Abenteuer Segelschiff: Im Deutschen Schiffahrtsmuseum gehen Kinder auf Reisen
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Abenteuer Segelschiff: Im Deutschen Schiffahrtsmuseum gehen Kinder auf Reisen

die Handelsschifffahrt zu Zeiten der Bremer Kogge im Jahr 1380 war alles andere als einfach. Das wird mir sofort klar, als ich den ersten Schritt in die interaktive Familienausstellung „Von Kapitänen und Kaufleuten – Seehandel im Mittelalter“ setze.

Frau blickt durch Fernglas auf den Hafen
22. Feb. 2018
5 min Lesezeit
Schüler im Deutschen Schiffahrtsmuseum.

Unberechenbares Meer, kein Funkgerät oder Radar und als Orientierung die Sterne – die Handelsschifffahrt zu Zeiten der Bremer Kogge im Jahr 1380 war alles andere als einfach. Das wird mir sofort klar, als ich den ersten Schritt in die interaktive Familienausstellung „Von Kapitänen und Kaufleuten – Seehandel im Mittelalter“ setze. Das wird eine spannende Seereise. Händler oder Seemann soll ich sein und auf Handelsschifffahrt gehen.

Globalisierung als Fremdwort

Was wir heutzutage als selbstverständlich empfinden, war zu damaliger Zeit im Mittelalter ein großes Abenteuer: der Handel mit fremden Ländern und Völkern. Jede einzelne der sechs Stationen in der Ausstellung zeigt, wie mühevoll Seeleute in früheren Zeiten ihre Waren besorgt haben. Globalisierung war beispielsweise für die Seeleute an Bord der Kogge unvorstellbar. Sie sind über die Nordsee nach Großbritannien gesegelt oder sogar bis nach Island. Aber die Vielfalt der heutigen Waren, die über das Meer verschifft wird, war damals unvorstellbar.

Größenvergleich zum Staunen

Das wird gleich am Beginn des Ausstellungs-Parcours offensichtlich. Ich stehe staunend vor einem Schild mit einem Größenvergleich. Zu sehen ist darauf die Bremer Kogge als Handelsschiff aus dem Jahr 1380 – gute 23 Meter lang und 7,60 Meter breit. Das Schiff ist im Original nur wenige Meter vom Ausstellungsraum in der Koggehalle des Deutschen Schiffahrtsmuseums zu sehen. Hätten die Ausstellungsmacher im DSM das andere, größere Schiff auf der Ausstellungstafel auch zeigen wollen, hätten sie wohl ein Platzproblem.

Gestreifte Segel
Gestreifte Segel und Infos auf der mittelalterlichen Seereise / Foto: DSM

Das größte Containerschiff der Welt

Die OOCL Hongk Kong ist das derzeit größte Containerschiff der Welt. Die Bremer Kogge wirkt dagegen wie ein Beiboot. Sage und schreibe 400 Meter lang ist der riesige Containerfrachter, 60 Meter breit und hat Platz für fast 21.500 Container – das ist der heutige Warentransport der Superlative. Tatsächlich zu sehen sind solche Schiffe auch in Bremerhaven – ein Stück am Deich vor dem Deutschen Schiffahrtsmuseum runter auf der Weser oder an der Kaje am Containerterminal im Überseehafen. Auch das wäre nachher noch einen kurzen Ausflug wert.

Seemann oder Kaufmann?

Zunächst aber bin ich gespannt auf die Ausstellung und meine mittelalterliche Handelsfahrt. Damit ich auch das passende Gefühl für die Zeitreise bekomme, muss ich im wahrsten Sinne des Wortes in eine Rolle schlüpfen. Gleich zu Beginn des Parcours hängt typische mittelalterliche Kleidung von Seemännern und Kaufleuten. Ich entscheide mich für den Seemann. Klar, schließlich war schon mein Vater Kapitän. Und schon beginnt meine Handelsreise, die geplant und bestanden werden muss. Ich stelle an einem Pult eine Mannschaft zusammen, belade mein Schiff mit einem Kran – was angesichts der kleinen Holzklötze gar nicht so einfach ist – und ich navigiere mit einem Lot.

Kogge auf Kurs halten
Kogge auf Kurs halten: Wer an den Rand kommt, hat verloren / Foto DSM

Kogge auf Kurs halten

Auch den Kurs der Kogge muss ich halten. Es geht mit einem stilisierten Holzschiff in einer vorgesägten Zick-Zack-Linie über das Meer – das aus einer blauen Holzplatte besteht. Ich führe das Schiff an einem Haltegriff vorwärts – darf aber nicht links und rechts an den Rand kommen. Passiert das doch, gibt es einen quäkenden Ton. Pech gehabt, im Sturm gesunken und futsch ist die Ladung. Nach fünf Anläufen bringe ich meine Kogge endlich bis zum Ende durch. Doch das Abenteuer ist noch nicht bestanden.

