sein müsste als ein Rollstuhl. Aber das ist nicht der Fall, wie ich jetzt feststelle. Merle fällt das Gehen sehr schwer und so ist sie schon mal langsamer als Silvana. „Nur nicht hetzen lassen“, sagt Michael. An der richtigen Stelle platziert, den kürzesten Weg zum Einstieg wählen und dann Schritt für Schritt. Der Rollator soll bis an die Einstiegskante geschoben werden. So kann er nicht mehr wegrollen. Dann die Sitzfläche greifen und den Rollator in den Bus heben.
Und jetzt kommt die Bremse zum ersten Mal zum Einsatz. Der Rollator steht sicher und die/der Nutzer*in kann sich daran festhalten und einsteigen. Bremse wieder lösen und zum Platz gehen. Bremse wieder feststellen und sich einen Sitzplatz suchen. Während der Fahrt bitte auf keinen Fall auf dem Rollator Platz nehmen. Da sind Stürze beim Anfahren oder Bremsen fast schon vorprogrammiert.
Wer einsteigt, muss auch wieder aussteigen
Soweit so gut. Aber wie steigt man mit einem Rollator wieder aus? Zum mittleren Ausstieg gehen und umdrehen, leitet Michael Merle an. Dann rückwärts bis an den Rand gehen. Nicht über die Schulter schauen. Dann verliert man leicht das Gleichgewicht. Auf die Schuhe blicken und rückwärts zum Rand gehen. Der ist gut sichtbar mit zwei gelben Streifen markiert. Jetzt den Rollator mit Hilfe der Bremse sichern und aus dem Bus raustreten. Bremse lösen, Rollator rausrollen. Geschafft! Dank der wertvollen Tipps gelingt es Merle schon sehr gut. Vorher war sie etwas unsicher, weil sie vorwärts aus dem Bus wollte bzw. über die Schulter geblickt hat, die Bremse nicht festgestellt hat und ähnliches.
Ich kann mir vorstellen, dass das ziemlich viel ist, was man zu bedenken hat. Aber Michael und Kai haben auch dafür einen Rat. Üben, üben, üben. Am besten schnappt man sich ein Familienmitglied, Freundin oder Freund und startet zur lustigen Busrundfahrt durch Bremerhaven. Zum einen kommt man so wieder mal in Ecken der Stadt, die man sonst nicht besucht und entdeckt Neues und Interessantes. Zum anderen kann man mit einem gelösten Tagesticket nach Herzenslust an allen Haltestellen ein- und aussteigen. Das übt zum einen und macht in Begleitung auch gleich noch mal doppelt so viel Spaß. Einem geselligen Tagesausflug mit Kuchenessen in Wulsdorf, Besuch der „Gera“ im Schaufenster Fischereihafen, Relaxen in Thieles Garten, Kuchen im „Der Brötchengeber“ und Shoppen in den Havenwelten und einem Besuch des Stadttheaters steht so nichts mehr im Weg.
Kostenfreies Mobilitätstraining
Die kostenfreien Mobilitätstrainings werden von Mai bis September angeboten. Eine Teilnehmergruppe besteht aus maximal acht Personen. So ist gewährleistet, dass auf die Anforderungen aller Teilnehmer*innen eingegangen werden kann und genügend Zeit zum Üben bleibt. Silvana und Merle (und auch ich) konnten jedenfalls jede Frage stellen und Kai und Michael haben uns alle ausführlich beantwortet. Das hatte wirklich nichts mit stupidem Üben zu tun, sondern war informativ, hilfreich und hat Spaß gemacht. Wir sagen jedenfalls danke an BREMERHAVEN BUS und das Team, für so ein tolles Angebot und wünschen allen Fahrgästen und Busfaher*innen eine gute und sichere Fahrt.
Weitere Informationen zum Mobilitätstraining gibt es hier oder bei der BREMERHAVEN BUS-Mitarbeiterin unter Tel. 0471 3003501 und imme.hueller@bremerhavenbus.de.