An dieser Stelle beginnen viele der Beiträge mit einem persönlichen Einstieg der Blogger*innen. Welche Lebensgeschichten stecken hinter den Autor*innen der verschiedenen Blogbeiträge? Wie sind sie in ihrem Job gelandet und was hat sie nach Bremerhaven verschlagen?
Annika hat im Logbuch schon über alles Mögliche geschrieben, aber einen Beitrag über sich selbst? Ich übernehme das gerne für sie und mache mich auf in unser Büro. Wir sprechen über ihre Arbeit, ihren Weg ins Kulturamt und kulturelle Kleinode in Bremerhaven.
Das Kulturamt: Mitten in Lehe
Das Kulturamt liegt mitten im Herzen von Lehe in einer ehemaligen Kaserne. In einem der sogenannten Stadthäuser, dort wo auch die anderen Ämter zuhause sind: vom Bürgerbüro Nord bis hin zum Amt für Freizeit und Sport.
Nach Überwinden einiger Treppen und langer Gänge leitet mich ein großes selbstgebasteltes Papierschiff aus Pappmaché und ein Schild „Annika Jaeger Kulturmanagement“ ins Büro unterm Dach zu Annika. Auf einem Treppenabsatz davor hängen viele verschiedene Plakate von Veranstaltungen des Kulturamtes: das Hafenkneipenfestival, die Lange Nacht der Kultur, und Ankündigungen des Figurentheaters. Das Kulturamt kann also nicht nur Kunst, sondern auch Kneipe!
Im Büro geht es bilderreich und farbenfroh weiter. Ein goldenes Sofa steht hinten in der Ecke, eine Müslibar auf dem Regal, ein paillettenverzierter Kalender sticht ins Auge und aus dem Fenster kann man bis zum Glockenturm der Pauluskirche schauen. Natürlich dürfen aber auch ein paar Ordner nicht fehlen, wir sind ja schließlich im Amt. Das Büro teilen wir uns zusammen mit unserer Bundesfreiwilligen Fabienne. Ich treffe Annika am Schreibtisch an:
Auch wenn Annika und ich uns schon länger ein Büro teilen, frage ich noch einmal genauer nach, wie sie eigentlich im Kulturamt gelandet ist. Ihrem Werdegang nach hätte es auch ein Theater oder eine hippe Kultureinrichtung in einer Großstadt sein können.
Annika kommt aus dem Ruhrgebiet und lebte vor ihrer Zeit in Bremerhaven schon länger in Norddeutschland. Nach einer Ausbildung als Erzieherin studierte sie Theaterpädagogik. Sie merkte schnell, wie viel administratives Know-How es für freie Kulturschaffende braucht. Daher entschloss sie sich noch für ein Masterstudium im Bereich Kulturmanagement an der Hochschule Bremen.
Endlich was Richtiges
Eine ihrer Dozentinnen war Dorothee Starke, Leiterin des Kulturamts, begeisterte Wahlbremerhavenerin und eigentlich ihr erster Kontakt in die Stadt. Ihre Masterarbeit schrieb Annika über das Figurentheater Bremerhaven. Nach wie vor ein wichtiger und besonders geliebter Kulturort der Stadt von ihr.
Nach dem Master ist Annika eine Weile hier und da gewesen, wollte aber gerne im Norden bleiben. Sie war dann sehr froh, als 2018 eine Stelle im Kulturamt frei wurde und die Bewerbung auch direkt klappte. Ihre Familie und Freund*innen waren ziemlich überrascht, dass sie einen Job in der städtischen Verwaltung annahm. Nur ihre Oma sah es pragmatisch und war froh, „dass das Kind endlich was Richtiges macht.“ Seitdem ist Annika aus dem Kulturamt nicht mehr wegzudenken und ein wichtiger und sehr geschätzter Teil des zehnköpfigen Teams.