Piraten, Seeungeheuer und Flaute

Piraten lauern an der nächsten Station und ein Seeungeheuer taucht auf. Kaum sind diese Gefahren gemeistert, passiert das nächste große Unglück der Segelschifffahrt: Es gibt eine Windstille, die sogenannte „Flaute“. Da stehe ich mit meinem Geschick. Was nun, was tun? Zum Glück gibt es ein Würfelspiel, mit dem ich mir die Zeit vertreiben kann. Das haben die Seeleute bei einer Flaute tatsächlich auch schon im Mittelalter so gemacht. Nach kurzer Zeit und ein paar Würfelzügen geht es für mich auf meiner Handelsreise weiter. Endlich kommt mein Zielhafen in Sicht und ich darf meine Waren an einen imaginären Händler an der Station verkaufen – zum Bestpreis versteht sich.

Denken in anderen Zeit-Dimensionen

Spielerisches Erleben der mittelalterlichen Handelsschifffahrt und einen Aha-Effekt verspricht die Familienausstellung – und sie verspricht nicht zu viel. Durch das Rollenspiel wird die gefühlte Schiffsfahrt zu einer wirklichen Zeitreise. An den verschiedenen Stationen wird deutlich, in was für anderen Zeit-Dimensionen die Seeleute und Händler des Mittelalters gedacht haben. Schon beim Beladen des Schiffsmodells mit kleinen Holz-Bauteilen durch einen Kran habe ich nach drei Minuten auf die Uhr geguckt und ständig ist etwas daneben gefallen. Naja, ich bin ja immerhin auch Kapitän und kein Kranführer.

Geduldspiel im Deutschen Schiffahrtsmuseum
Geduldsspiel: Das Beladen des Schiffes mit Ware und Kran / Foto: DSM

Waren im Überfluss

Gleichzeitig wird einem klar, was für ungeheure Waren-Mengen heutzutage über die Häfen verschifft werden und das dieser Überfluss ganz und gar nicht selbstverständlich ist. Er ist nur möglich durch eine ausgeklügelte Logistik, ein dichtes Handelsnetz und moderne Technik – auch, wenn es zum Glück keine Seeungeheuer mehr gibt, aber Piraten schon noch.

Trickfilm und Mini-Kino

Gut anderthalb Stunden habe ich für meine mittelalterliche Seereise gebraucht. Zwischendurch bin ich unter meiner Seemanns-Kutte ganz schön ins Schwitzen gekommen. Aber nicht etwa, weil es zu warm wurde, sondern weil die Aufgaben ganz schön kniffelig sind. Da ist es entspannend, das ich mich auch nach dem Ende des Parcours wieder an den Anfang setzen kann. Hier wird in einem Mini-Kino mit halbrunder Rückwand und Sitzplätzen auf einem Großbildschirm ein toller Trickfilm zu dem gesamten Thema gezeigt. Produziert hat ihn die Klasse 6c der Geestemünder Oberschule – gemeinsam mit Filmemachern aus Hamburg, Antwerpen und London.

Nächste Ausstellung schon geplant

Fast schon schade, dass die Ausstellung „Von Kapitänen und Kaufleuten – Seehandel im Mittelalter“ nur noch bis zum 8. April im Deutschen Schiffahrtsmuseum zu sehen ist. Danach geht sie als Wanderausstellung für drei Jahre auf Reisen zu verschiedenen Museen in Norddeutschland. Doch das Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven wäre nicht das Deutsche Schiffahrtsmuseum, wenn es nicht schon ein weiteres Schifffahrts-As im Ärmel hätte.

Große Yachten und kleine Segelschiffe

Freuen kann ich mich jetzt schon auf Sonntag, den 13. Mai. Dann eröffnet die nächste spannende Familienausstellung mit dem Titel „Willst Du mit mir segeln gehen?“ Acht bunte Themeninseln laden zum Schauen, Lauschen, Lesen, kreativen Arbeiten und Mitdenken ein. Wo ist der Unterschied im Segeln zwischen großen modernen Yachten und kleinen Jollen? Das kann ich dann mit eigenem Körper-Einsatz in der Ausstellung selbst herausfinden. Ausprobieren kann ich auch die Technik an Bord von Segelschiffen und die Navigation.

Freier Eintritt im DSM ab Juli

Dazu gibt es gleich drei gute Nachrichten. Nummer Eins: Diese Ausstellung ist dann auf unbestimmte Zeit im DSM zu sehen. Nummer Zwei: Zurzeit kostet der Eintritt im DSM wegen der aktuellen Umbauten nur die Hälfte. Und Nummer Drei: Ab 1. Juli ist der Eintritt im Deutschen Schiffahrtsmuseum vorübergehend ganz gratis. Die Bremer Kogge, die Museumschiffe im Hafen und Sonder-Aktionen sind kostenlos zu sehen. Noch ein Grund mehr, ins DSM zu gehen.

http://www.dsm.museum

Frau blickt durch Fernglas auf den Hafen
Tanja Albert

Ich mag‘s bunt, und da hat Bremerhaven viel zu bieten! Aber oft liegen die Schätze im Detail und finden sich in Kleinigkeiten wieder. Diese zu entdecken, macht mir immer viel Spaß.

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