Wenn Ihr dieser Tage in das Historische Museum kommt, begrüßt Euch im Foyer die Büste eines ganz besonderen Menschen. Sie zeigt Hermann Allmers (1821-1902), den Schriftsteller und sogenannten „Marschendichter“ aus Rechtenfleth und ist Teil der Ausstellung „Allmers relocated“, die noch bis zum 15. September zu sehen ist.
Hermann Allmers im Historischen Museum Bremerhaven…
Die Büste im Foyer ist nur ein Vorgeschmack – denn der gesamte Saal des Historischen Museums Bremerhaven steht ganz im Zeichen von Hermann Allmers. Hier trifft Vergangenes auf Gegenwärtiges. Dunkle, schwere Gemälderahmen hängen an buntgestrichenen Wänden. Ein edles Dunkelviolett, ein warmherziges Orange, ein ruhiges Dunkelblau und ein frisches Grüngelb. Die peppige Palette der Ausstellung verkörpert dessen farbenfrohes Wesen und Schaffen. Nicht nur an den Wänden, auch im gesamten Raum ist er präsent. „Bestsellerautor“, „Antiquitäter“ und „Menschenfreund“ sind nur eine Auswahl von Worten, die über den Köpfen der Besuchenden schweben. Begriffe, welche die Vielfältigkeit seiner Person widerspiegeln.
…und im Hier und Jetzt
„Was hat uns Hermann Allmers noch heute zu sagen?“ Mit dieser Frage haben wir uns in der Ausstellung besonders beschäftigt. Heute begegnet man dem berühmten Rechtenflether zwar als Namensgeber für Straßen und Schulen – aber mit der Person hinter dem Namen können nur wenige etwas anfangen. Wenn, dann ist Hermann Allmers zumeist bekannt als Heimatdichter. „Marschendichter“ wurde er bereits zu Lebzeiten genannt. Aber er war weitaus mehr als nur das. Von Botanik bis zu Homer – so vielfältig waren seine Interessen. Ein kleiner Ausschnitt aus seiner großen Bibliothek verdeutlicht diese Bandbreite.
Er war ein sozialer Netzwerker, der sich auf Instagram oder als Blogger sicher wohlgefühlt hätte.
Demokrat und Bildungsförderer
Im Zuge der Revolution von 1848 setzte er sich aktiv ein für Werte wie Demokratie, Freiheit, Wahlen, Verfassung und Pressefreiheit. Bildung war für ihn der Weg zur „Freiheit des Volkes“. Mit diesem Leitsatz setzte er sich sein Leben lang für die Vermittlung von Wissen und Werten ein. Sein Eltern- und Wohnhaus baute er zu einer öffentlichen Bildungsstätte um. Jeder Mensch sollte die Möglichkeit bekommen, bei ihm einzutreten und über Geschichte zu lernen. Eine Herzensangelegenheit war für Hermann Allmers ganz besonders die Geschichte der heimatlichen Marsch – dies zeigt sich nicht nur in seinen zahlreichen Gedichten über die Landschaft. Denn die Friesische Freiheit war für ihn ein Vorbild für Demokratie. Auch war ihm die Identität und das Selbstbewusstsein der Marschbevölkerung zu stärken, ein ganz besonderes Anliegen. Aber neben der Marsch war für ihn auch die Antike im Geiste ein Zuhause. Davon zeugen die stille, weiße Eleganz der Marmorstatuen in den Vitrinen sowie die zahlreichen Zeichnungen, die er auf seiner Italienreise 1858/59 angefertigt hat.
Ein sozialer Netzwerker
Gereist ist Hermann Allmers ohnehin viel, von den Grenzen seines Heimatdorfes Rechtenfleth ließ er sich nicht einschränken. Sein Sehnsuchtsort ganz im Sinne Goethes: Italien und ganz besonders Rom. Und auch wie Goethe schrieb er ein Buch über seine Italienreise. Seine „Römischen Schlendertage“ wurden nach Goethes „Italienischen Reise“ sogar zum meistgelesenen deutschen Italienbuch. Wohin Hermann Allmers auch auf Reisen ging, er knüpfte unzählige Verbindungen und Freundschaften. Er stand im Austausch mit zahlreichen Künstler*innen und Intellektuellen seiner Zeit. Sein umfassendes Netzwerk setzt die Ausstellung wie einen Sternhimmel in Szene. Er war ein sozialer Netzwerker, der sich auf Instagram oder als Blogger sicher wohlgefühlt hätte.
Programm rund um Hermann Allmers
Wer nun neugierig geworden ist: Die Sonderausstellung „Allmers relocated“ ist noch bis zum 15. September 2024 im Historischen Museum Bremerhaven zu sehen. Außerdem ist das Allmers-Haus, aus dem wir freundlicherweise viele Leihgaben erhalten haben, an den Wochenenden geöffnet.
Weitere Informationen zur Ausstellung, zu Führungen, Vorträgen und einem Konzert rund um Allmers findet Ihr auf unserer Website.
Text: Katharina Habben
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