Offiziell ist sie als Kulturmanagerin im Kulturamt tätig. Sie plant und organisiert stadtbekannte Formate wie die Lange Nacht der Kultur oder die Artspace Bremerhaven mit, denkt und setzt aber auch neue Formate wie „Kultur im Kleingarten“ oder die künstlerisch-historischen Rundgänge durchs Tivoli um. Neben der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit berät Annika vor allem Künstler:innen und Kulturmenschen der Stadt. Auch ist sie in verschiedenen Netzwerken aktiv, um sich für die Kulturschaffenden regional und überregional einzusetzen und Bremerhaven von Kulturamtsseite zu vertreten. Sie betreut den Fördertopf „Cash 4 Culture“ und berät und unterstützt hierfür junge Menschen zwischen 14 und 23 Jahren bei ihren Projektideen.
Herzensangelegenheit
Im Gespräch mit Annika ist zu spüren, wie sehr ihr die Beratungstätigkeiten und Ansprechpartnerin für die Kulturschaffenden in dieser Stadt zu sein, am Herzen liegen. Gerade Öffentlichkeitsarbeit, Finanzierung und andere administrative Aufgaben wie z.B. die GEMA-Abrechnung kommen für kreative Köpfe oft „on top“ und haben mit der eigentlichen Aufgabe Kunst und Kulturvermittlung zu machen, nicht viel zu tun.
Besonders die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig diese Aufgabe ist und wie viel Unterstützung die Kultur- und Kreativszene braucht: „Meine Beratungstätigkeit hat sich von ‚gut, dass es das gibt‘ zu ‚es ist unbedingt notwendig‘ verschoben.“ So stand am Anfang die intensive Auseinandersetzung mit dem Flickenteppich an Förderprogrammen und Soforthilfen auf dem Plan und die Kontaktpflege zu den Künstler*innen.
Salsa und Wände streichen
Viele sind überrascht, wenn sie hören, was Annika im Kulturamt alles macht und wo sie das alles macht. Grauer Büroalltag und langweilige Bürokratie klingt jedenfalls anders. Sie kommt mit allen möglichen Leuten in Kontakt: von den Shantychören und Squaredance-Vereinen über die politischen Ausschüsse und Verwaltungsgremien zu den Solo-Selbstständigen, den kreativen Kollektiven und den Rockmusiker*innen. Sie ist erst drei Jahre in der Stadt, aber sie kennt Bremerhaven besser als jede Stadt, in der sie vorher – sehr viel länger – gelebt hat. „Ich mache in diesem Job Dinge, die niemand in einen ,Amtskontext‘ verorten würde. Ich streiche Wände im Leerstand, tanze Sonntagsmorgens Salsa in Wulsdorf oder stöbere in alten Theatern rum.“
Dies liegt natürlich auch ein Stück weit an Annika selbst. Mit ihrer humorvollen und zugewandten Art kommt sie schnell mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt und vernetzt diese und das Kulturamt ganz nebenbei.
Wir könnten noch Stunden weiter über Kulturförderung und interessante Veranstaltungen sprechen. Am Ende des Gesprächs möchte ich aber noch von ihr wissen, welchen persönlichen Kulturtipp sie für Menschen hat, die Bremerhaven nicht so gut kennen.
„Ganz persönlich mag ich die Graffitis und Außenkunst im Goethequartier sehr, vor allem in Kombination mit den alten Gründerzeithäusern dort. Mit einem Kaffee auf dem Zolli am Ende, gibt das einen wunderbaren Spaziergang.“
Zum Entdecken von Bremerhaven empfiehlt sie weiter eine Radtour mit dem Use-It-Stadtplan von Ann-Kristin Hitzemann und Janina Freistedt, der eine Menge guter Insider-Tipps bereithält. Ihre Begeisterung für kleine und schöne, aber auch wiederzuentdeckende Orte in Bremerhaven wird auch hier wieder spürbar: „Es gibt so viele schöne Kleinode in der Stadt.“ Einen kurzen Film zu ein paar dieser Orte hat das Kulturamt gerade erst herausgebracht. Schaut es Euch an und lasst Euch einfach überraschen.
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